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Herr Klingsor konnte ein bißchen zaubern.

Herr Klingsor konnte ein bißchen zaubern.

Titel: Herr Klingsor konnte ein bißchen zaubern.
Autoren: Otfried Preußler
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hätte sich eine schwarze Wolke davor geschoben. Und dann fiel Papier vom Himmel. Butterbrottüten, Straßenbahnfahrkarten, kleine und größere Fetzen Zeitungspapier, manche ein bisschen fettig, manche mit Marmelade voll geschmiert.
    Herrn Klingsors Schulkinder fanden das ungeheuer lustig. Sie kamen sich vor wie in einem Herbstwald, mitten im dichten Laubfall. Nur dass es eben Papier war, was da auf sie herabfiel.
    Und nicht nur Papier! Auch Orangenschalen, auch Brotrinden, dann und wann eine halbe Semmel, hin und wieder ein angebissener Apfel.
    Dies alles fiel auf den Schulhof, wo es sich unaufhaltsam zu häufen begann. Schon reichte der Abfall den Kindern bis zu den Knöcheln, schon

    standen sie bis an die Waden drin. Da wären die meisten Kinder am liebsten davongelaufen. Aber sie standen an ihren Plätzen wie festgenagelt und brachten die Füße nicht mehr vom Boden hoch.
    »Bitte, Flerr Lehrer!«, rief das Mariechen Kleinwächter ängstlich. »Bitte, machen Sie, dass das wieder aufhört!«
    »Na gut.« Der Herr Lehrer Klingsor wollte den Kindern ja keine Angst machen. Also schnalzte er mit den Fingern und murmelte einen anderen Zauberspruch. Er hatte ihn kaum gemurmelt, da hörte es auch schon auf Papier und Orangenschalen zu regnen. Nur ein paar Zeitungsfetzen kamen noch langsam, langsam herabgesegelt vom Himmel. Das dunkle Gewölk war verschwunden, die Sonne schien wie zuvor. Und so hätte man meinen können, es sei überhaupt nichts geschehen - hätte nicht auf dem Schulhof ein riesiger Haufen Abfall gelegen.
    »Dies alles«, erklärte Herr Klingsor den Kindern nach einem Blick auf die Taschenuhr, »hat der Herr Schuldiener Büttner im Lauf der vergangenen achteinhalb Jahre und siebenundvierzig Tage den Schulkindern auf dem Schulhof nachräumen müssen. Und wenn ich euch hätte zeigen wollen, wie viel es in seinem ganzen Schuldienerleben gewesen ist, würdet ihr bis an die Ohren im Abfall stecken. Stellt euch das bitte vor!«
    Der arme Herr Büttner! Nie mehr wollten Herrn Klingsors Kinder ein einziges Stückchen Papier in der Pause wegwerfen. Jetzt und in aller Zukunft nicht! Das versprachen sie hoch und heilig.
    »Na großartig, Kinder! Da können wir also den ganzen Plunder wieder verschwinden lassen.«
    Herr Klingsor schnalzte leicht mit zwei Fingern und pfiff durch die Zähne. Und eins-zwei-drei war der Abfallhaufen verschwunden, als ob es ihn nie gegeben hätte. Bloß was an Unrat bereits zuvor auf dem Schulhof gelegen hatte, lag selbstverständlich noch immer da. Aber nicht lange! Die Kinder lasen es auf und warfen es in die beiden Abfallkörbe.
    Der Herr Schuldiener Büttner staunte nicht schlecht, als er kurz danach auf den Schulhof kam.
    »Donnerwetter!«, rief er und rieb sich die Augen. »Ich glaub fast, mir macht's was vor! Kein einziges Stück Papier liegt herum - und sonst auch nichts! Wann hat's denn das nach der großen Pause jemals gegeben?«
    Was soll ich euch sagen? Von diesem Tag an haben die Buben und Mädchen der dritten Klasse tatsächlich in den Schulpausen nichts mehr weggeworfen, außer in einen der beiden Abfallkörbe. Damit sind sie den andern Kindern mit gutem Beispiel vorangegangen. Und gute Beispiele können ja manchmal Wunder wirken. Besonders wenn jemand in aller Stille ein bisschen nachhilft, der zaubern kann.
    Kurzum, der Herr Schuldiener Büttner hat sich immer seltener darüber ärgern müssen, dass ihm die Schulkinder unnütze Arbeit machten: Sie hatten sich einfach daran gewöhnt, den Schulhof sauber zu halten. Auch das Treppenhaus übrigens, auch die Gänge und Klassenzimmer. Und dabei ist es auch in Zukunft geblieben.
    Viel, viel später noch, als ich dann selbst schon ein Schuljunge war, haben wir an der Rudolfschule in Reichenberg drauf geachtet, dass es in unserer Schule immer manierlich ausgesehen hat. Weil das einfach bei uns dort so üblich gewesen ist, noch von Herrn Klingsors Zeiten her.

Der kleine Jantsch
    Der kleine Jantsch war ein böser Junge, das war an der ganzen Rudolfschule bekannt. Damals ging er in die vierte Klasse, dort machte er dem Herrn Lehrer Effenberger das Leben schwer. Man weiß ja, wie so was geht.
    Bei den Antworten in der Heimatkunde stellt man sich dumm. Und wenn der Herr Lehrer die Antwort richtig stellt, sagt man ganz unschuldig: »Bitte, Herr Lehrer, das ist doch Blödsinn.«
    In der Rechenstunde schießt man mit einem Blasrohr weich gekaute Papierkugeln an die Tafel. In der Musikstunde singt man absichtlich laut und falsch
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