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Herbst - Zerfall

Herbst - Zerfall

Titel: Herbst - Zerfall
Autoren: David Moody
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tatsächlich der einzige Stapel war. Aber Jas hatte doch jede Menge nach oben gebracht. Wo steckte der Rest?
    Webb öffnete den obersten Karton, wobei er sich bemühte, möglichst still zu sein; selbst das leise Rascheln, das er verursachte, ließ ihn zusammenzucken. Er spähte hinein. Lebensmittel, Getränke, einige Kleider.
    Webb wünschte, die Toten draußen auf dem Flur würden verschwinden, damit er sich konzentrieren könnte. Alles, was er hörte, war ihr unablässiges Schlagen gegen die Tür und die gedämpften Laute von Rangeleien, als immer mehr in den ersten Stock vordrangen und sich zu seinem Zimmer vorzukämpfen versuchten. In den Kartons befanden sich Vorräte für etwa zwei Wochen, vielleicht etwas mehr. Was um alles in der Welt sollte das?
    Verwirrt trat Webb zurück und dachte nach. War dies doch das falsche Zimmer? Hätte er in Nummer 25 nachsehen sollen? Dann entdeckte er ein Stück Papier, das vorne auf dem obersten Karton klebte. Er ergriff es und trat damit ans Fenster, wo er sich bemühte, in der abendlichen Düsternis zu lesen, was darauf stand. Es war eine schlichte Botschaft in Jas’ krakeliger Handschrift.
    »Webb, das Zeug in den Kartons ist dein Anteil. Den Rest habe ich woandershin gebracht.«
    Webb sank auf den Boden unter dem Fenster und vergrub das Gesicht in den Händen. Indes wurde das Hämmern von draußen lauter.
    »Mehr passt da nicht hin«, verkündete Gordon außer Atem. Jas spähte das Treppenhaus hinab, das sich als fast vollständig mit Möbeln gefüllt erwies.
    »Gut«, meinte er zufrieden. Vorerst schienen sie in Sicherheit zu sein. »Trotzdem werden wir uns regelmäßig vergewissern, dass sie nicht durchkommen.«
    »Da kommt nichts und niemand durch«, meinte Lorna. »Das andere Treppenhaus sieht genauso aus. Allerdings weiß ich nicht, wie wir je wieder runtergelangen sollen.«
    »Darüber zerbrechen wir uns später den Kopf«, gab Gordon zurück. »Im Augenblick habe ich es nicht eilig damit aufzubrechen.«
    Jas nickte, dann drehte er sich um und ging den Flur entlang zurück. Harte und Hollis kamen ihm aus der anderen Richtung entgegen. In der Mitte des Korridors trafen sie aufeinander und blickten in dasselbe Zimmer. Drinnen waren Ginnie und Caron damit beschäftigt, Kartons mit Vorräten umzuschichten, um genau zu ermitteln, was sie zur Verfügung hatten. Harte zupfte an Jas’ Ärmel und zog ihn zurück.
    »Was ist?«, fragte Jas.
    »Nichts«, erwiderte Harte leise. »Wollte dir nur sagen, dass du ein gerissener Misterkerl bist. Das war eine gute Idee.«
    Jas zuckte mit den Schultern. »Kein Ding. Ich habe etwas in der Art kommen gesehen, deshalb wollte ich auch weg. Eigentlich habe ich es für mich getan.«
    Harte musterte ihn, unsicher, ob er die Wahrheit sagte. »Na ja, wie auch immer, trotzdem danke«, murmelte er.
    Jas nickte, betrat das Zimmer und bahnte sich einen Weg zum Bett, indem er über Kartons, Säcke und sonstige Vorräte hinwegstieg. Er stellte sich ans Fenster und ließ den Blick über die Katastrophe draußen wandern. Noch nie hatte er so viele Leichen so dicht gepackt an einem Ort gesehen. Vielleicht kommt der Helikopter morgen zurück , dachte er. Vielleicht versuche ich, einen Weg aufs Dach zu finden und mich bemerkbar zu machen. Oder vielleicht spare ich mir die Mühe auch. Je mehr ich versuche, desto größer sind die Chancen, dass wieder alles daneben geht.
    Er drehte sich um und betrachtete die Personen, mit denen er nunmehr gefangen war: Harte, Hollis, Lorna, Caron, Gordon, Ginnie, Reece – und dessen Hund. Ich darf nicht zulassen, dass irgendjemand weitere Fehler begeht. Wir können jetzt nirgendwohin mehr flüchten.

Einen Monat, drei Wochen, sechs Tage und achtzehn Stunden später ...
    Sean ging auf das Hotel zu. Seine Füße knirschten über den Frost des frühen Dezembers. Er fühlte sich unbehaglich, hatte dasselbe übelkeitserregende Gefühl im Magen, das er früher immer bekam, wenn er nach einem Urlaub zurück zur Arbeit musste. Es war lange her, seit er zuletzt so empfunden hatte. Genauer betrachtet, war es lange her, seit er zuletzt überhaupt etwas empfunden hatte.
    Warum war er hier? Immer und immer wieder stellte er sich die Frage. Gewiss nicht, weil er die Leute mochte, die er hier zurückgelassen hatte. Einige von ihnen waren recht anständig, aber mit den meisten hätte er sich nie und nimmer abgegeben, bevor sich die Katastrophe ereignet hatte. Tat er es aus einem unangebrachten Pflichtgefühl heraus? Vielleicht. Die
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