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Herzblut - Gegen alle Regeln (German Edition)

Herzblut - Gegen alle Regeln (German Edition)

Titel: Herzblut - Gegen alle Regeln (German Edition)
Autoren: Melissa Darnell
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meinen Armen. Schließlich wurde knirschend eine Tür geöffnet, die sich schwer anhörte. Als wir weitergingen, umfing uns statt einer frischen Brise kühle, muffige Luft.
    Es kam mir vor, als wären wir lange unterwegs, aber wahrscheinlich waren es nur ein paar Minuten. Der Weg führte über harten Boden, der feucht klang, und um so viele Ecken, dass ich sie nicht mal zählen, geschweige denn sie mir merken konnte. Außerdem passierten wir eine Reihe von scheppernden Metalltüren, die für uns geöffnet und geschlossen wurden. Mit den verbundenen Augen lief mein Gefühlsradar auf Hochtouren, und ich konnte die Wächter an unserem Weg erspüren. Die meisten strahlten Langeweile oder mäßige Neugier aus. Aber keiner von ihnen sagte auch nur ein Wort. Wahrscheinlich benutzten sie ihre übersinnlichen Vampirfähigkeiten.
    Plötzlich blieb Dad stehen. Er brachte seinen Mund nah an mein Ohr und flüsterte gehetzt: „Ich muss dich warnen. Anfangs wird der Blutdurst oft durch starke Gefühle ausgelöst. Du wirst deine Bedürfnisse erst richtig kontrollieren können, wenn du deine Vampirseite annimmst. Neu verwandelte Vampire brauchen Monate, bis sie sich von ihren Gefühlen lösen und sich beherrschen können. Manche schaffen es nie. Aber du musst es lernen. Und zwar heute. Der Rat hat eine Überraschung für dich vorbereitet, umdeine Selbstbeherrschung zu testen. Es tut mir leid. Bevor wir ins Flugzeug gestiegen sind, wusste ich nichts davon, und unterwegs war es nicht sicher, dich zu warnen. Du musst also auf jeden Fall ruhig bleiben.“
    Eine Überraschung? Was für eine Überraschung könnte mich dazu bringen, mich einfach meiner Vampirseite unterzuordnen? Und war das nicht sowieso falsch gedacht? Die Vampirgene lösten meinen Blutdurst doch erst aus. Wieso sollte ich ihn ausgerechnet durch meine innere Vampirin beherrschen können?
    Das ergab überhaupt keinen Sinn. Und eine leise Stimme in meinem Hinterkopf fragte sich, ob die ganze Sache nicht ein Trick war, damit ich mich in eine richtige Vampirin verwandelte.
    Aber wenn ich meinem Vater nicht vertrauen konnte, hatte ich hier niemanden. Ich musste ihm einfach vertrauen.
    Ich runzelte die Stirn, nickte aber.
    Stumm liefen wir noch mehrere Minuten weiter, bis wir zum letzten Mal stehen blieben. Offenbar musste Dad auf die Erlaubnis warten, weiterzugehen. Mit jeder Sekunde, die verstrich, wurde ich nervöser.
    Als ein lautes, metallisches Knarren ertönte, war mir klar, dass noch eine Tür geöffnet wurde. Wir gingen drei Schritte vor und betraten dabei weichen, trockenen Boden, der die Geräusche dämpfte. Dad hielt meinen Arm fest, damit ich stehen blieb. In der Nähe konnte ich niemanden hören, nicht mal Atmen oder Herzschläge, die auf andere Anwesende hingewiesen hätten. Dafür streiften ihre Gefühle über meine Haut. Sie waren nervös, wütend, ein bisschen besorgt, aber vor allem ängstlich.
    Hatten sie etwa Angst vor mir?
    Als die Tür hinter uns geschlossen wurde, nahm Dad mir die Augenbinde ab.
    Bleib ruhig, erinnerte ich mich und versuchte, gleichmäßig weiterzuatmen.
    Ich öffnete die Augen. Das Licht im Raum war so hell, dass ich blinzeln musste.
    Anscheinend stand der Rat auf die Farbe Rot. Sie fand sich an den Betonwänden, und der lange, halbrunde Tisch, an dem dieneun Ratsmitglieder saßen, war mit einem Tischtuch in Blutrot und Gold bedeckt.
    „Verehrter Rat, darf ich meine biologische Tochter vorstellen? Savannah Colbert.“
    Die Ratsmitglieder sahen mich mit versteinerten Mienen an. Aber ihre Gefühle verrieten sie. Die überwältigende Flut aus Angst und Neugier war so intensiv, dass ich fast keuchen musste.
    „Hast du sie getestet, Michael?“, fragte der Vampir in der Mitte. Seine Haut war so weiß und glatt wie Marmor, die Augen so hell, dass sie bis auf die pechschwarzen Pupillen völlig weiß wirkten. Er sah mich unverwandt an.
    „Das habe ich.“
    Schweigen erfüllte den Raum. Während die Ratsmitglieder offensichtlich Dads Gedanken lasen, konzentrierte ich mich darauf, nicht herumzuzappeln.
    „Dürfte ich höflich darum ersuchen, dass der Rat es in Erwägung zieht, diese Angelegenheit laut zu besprechen?“, fragte Dad. „Auf diese Weise könnte Savannah den Beratungen folgen und ihre Fähigkeiten selbst beschreiben.“
    Genau wie ich vermutet hatte. Sie hatten hinter meinem Rücken über mich geredet … direkt vor meiner Nase. Genau das Gegenteil davon, was die Zickenzwillinge im Geschichtsunterricht abzogen. Wie nervig.
    Nach
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