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Herzenssünde - Silver, E: Herzenssünde

Herzenssünde - Silver, E: Herzenssünde

Titel: Herzenssünde - Silver, E: Herzenssünde
Autoren: Eve Silver
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war ein Monster, ein entsetzliches Monster.
    „Hör auf“, sagte er plötzlich zu ihr.
    Roxy wusste zuerst gar nicht, was er meinte. Dann wurde ihr bewusst, dass sie mit jedem Atemzug ein dünnes Winseln ausstieß.
    „Hör endlich damit auf“, sagte er nun in schärferem Ton. Roxy machte den Mund zu und verstummte.
    „Dan ke.“
    „Bitteschön.“
    Der Teil ihrer Unterredung war derart absurd, dass Roxy einen hysterischen Lachanfall bekam. Sie konnte sich kaum halten und brachte sich nur mit äußerster Mühe wieder zur Ruhe. Jetzt dreh nicht durch, sagte sie sich. Reiß dich zusammen.
    Der Blonde ignorierte ihren Ausbruch und konzentrierte sich wieder auf die beiden leblosen Körper am Boden. Er vollführte an Jerrys Leiche dieselbe Operation, die er schon an Marcies durchgeführt hatte. Aus dem zerfetzten Brustkorb holte er eine weitere ölige Wolke, die sich dann zu einer Art Ballon formte und zu der anderen gesellte.
    Wäre Roxy nicht an Händen und Füßen gefesselt gewesen, wäre sie längst davongerannt, wohin auch immer, so weit die Füße sie trugen. Unauffällig schielte sie nach Jerrys Messer, das nicht weit von ihr entfernt auf dem Zementboden lag. Wieder begann sie sich zu winden und versuchte, dorthin zu kriechen, ohne sich um die eigenartigen Prozeduren des Fremden zu kümmern. Sie wollte jetzt nur dieses Messer. Sie konzentrierte sich ganz darauf, es zu bekommen. Aber was sie damit vor allem bewirkte, war, dass sie die Aufmerksamkeit des Blonden auf sich zog – genau was sie hatte vermeiden wollen.
    Er sah sie mit seinen Eisaugen an, dann meinte er: „Du zitterst ja.“
    Großartig. Seine Bemerkung war fast so scharfsinnig wie ihre vorhin. Die beiden merkwürdigen Luftballons taumelten hinter ihm in der Luft, zwei ekelhaft schleimige, schwebende Nacktschnecken.
    Roxy war wütend, weil ihr Körper ihr nicht gehorchte und sie das Zittern nicht unterdrücken konnte. Sie war bestimmt kein Feigling. In Rogers Park aufgewachsen, hatte sie schon die übelsten Dinge gesehen und erlebt. Mit der Zeit hatte sie eine brauchbare Strategie entwickelt, damit umzugehen. Aber all diese Erlebnisse und Bilder verblassten im Vergleich zu dem, was sie hier geboten bekam.
    Ja, sie hatte Angst. Sie musste an den Frosch denken, den sie früher in der Schule in der Biologiestunde auf eine Korkplatte gespießt hatten. Aufgeschnitten hatte er mit entblößten Eingeweiden vor ihr gelegen, und sie hatte ihn mit einer Mischung aus Abscheu und Neugier betrachtet. Jetzt kam sie sich wie dieser Frosch vor, während der unheimliche Fremde vor ihr stand und auf sie herabsah.
    Einer dieser grauenhaften Ballons sank ein Stück tiefer und streifte ihren Arm. Er fühlte sich eisig kalt an. Mit einem unterdrückten Aufschrei riss Roxy ihren Arm weg.
    „Du kannst sie sehen“, stellte der Fremde erstaunt fest. Was sollte sie antworten? Sollte sie ihm etwas vorschwindeln und behaupten, dass sie die merkwürdigen Dinger nicht sah? Ihr wäre jede Lüge und jede Ausrede recht gewesen, wenn er sie nur am Leben ließ. Aber etwas in ihr sagte ihr, dass es besser war, bei der Wahrheit zu bleiben. „Ja, kann ich“, antwortete sie kaum hörbar.
    „Weißt du, was das ist?“
    Etwas Trübes, Dunkles, Ekelerregendes. So viel verriet der Augenschein. Etwas, das aus zwei Leichen aufgestiegen war. Hatte er vorhin nicht etwas von Schwarzen Seelen erwähnt? „Nein“, antwortete Roxy trotzdem, während sie sich fragte, ob sie wohl auch so ein scheußliches Zeug in sich barg. Wenn sie sich Rechenschaft darüber gab, was sie im Leben getan und was sie unbewusst an diesen Ort geführt hatte, konnte sie es sich gut vorstellen. Ich bin ein Monster, dachte sie. Sie hatte Rhiannas Bild vor sich, das Gesicht ihrer Stiefschwester. Die Erinnerung schmerzte. Schnell verdrängte Roxy sie und presste die trockenen Lippen aufeinander. Aber das Zittern konnte sie dennoch nicht unterdrücken. Sie fühlte sich so schwach. Die Ereignisse der letzten achtundvierzig Stunden hatten sie fast um den Verstand ge bracht.
    „Dir ist klar, dass sie nicht deine Freundin war, oder?“ Roxy erschrak. Was wusste dieser Mann über Rhianna?
    Dann erkannte sie, dass er nicht sie, sondern Marcie meinte. „Ja.“ Inzwischen war es ihr klar, nachdem sie zuvor Marcie hierher gefolgt war wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wurde.
    „Sag mir deinen Namen.“
    „Sag mir zuerst deinen“, entgegnete sie patzig, wobei ihre Stimme immer noch kläglich klang.
    „Ich heiße
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