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Herr der Diebe

Herr der Diebe

Titel: Herr der Diebe
Autoren: Funke Cornelia
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Fingern durch das pechschwarze Haar. Es war so lang, dass er es meistens zu einem Zopf zusammenband. »Du weißt doch: Wo ich hineinwill, komme ich auch hinein.« Scipio, der Herr der Diebe.
Er war kaum älter als Prosper, obwohl er gern den Erwachsenen spielte, und ein ganzes Stück kleiner als Mosca, selbst mit den hochhackigen Stiefeln, die er immer trug. Viel zu groß waren sie ihm, aber immer auf Hochglanz poliert, schwarze Lederstiefel, schwarz wie die seltsame lange Jacke, ohne die man ihn nie zu Gesicht bekam. Die Schöße reichten ihm bis an die Kniekehlen. »Weck die anderen!«, befahl Scipio in dem herablassenden Ton, den Wespe so hasste. Prosper beachtete ihn einfach nicht. »Mich habt ihr schon geweckt!«, brummte Mosca hinter ihnen und richtete sich gähnend zwischen seinen Angelruten auf. »Schläfst du nie, Herr der Diebe?«
Scipio antwortete nicht. Wie ein Gockel schritt er durch den Kinosaal, während Mosca und Prosper die anderen wachrüttelten. »Ich sehe, ihr habt aufgeräumt!«, rief er. »Gut. Letztes Mal sah es hier aus wie in einem Schweinestall.«
»Hallo, Scip!« Bo krabbelte so hastig aus seinem Schlafsack, dass er fast über die eigenen Hände stolperte. Barfuß rannte er auf Scipio zu. Bo war der Einzige, der den Herrn der Diebe Scip nennen durfte, ohne dafür einen eisigen Blick zu ernten. »Was hast du diesmal gestohlen?«, fragte er aufgeregt. Wie ein junger Hund sprang er um Scipio herum. Mit einem Lächeln nahm der Herr der Diebe einen schwarzen Beutel von der Schulter. »Hatten wir diesmal alles richtig ausgekundschaftet?«, fragte Riccio und kroch zwischen seinen Stofftieren hervor. »Sag schon.« »Irgendwann küsst er ihm noch die Stiefel!«, murmelte Wespe, so leise, dass nur Prosper es hörte. »Aber ich für meinen Teil wäre froh, wenn der feine Herr nicht so oft mitten in der Nacht auftauchen würde.« Sie warf Scipio einen nicht sehr freundlichen Blick zu, als sie die dünnen Beine in ihre Stiefel zwängte. »Ich musste meine Pläne kurzfristig ändern!«, verkündete Scipio, sobald alle um ihn herumstanden, und warf Riccio eine zusammengefaltete Zeitung zu. »Lies vor. Seite vier. Ganz oben.« Gespannt kniete Riccio sich auf den Boden und blätterte in den großen Seiten. Mosca und Prosper beugten sich über seine Schulter, aber Wespe blieb etwas abseits stehen und spielte mit ihrem Zopf herum. »Spektakulärer Einbruch im Palazzo Contarini«, las Riccio stockend vor. »Wertvoller Schmuck und diverse Kunstgegenstände geraubt. Keine Spur von den Tätern!« Erstaunt hob er den Kopf. »Contarini? Wir haben doch den Palazzo Pisani beobachtet.« Scipio zuckte die Schultern. »Ich habe es mir eben anders überlegt. Der Palazzo Pisani kommt später. Er läuft ja nicht weg, oder? Im Palazzo Contarini…«, er schwenkte den Beutel, den er mitgebracht hatte, vor Riccios Nase, »… war auch einiges zu holen.« Einen Augenblick lang weidete er sich an den gespannten Gesichtern um ihn herum, dann hockte er sich im Schneidersitz vor den Sternenvorhang und schüttete den Inhalt des Beutels vor sich auf den Boden. »Den Schmuck habe ich schon verkauft«, erklärte er, während die anderen andächtig näher traten. »Ich hatte noch ein paar Schulden zu begleichen, und neues Werkzeug brauchte ich auch, aber das hier ist für euch.«
Silberne Löffel blitzten auf dem frisch gefegten Boden, ein Medaillon, eine Lupe, um deren Griff sich eine geschuppte Silberschlange wand, und eine goldene Zange, besetzt mit winzigen Steinchen, deren Griff wie eine Rose geformt war.
Bo beugte sich mit großen Augen über Scipios Beute. Vorsichtig, a ls könnten ihm die Kostbarkeiten zwischen den Fingern zerbrechen, nahm er ein glitzerndes Teil nach dem anderen in die Hand, betastete es und legte es wieder zu den anderen. »Alles ganz echt, oder?«, fragte er und sah Scipio an.
Der nickte nur spöttisch, reckte die Arme, zufrieden mit sich und der Welt, und ließ sich auf die Seite sinken. »Nun, was sagt ihr? Bin ich der Herr der Diebe?« Riccio nickte nur andächtig, und selbst Wespe konnte nicht verbergen, dass sie beeindruckt war.
»Mann, irgendwann werden sie dich doch noch mal erwischen«, murmelte Mosca, während er die Schlangenlupe bestaunte. »Ach was!« Scipio rollte sich auf den Rücken und blickte zur Decke hinauf. »Zugegeben, diesmal war es etwas knapp. Die Alarmanlage war nicht so altmodisch, wie ich erwartet hatte, und die Hausherrin ist wach geworden, als ich ihr gerade das Medaillon vom
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