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Herz in Gefahr (German Edition)

Herz in Gefahr (German Edition)

Titel: Herz in Gefahr (German Edition)
Autoren: Laura Thorne
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Halle und den Wohnräumen des Lords, direkt über der Hauskapelle. Es war mit einem reich verzierten Wandschrank, einem Bett, einer Truhe, einem Tisch und zwei Stühlen ausgestattet. Die beiden Fenster wiesen in der oberen HälfteBleiverglasungen auf, während die unteren Hälften an kalten Tagen mit hölzernen Läden verschlossen wurden. Der Boden war mit dicken Schaffellen bedeckt, und ein rauchloser Ofen sorgte im Winter für anheimelnde Gemütlichkeit.
    Helen saß auf einem der beiden Stühle, lauschte den lebhaften Geräuschen von draußen und ließ sich von Margaret das schwere, dunkle Haar zu einem glänzenden Zopf flechten. Ihre unbekümmerte Fröhlichkeit war einer wachsenden Nachdenklichkeit gewichen.
    »Was habt Ihr?«, fragte Margaret und betrachtete besorgt die beiden Falten, die sich auf Helens Stirn abzeichneten. »Heute ist für Euch ein hoher Festtag, und Ihr schaut aus, als ob Euch etwas bedrückt.«
    Helen drehte sich um und sah Margaret fest in die Augen.
    »Sag, Margaret, hast du je geliebt? Und welches Ende hat deine Liebe gefunden? Ist sie wirklich so schön, wie sie die fahrenden Sänger in ihren Liedern darstellen?«
    Margarets Gesicht wurde plötzlich unnahbar. Ihre dunklen Augen verloren jeden Glanz. Sie stand da, hielt noch immer den hölzernen Kamm in der Hand und sah aus dem Fenster in die Ferne, ohne etwas wahrzunehmen. Langsam begann sie zu sprechen, und ihre Stimme klang dabei, als käme sie aus einer längst vergangenen Zeit. »O ja, ich weiß eine Geschichte zur Liebe zu erzählen. Ich war jung, gerade so jung, wie Ihr es heute seit, und lebte bei einer Hebamme, einer Heilkundigen mit großem Wissen und gutem Ruf, die mich in die Geheimnisse ihres Berufsstandes einführte. Eines Tages kam ein Reiter, der vorgab, ein Bote des Königs zu sein. Lange unterhielt er sich mit meiner Lehrmeisterin. Ich konnte der Unterhaltung nicht folgen, denn sie hatten mich vor die Tür geschickt. Trotzdem hörte ich, wie sich die Hebamme mit Worten heftig wehrte. Es klang ganz so, als wolle sie sich einer Bitte, einem Befehl widersetzen. Ein lauter Wortwechsel folgte, dem ich nur einzelne Satzfetzen entnehmen konnte. ›Ich heile Menschen und bringe ihnen nicht den Tod, um keinen Preis‹, hörte ich die Hebamme sagen. Damit schien das Gespräch beendet. Der Bote blieb noch einige Tage bei uns und machte mir schöne Augen. Ich verliebte mich in ihn und glaubte all seinen Versprechungen. Er wollte kommen und mich an den Hof holen, sagte er mir, doch vorher brauche er einen Beweis meiner Liebe, ein Pfand. Ich verstand zwar nicht, warum er sich als Pfand ausgerechnet eine kleine Phiole mit einer rötlichen Flüssigkeit erbat, die meine Lehrmeisterin wie ihren Augapfel hütete und stets in einer verschlossenen Truhe aufbewahrte. Doch ich war blind vor Liebe und gehorchte. Eines Nachts, als alles schlief, entwendete ich die Phiole und übergab sie meinem Geliebten. Dann legte auch ich mich zu Bett. Am nächsten Tag war der Bote fort. Er hatte unsere Hütte still und heimlich verlassen, ohne ein Abschiedswort, ohne einen Gruß. Die Hebamme entdeckte kurze Zeit darauf mit großer Sorge das Verschwinden der Phiole, und ich beichtete ihr meine Schuld.« Margaret hielt in ihrer Erzählung inne. Ihr Blick verlor sich noch immer in der Ferne, und auf ihrem Gesicht spiegelte sich der Schmerz verratener Gefühle wieder.
    »Und wie ging es weiter?«, fragte Helen. »Was ist aus dem Boten geworden, und was enthielt die geheimnisvolle Phiole?«
    »Noch immer blind vor Liebe, reiste ich ihm nach, ungeachtet der Warnungen meiner Lehrmeisterin. Ich traf den Boten in Canterbury wieder, und er verlangte einen weiteren Beweis meiner Liebe, der mich um ein Haar auf den Scheiterhaufen gebracht hätte. Doch ich liebte den Mann von ganzem Herzen und wünschte mir nichts sehnlicher, als ihn glücklich zu machen. Also tat ich, was er mir befohlen hatte.
    Nur wenig später erkannte ich, dass der vermeintliche Bote mich nur dazu benutzt hatte, ihm bei seinen niederträchtigen Plänen zur Hand zu gehen. Ich verließ Canterbury auf schnellstem Wege und fand bei Eurem Vater eine Anstellung als Kinderfrau. Ihr wart gerade geboren, und Eure Mutter benötigte Hilfe. Das ist nun genau 18 Jahre her, und den Rest der Geschichte kennt Ihr.«
    Helen schluckte. Mitleidig streichelte sie die Hand ihrer Kinderfrau, die langsam aus der bitteren Vergangenheit in die Wirklichkeit zurück fand.
    »Was enthielt die Phiole?«, wollte Helen
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