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Herz auf Umwegen

Herz auf Umwegen

Titel: Herz auf Umwegen
Autoren: Julia Arden
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Schlimmste an den beiden aber war, dass sie es immer wieder schafften, auch sie in dieses Spiel zu verstricken.
     
     

3. Kapitel
     
     
     
    Katja beobachtete, wie Grit mit Janny aus der Besprechungsecke kam. Die beiden unterhielten sich angeregt. Ganz sicher nicht über DIN- und ISO-Normen, dachte Katja verbissen. Jetzt legte Grit wie zufällig ihre Hand auf Jannys Arm, strich über ihn, bevor sie auf Jannys iPad deutete und eine Frage stellte, so als wäre dies der Grund für die flüchtige Berührung und nicht Grits unkontrolliert hüpfende Hormone. Katja fand es von Tag zu Tag peinlicher, wie Grit um Janny herumschlich. Das ging jetzt schon eine Woche so. Plötzlich hatte Grit jeden Tag Zeit, die Kantine zu besuchen. Natürlich zusammen mit Janny. Sie brachte Janny Kaffee mit, als wenn die die zwei Schritte bis zur »Tanke« nicht selbst gehen könnte. Ständig fragte Grit, ob Janny Hilfe brauche. Zufällig machte Grit zur gleichen Zeit Feierabend wie die neue Kollegin, die allerdings meistens sehr lange blieb und bisher auch jede Einladung Grits abgelehnt hatte. Grit wiederum lud ihren Frust darüber bei Katja ab. Katja fragte sich, ob Janny wirklich nicht merkte, wie Grit sie belagerte oder ob sie nur so tat.
       Das Telefon riss Katja aus ihren Gedanken. Holst hielt sich nicht mit einer Begrüßung auf. »Frau Winter, kommen Sie bitte in mein Büro. Gleich!«, lautete die knappe Ansage. Kein Hinweis, worum es ging, keine Anweisung, irgendwelche Unterlagen mitzubringen. Katja wusste, das konnte nur eines bedeuten: Ärger lag in der Luft.
       Zwei Minuten später wurde sie von Frau Radtke in das Allerheiligste durchgewinkt. Außer Holst saßen am Besprechungstisch bereits Herforth, Ökonomiechef der Firma, Raabe und »Doktor« Lydia. Die Anwesenheit der »Doktorin«, die eigentlich keine war, sondern nur scherzhaft von den Kollegen so genannt wurde, schränkte die Gründe, warum diese Runde zusammengerufen worden war, auf ein gewisses Feld ein. Lydia war die Ein-Mann- oder besser Eine-Frau- Forschungsabteilung der Firma, denn es überstieg die finanziellen Möglichkeiten von AKTIV SPORTS, Forschungsarbeiten an Institute oder Kompetenzzentren in Auftrag zu geben. Dafür leistete man sich Lydia, eine etwas chaotische, aber ideenreiche Uniabgängerin. Ganz nach dem Motto, große Erfindungen werden auch in kleinen Garagen gemacht. Oder eben in kleinen Labors. Lydia beobachtete die Entwicklungen auf dem Gebiet der Materialforschung, speziell, was Textilien anging, verfolgte Trends, analysierte sie und sorgte dafür, dass das kleine Label Anschluss an das Marktniveau hielt. Lydias besonderes Interesse, und das der Firma, galt darüber hinaus den Fasern, insbesondere deren Beschichtung mittels Plasmatechnik und den sich daraus ergebenden Möglichkeiten. Zum Beispiel, wie in Lydias neuestem Projekt, Fäden mit einer Metallschicht zu umhüllen und so eine elektrische Leitfähigkeit zu erzeugen. Zum Beispiel für einen im Shirt integrierten Chip, mithilfe dessen der Sport treibende Geschäftsmann über eine Displaykontaktlinse seine E-Mails abrufen konnte. Smartphone Apps, die der Jogger heute noch mitlaufen ließ, um Streckenlänge, Zeit und Kalorienverbrauch zu messen oder Blutdruck und Herzfrequenz zu speichern, würden bald der Vergangenheit angehören.
       Soweit Katja wusste, waren Lydias Experimente von ersten Erfolgen gekrönt. Was an ein kleines Wunder grenzte, bedachte man die provisorische Reaktionskammer, mit der sie arbeitete und an deren Konstruktion Katja als Produktionsingenieurin mitgetüftelt hatte. Aber erst, nachdem sie zur Geschäftsleitung gerufen und an ihre Schweigepflicht erinnert worden war. Wie alle Mitarbeiter, die an dem Projekt irgendwie beteiligt waren. Und genau die saßen jetzt hier im Zimmer.
       Auf dem Tisch lag eine Fachzeitschrift, auf die Holsts Finger Staccato klopfte, nachdem er Katja bedeutet hatte, Platz zu nehmen. »Wer konnte da den Mund nicht halten? Raus mit der Sprache.« Er machte eine Pause. »Frau Drawe?«
       Lydia schüttelte heftig mit dem Kopf.
       »Frau Winter?« Katja zuckte mit den Schultern.
       Nun durchbohrte Holsts Blick nacheinander die männlichen Kollegen. Keiner sagte etwas.
       »Ich bin sehr enttäuscht, das muss ich Ihnen in aller Deutlichkeit sagen. Wenn ich herausfinde, wer dafür verantwortlich ist, kann derjenige sich warm anziehen. Eine Abmahnung wegen Verletzung der Schweigepflicht ist das Mindeste.« Holst atmete einmal tief
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