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Herrin Der Stürme - 2

Herrin Der Stürme - 2

Titel: Herrin Der Stürme - 2
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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hatte die Kette explodierender Kraft ergriffen und sie in eine andere Richtung geschleudert. Der Blitz war zischend in einen Strauch eingeschlagen, hatte ihn zu einem Haufen geschwärzter Blätter verschmolzen und eine kreisförmige Grasfläche versengt, während Donal schwindlig und mit trübem Blick zu Boden gesunken war. Der Schmerz hatte seinen Kopf beinahe in Stücke bersten lassen, und er war tagelang nicht in der Lage gewesen, richtig zu sehen. Aliciane hatte ihn daraufhin umarmt und ermahnt.
»Mein Bruder Caryl konnte das auch, aber er starb in jungen Jahren«, sagte sie zu ihm. »Es gab eine Zeit, da die Leroni in Hali versuchten, die Fähigkeit der Sturmkontrolle in unser Laran hineinzuzüchten, aber es war zu gefährlich. Ich kann die Donnergewalten zwar ein wenig sehen, aber nicht beeinflussen. Sei auf der Hut, Donal. Nutze diese Gabe nur, um Leben zu retten. Ich möchte meinen Sohn nicht von den Blitzen, die zu beherrschen er anstrebt, verbrannt sehen.« Und sie hatte ihn mit ungewöhnlicher Herzlichkeit erneut umarmt.
Laran. Gespräche über die Gabe der außersensorischen Kräfte, denen sich die Bergfürsten – ja, sogar auch die weit draußen in den Tiefländern lebenden – so intensiv widmeten, hatten seine Kindheit stets begleitet. Wenn er wirklich eine außergewöhnliche Gabe, etwa die der Telepathie, oder die Fähigkeit, Falken, Hunden oder Eichelhähern seinen Willen aufzuzwingen, besäße, wäre er in die Zuchtlisten der Leroni aufgenommen worden, jener Zauberinnen, die Aufzeichnungen über die Elternschaften derjenigen anfertigten, in denen das Blut von Hastur und Cassilda, den legendären Vorfahren der begabten Familien, floß. Aber er besaß keine. Er konnte ein wenig Sturm-Sehen und spürte, wenn Gewitter sich zusammenbrauten oder Waldbrände zuschlugen. Eines Tages, wenn er etwas älter war, würde er seinen Platz als Feuerwächter einnehmen. Es würde hilfreich für ihn sein, zu wissen, wohin sich das Feuer als nächstes bewegte. Aber seine Fähigkeit war nur eine mindere Gabe und keiner Fortzüchtung wert. Selbst in Hali hatte man schon vor Generationen davon abgelassen, und Donal wußte – ohne sich darüber im klaren zu sein, woher –, daß dies ein Grund für das Nichtweiterblühen der Rockraven-Familie war.
Aber dieser Sturm lag weit jenseits seiner Kräfte. Irgendwie schien er sich, ohne von Wolken oder Regen begleitet zu sein, über der Burg zu sammeln. Mutter, dachte er, es hat mit meiner Mutter zu tun. Er wünschte sich, den Mut zu haben, durch die erschreckende und zunehmende Bewußtheit des Sturms zu ihr zu laufen, sich zu vergewissern, daß mit ihr alles in Ordnung war. Aber ein Junge von zehn Jahren konnte nicht wie ein kleines Kind zu seiner Mutter rennen, um auf ihrem Schoß zu sitzen. Außerdem war Aliciane, die sich wenige Tage vor ihrer Niederkunft befand, schwerfällig und unbeholfen geworden. Es würde unmöglich sein, sie jetzt mit seinen Ängsten und Sorgen zu behelligen.
Besonnen nahm er den Falken wieder auf und trug ihn die Treppenstufen hinab. In einer Luft, von Blitzen und diesem merkwürdigen und unerhörten Sturm erfüllt, konnte er ihn nicht frei fliegen lassen. Der Himmel war blau (es sah nach einem guten Tag für Falken aus), aber Donal konnte die schweren und drängenden magnetischen Ströme in der Luft und das mächtige Knistern der Elektrizität fühlen.
Ist es meiner Mutter Angst, die die Luft mit Blitzen füllt, so wie es bisweilen der Zorn meines Großvaters tat? Plötzlich wurde er von seiner eigenen Angst überwältigt. Er wußte wie jedermann, daß Frauen manchmal während einer Geburt starben. Er hatte sich Mühe gegeben, nicht daran zu denken, aber jetzt, von der Angst um seine Mutter überwältigt, konnte er das Knistern seiner eigenen Angst im Blitzschlag fühlen. Noch nie hatte Donal sich so jung und hilflos gefühlt. Er wünschte sich sehnlichst an den ärmlichen Hof von Rockraven zurück. Selbst die in Lumpen gekleidete und unbeachtete Existenz als armer Cousin in der Festung irgendeines Verwandten wäre ihm jetzt recht gewesen. Zitternd brachte er den Falken zu den Käfigen zurück. Den Tadel des Falkners akzeptierte er mit solcher Ergebenheit, daß der alte Mann glaubte, der Junge müsse krank sein.
    Weit weg, in den Räumen der Frauen, hörte Aliciane das unablässige Grollen des Donners; undeutlicher als Donal spürte sie das Merkwürdige an diesem Sturm. Und sie fürchtete sich.
Die Rockravens waren aus dem intensiven Zuchtprogramm
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