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Herz aus Feuer

Titel: Herz aus Feuer
Autoren: Jude Deveraux
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nicht erlauben würde, ihre Hexenküche in seinem Haus einzurichten.
    Blair hatte ihre Mutter verwirrt und entgeistert angeblickt. Opal Gates war magerer, und ihre Bewegungen langsamer, als Blair sie in Erinnerung hatte, und ehe Blair noch etwas zu Mr. Gates’ Bemerkung erwidern konnte, trat Opal auf sie zu, umarmte kurz ihre Tochter und führte sie dann in das obere Stockwerk hinauf.
    Drei Tage lang sagte Blair kaum ein Wort. Sie beschränkte sich auf die Rolle eines unbeteiligten Zuschauers. Und was sie sah, erschreckte sie zutiefst.
    Die Schwester, an die sie sich erinnerte — dieses lachende, lebensfrohe Wesen, das mit ihr gespielt, zuweilen mutwillig mit ihr den Platz getauscht und so manchen Streich mit ihr ausgeheckt hatte —, war verschwunden oder so tief begraben, daß keiner sie wiederfinden konnte.
    Diese Houston, die immer neue Spiele erfand; diese Houston, die immer so kreativ gewesen war; Houston, die Schauspielerin: sie war nun durch eine eiserne junge Lady ersetzt worden, die mehr Kleider besaß als alle anderen jungen Damen von Chandler zusammen. Es schien, als beschränkte sich Houstons Kreativität nun darauf, sich jede Woche ein schönes neues Kleid auszusuchen.
    Am zweiten Tag ihres Aufenthalts in Chandler erfuhr Blair etwas von einer Freundin, was ihr Hoffnung gab, daß ihre Schwester nicht nur den Sinn ihres Lebens in Oberflächlichkeiten suchte, Jeden Mittwoch verwandelte sich Houston in eine dicke alte Frau und fuhr mit einem Gespann von vier Pferden in die Bergwerkslager in der Umgebung der Stadt, um dort Nahrungsmittel zu verteilen. Dieses Unternehmen war nicht ungefährlich, da diese Lager bewacht wurden, um das Einsickern von gewerkschaftlichen Ideen zu verhindern. Hätte man Houston dabei ertappt, wie sie illegale Waren an die Frauen der Bergarbeiter verteilte — Waren, die nicht aus den Läden der Bergwerksgesellschaft stammten —, hätte man sie dafür vor Gericht stellen können, wenn sie nicht schon vorher von der Bergwerkswache erschossen wurde.
    Doch am dritten Tag sank Blairs Hoffnung wieder auf den Nullpunkt; denn an diesem Tag kam es zu einem Wiedersehen mit Leander Westfield.
    Als die Westfields nach Chandler zogen, waren die Zwillingsschwestern sechs Jahre alt gewesen; und Blair hatte mit einem gebrochenen Arm in ihrem Zimmer gesessen, als der zwölfjährige Leander mit seiner fünfjährigen Schwester der Familie seine Aufwartung machte. Doch Blair hatte hinterher dann alles von Houston erfahren. Den Befehl ihrer Mutter mißachtend, war sie in Blairs Zimmer geschlüpft, um ihr mitzuteilen, daß sie soeben den Mann kennengelernt hatte, den sie zu heiraten gedenke.
    Blair Chandler hatte ihr mit großen runden Augen zugehört. Houston hatte schon immer gewußt, was sie wollte, und sich geäußert wie eine Erwachsene.
    »Er ist genau die Sorte Mann, die ich mag. Er ist ruhig, intelligent, sehr hübsch und möchte Arzt werden. Ich werde inzwischen herausfinden, was die Frau eines Arztes wissen muß.«
    Wenn es möglich gewesen wäre, hätte Blair die Augen in diesem Moment noch weiter aufgerissen. »Hat er dich gefragt, ob du ihn heiraten möchtest?« hatte sie geflüstert.
    »Nein«, hatte Houston geantwortet und sich die immer noch tadellos weißen Handschuhe abgestreift — wenn Blair solche Dinger trug, waren sie spätestens nach einer halben Stunde kohlschwarz. »So junge Männer wie Leander denken noch nicht ans Heiraten; aber wir Frauen müssen das frühzeitig tun. Ich habe mich bereits entschlossen. Ich werde Leander Westfield heiraten, sobald er mit seiner medizinischen Ausbildung fertig ist. Wozu du natürlich erst deine Zustimmung geben mußt. Ich könnte keinen Mann heiraten, den du nicht magst.«
    Blair hatte sich geehrt gefühlt, daß Houston ihr so eine große Vollmacht erteilte, und ihre Verantwortung ernst genommen. Sie war ein wenig enttäuscht gewesen, als sie Leander kennenlernte und entdeckte, daß er gar kein Mann war, sondern nur ein hoch aufgeschossener schlanker, gutaussehender Knabe, der selten etwas sagte. Blair hatte immer solche Knaben gemocht, die mit ihr über Wiesen rannten, Steine schmissen und ihr beibrachten, wie man auf zwei Fingern pfeift. Nach ein paar unbefriedigenden Zusammenkünften mit Leander war ihr allmählich klargeworden, was den Leuten so gut an Lee gefiel — nachdem Jimmy Summers von einem Baum gestürzt und sich den Fuß gebrochen hatte. Keiner der anderen Jungen hatte gewußt, was in so einem Fall zu tun war; sie hatten nur
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