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Herz an Herz

Herz an Herz

Titel: Herz an Herz
Autoren: Sofie Cramer , Sven Ulrich
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geklopft. Ich machte mich in ihrer Gegenwart über ihren Gang, ihre Schuhe und über alles lustig, was ich nicht an ihr mochte. Ich neige in solchen Situationen dazu, etwas ungehobelt zu werden, und an diesem Abend war ich sehr ungehobelt. Ich rechnete daher eigentlich auch damit, dass meine Nachbarin aufstehen und empört gehen und mich im Treppenhaus nie wieder grüßen würde, aber Pustekuchen. Am Ende des Abends hatte sie ihren Arm um meine Schultern gelegt. Meine Freunde zwinkerten mir eindeutig-zweideutig zu, nach dem Motto, ich hätte diese Frau ja toll aufgerissen. Doch ich dachte: Moment! In was für einem Film bist du hier bloß gelandet? Wer ist dieser Mann mit dieser komischen Frau im Arm?
    (Falls Sie die Story bis hierhin nicht verstanden haben: Ich selbst war dieser Mann …)
     
    Nun, was ich eigentlich nur sagen wollte: Solche Sachen passieren einem, wenn man sich als jemand ausgibt, der man nicht ist. (Verdammt, was schreibe ich eigentlich? Einen Ratgeber für alle Lebenslagen?)
    Um die Sache kurz zu machen: Offenbar glaubte Petzi an diesem Abend, ich hätte mit ihr geflirtet. Wir gingen zusammen nach Hause, und ich hatte für einen Moment das Gefühl, sie würde hoffen, dass ich sie gleich küsse. Was ich nicht tat!
    Seitdem gehe ich jedenfalls nicht mehr ganz so locker durch mein Treppenhaus, denn wenn mich Petzi «zufällig» kommen hört (ich glaube ja, sie wartet stundenlang auf mich, aber das ist eine andere Geschichte), öffnet sie gut gelaunt die Tür und lächelt mich warmherzig an. Manchmal weniger warmherzig als offenherzig, aber das ist vielleicht nur meine Einbildung. (Ich meine, vielleicht trägt eine waschechte Bayerin ja diese tief ausgeschnittenen Kleider, wenn sie gerade Kaiserschmarrn kocht, was weiß ich!) Dann stehen wir einander gegenüber, und ich versuche alles zu tun, um kühl und abweisend zu wirken, was aus irgendeinem Grund völlig falsch rüberkommt. Und dann lehne ich es ab, ihren Kaiserschmarrn zu essen, weil ich schon gegessen habe (Lüge). Oder weil ich abends noch bei meiner Mutter eingeladen bin (halbe Lüge). Und dann denke ich, jetzt hasst sie mich sicherlich für meine abweisende Art (insgeheim hoffe ich sogar, dass sie mich dafür hasst), aber am nächsten Tag steht sie wieder da und fängt mich ab. Und manchmal kann ich nicht mehr anders (dem lieben Frieden zuliebe), dann sitze ich doch bei ihr in der Wohnung oder gehe mit ihr zum Oktoberfest oder zu einem Konzert, für das sie angeblich Karten von ihrem Chef geschenkt bekommen hat. So viel dazu!
     
    Langweile ich Sie? Verdammt, jetzt schreibe ich hier über mich so einen Schmarrn (Achtung, feiner Humor!), und Sie denken: Dieser Freak ist auch nicht besser als andere Männer – und er kennt auch noch meine Adresse!!!
    Und zu allem Überfluss wissen Sie jetzt noch nicht einmal: Ist dieser Berti Huber nun der direkte Hau-auf-die-Schulter-Typ, oder ist er jemand anderes? Wenn ja: Welcher Typ Mann ist er?
     
    Neugierig geworden? Oder bestätige ich Ihre Vorurteile?
     
    Okay, dieser
Freak
beendet jetzt lieber seinen Brief. Erstens, damit er nicht zu lang wird (ich will Sie ja nicht überfordern), und zweitens will ich Sie durch diese Informationsverzögerung natürlich auch bei der «Brieffreundschaftsstange» halten. Geschickt, was?
    Im nächsten Brief dann vielleicht auch eine Antwort auf die Frage, warum jemand wie ich alleine an die Ostsee fährt. (Ich höre Sie schon sagen: Na, so neugierig bin ich darauf nun auch nicht.) Aber das Risiko gehe ich ein und verbleibe mit freundlichen Füßen!
     
    Ihr
    Berti Huber
     
    P.S. Ach nichts!
     
    P.P.S. Wohnen Sie auch in einem Mehrparteienhaus?
     
    P.P.P.S. Für das dröge P. P. S. entschuldige ich mich, aber ansonsten hätte ich die Frage vergessen, die Sie förmlich dazu zwingt, mir den nächsten Brief zu schreiben. (Sie wissen ja: der Tipp meines Bekannten!)
     
    P.P.P.P. S. Wo ist denn jetzt nur schon wieder das rote Schleifchen, mit dem ich den Brief dieser netten Frau zubinden wollte, um ihn dann in das modrige Kästchen zu legen? Ach, da ist es ja.
    ***
    30. 8.
     
    Lieber Berti,
     
    Sie müssen ein einsamer Mensch sein, wenn Sie Ihre kostbare Lebenszeit einer allzu offenherzigen Hausbewohnerin, einer schlecht gelaunten Brieffreundin und gelegentlich auch Ihrer Mutter opfern.
    Nicht, dass ich mir wünschen würde, Sie seien einsam. Ich melde mich lediglich mit einem Ratschlag zurück: Schauen Sie sich nach weniger fragwürdiger Gesellschaft um, die
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