Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
HERZ HINTER DORNEN

HERZ HINTER DORNEN

Titel: HERZ HINTER DORNEN
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
seiner Sitzfläche.
    »Wieso hat Rufus dieses ... dieses Pamphlet unterschrieben?«, grollte am Ende Raynal de Cambremer und riss damit auch die beiden Liebenden aus ihrer Versunkenheit. »Er hätte nie ein solches Urteil gefällt, ohne meine Meinung zu hören. Schließlich geht es um meine Tochter!«
    »Ihr wart auf dem Weg nach Hause. Habt Ihr es schon vergessen?«, erinnerte Ryan neutral.
    »Stimmt, es war das erste Mal, dass Seiner Majestät eingefallen ist, dass ich auf Hawkstone gebraucht werden könnte ...«
    »Je nun ...« Ryan räusperte sich und suchte Unterstützung bei seiner Gemahlin, die ihm eine tröstende Hand auf den Arm legte. »Das Ganze war meine Idee, und er hat es unterschrieben, weil ich ihn im Namen der Freundschaft, die er für diese Familie empfindet, darum gebeten habe. Auch, weil er nach dem ersten wilden Zorn eingesehen hat, dass er auf diese Weise möglicherweise einen Ritter zum Vasallen gewinnt, an dessen Person und Freundschaft ihm trotz allem liegt...«
    Sophia-Rose gluckste und Roselynne starrte ihren Schwager aus weit aufgerissenen Augen an. »Was hast du getan?«
    »Zum Donnerwetter, warum siehst du mich an, als wäre ich ein Schurke, der dir deine Juwelen gestohlen hat? Ja, was habe ich denn schon so Entsetzliches getan?«, knurrte Ryan, zunehmend gereizter werdend. »Ich habe zwei törichte Dickköpfe dazu gebracht, ihren dummen Stolz zu vergessen. Weil jeder fürchtete, der andere würde Schaden erleiden, wenn er es nicht täte. Ich habe einen Verrückten vor dem Henker gerettet und die Kirche um eine nicht besonders fromme Nonne betrogen. Ich würde es jederzeit wieder tun, zum Henker noch mal!«
    Er wollte sich eben wütend aufrichten, als ihn ein wuchtiger Hieb auf die rechte Schulter auf seinen Sitz zurückwarf und ein dröhnendes Lachen die Wände des Raumes erzittern ließ; ein Lachen, das alle Blicke schlagartig auf den Lord von Hawkstone zog.
    »Das hast du gut gemacht, Sohn!«, brummte der Lord, sobald er sich endlich wieder beruhigt hatte, und fügte noch einen zweiten Hieb hinzu, den Ryan dieses Mal wie einen Ritterschlag hinnahm und mit einem ausgesprochen selbstgefälligen Grinsen quittierte.
    »Gut gemacht?«, protestierte Roselynne. »Ich bin vor Angst fast gestorben, ist dir das klar?«
    »Hättest du deinen widerspenstigen Ritter ohne diese Angst geheiratet?«
    Roselynne errötete und zog die Unterlippe zwischen die Zähne. Sie wurde nicht gern an ihre dummen Fehler erinnert.
    »Na, bitte«, kommentierte der Baron das stumme Eingeständnis. »Ich hatte das Gefühl, dass ich Euch etwas schuldig bin, Justin!«
    Der Normanne begegnete dem Blick des Sachsen mit einer Mischung aus aufkeimendem Respekt und vorsichtiger Sympathie. »Wenn es da jemals eine Schuld gab, so ist sie längst getilgt, Aylesbury!«
    Es wurde mehr gesagt, als die Worte allein besagten. Alle im Raum wussten es. Auch die Schwestern, die auf so besondere Weise das Leben der beiden Männer bestimmten. Aber es war Dame Elisabetta, die der Rührung ein Ende machte und die Angelegenheit auf ihre drastische Weise kommentierte.
    »Schön, dann also keine Verbannung. Es beruhigt mich, das zu vernehmen. Ihr seid zwar ein Sachse, junger Mann, aber ein tüchtiger Bursche. Sophia-Rose hat Recht daran getan, Euch zu nehmen und Justin für Roselynne zu lassen. Ich hätte selbst sehen müssen, dass sie viel besser zusammen passen.«
    Dieses Mal lachten alle. Ein gemeinsames, fröhliches Gelächter, das durch das offene Fenster hinaus auf die Gasse drang und die Leute auf der Straße verharren ließ. Geräusche dieser Art hatte man aus dem Hause der strengen Dame Elisabetta seit Menschengedenken nicht mehr gehört.

Epilog
    Winchester 
    September 1090
     
    »Eil dich, Maud, ich bitte dich!«
    »Ihr wäret längst fertig, wenn Ihr nicht einen Kopfputz nach dem anderen ablehnen würdet«, beschwerte sich die Kammerfrau und legte das Schleiergebilde in die Truhe zurück, das die Gräfin von d'Amonceux eben als >altmodisch< bezeichnet hatte.
    »Vielleicht einfach nur ein Schleiertuch und einen Stirnreif«, überlegte Roselynne und betrachtete sinnend ihren Kopf mit den hochgesteckten Flechten. »Ja, und den Stirnreif mit dem Mondstein. Er hat mir schon einmal Glück gebracht ...«
    »Als ob sich Seine Majestät für Frauenputz interessieren würde«, brummte Maud und brachte schnaufend das Gewünschte.
    »Ach Maud«, Roselynne bezähmte die eigene Nervosität. »Warum bist du so schlecht gelaunt? Ich bin jetzt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher