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Herbst - Stadt

Herbst - Stadt

Titel: Herbst - Stadt
Autoren: David Moody
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zu bewegen.
    Donna holte ihre wichtigsten Habseligkeiten, nahm allen Mut zusammen, bahnte sich den Weg in den zehnten Stock, von dem sie bereits wusste, dass es dort keine Leichen gab, und schloss sich in einem der Ausbildungsräume des Gebäudes ein. Auf dem Rückweg war an der Treppe weit und breit kein Anzeichen der verstorbenen Sekretärin mehr zu sehen gewesen.

2
    Jede Tür und jedes Fenster des kleinen, etwas abseits gelegenen Reihenhauses war verriegelt. Jack Baxter stand schweigend in seinem Schlafzimmer und spähte hinter der Gardine nach draußen, als eine weitere Leiche die Straße in der Mitte entlangstolperte und in die tiefschwarze Dunkelheit der Nacht torkelte. Sie geriet in Sekundenschnelle außer Sicht.
    Was um alles in der Welt ging hier vor sich?
    Er war früh am Dienstagmorgen auf dem Heimweg von seiner Nachtschicht gewesen, im Freien und schutzlos, als es begonnen hatte. Jack arbeitete in einer Lagerhalle knapp außerhalb der Innenstadt. Die Buslinie, mit der er für gewöhnlich nach Hause fuhr, beschrieb an der Lagerhalle vorbei eine Schleife durchs Zentrum bis ans andere Ende der Stadt und wieder zurück. Der Großteil der Passagiere stieg üblicherweise in der Innenstadt aus, daher war er eine von lediglich acht im Bus verbliebenen Personen gewesen, als es am Dienstagmorgen geschah.
    Das erste Indiz dafür, dass etwas nicht stimmte, war ein alter Mann gewesen. Er hatte zwei Reihen vor Jack gesessen und plötzlich zu husten und zu keuchen begonnen. Seine Beschwerden hatten sich innerhalb weniger Sekunden dramatisch gesteigert. Zunächst hockte der Rentner vornüber gebeugt, dann warf er sich jäh und gewaltsam nach hinten in den Sitz und rang dabei panisch nach Atem. Noch ehe Jack begriff, wie ernst der Zustand des Mannes war, begann der Alte, sich unkontrolliert unter Krämpfen zu winden. Jack war gerade aus seinem Sitz aufgesprungen, um dem Mann zu helfen, als eine etwa fünfundzwanzigjährige Mutter dreier Kinder von der Rückseite des Busses in Todesqualen aufschrie. Ihre Kinder kreischten und weinten ebenfalls. Jack rannte ratlos zu ihnen, doch als ihm klar wurde, dass auch der Busfahrer hustete und würgte, drehte er um und lief in die andere Richtung. Er hetzte die Länge des ruckelnden, schlingernden Fahrzeugs hinab und erreichte den Fahrer in dem Augenblick, in dem dieser würgend an dem Blut erstickte, das seine Kehle hinabfloss. Der Mann brach über dem Lenkrad zusammen und verlor die Kontrolle über den Bus, der in einem unbeholfenen Bogen über die Fahrbahn schlingerte, in den entgegenkommenden Verkehr schmetterte und letztlich in die Fassade eines Pubs pflügte. Jack wurde zu Boden geschleudert, prallte mit dem Kopf gegen den Metallrahmen eines der Sitze und verlor das Bewusstsein.
    Er hatte keine Ahnung, wie lange er ohnmächtig war. Als er schließlich wieder zu sich kam, war seine Sicht verschwommen, und er hatte kämpfen müssen, um sein Gleichgewicht auf tauben, wackeligen Beinen wiederzuerlangen. Er hatte sich aufgerappelt und zur Stirnseite des beschädigten Busses geschleppt. Der Fahrer war tot. Die übrigen Passagiere ebenfalls. Durch die Notlöseeinrichtung war es ihm gelungen, die Tür aufzudrücken und auf die Straße hinauszustolpern. Der Anblick eines beispiellosen und schlichtweg unerklärlichen Massakers hatte ihn erwartet. So weit er sehen konnte, schien auch jeder andere in derselben Weise, in der die Menschen im Bus gestorben waren, umgekommen zu sein.
    Jack stand eine relativ lange Weile benommen da, sein Körper wie eingefroren und unbeweglich, während seine Augen rastlos über die grauenhafte Szenerie zuckten. Er begann die Körper zu zählen – zehn, zwanzig, dreißig und dann mehr und immer mehr ... Die Verwüstung rund um ihn herum schien endlos zu sein. Er hatte ausgeharrt, bis die Stille durch die zu erwartenden, heulenden Polizei-, Feuerwehr- und Krankenwagensirenen durchbrochen werden würde, doch nichts war geschehen. Mit jeder verstreichenden Minute war die unheilvolle Stille immer drückender geworden, bis er es nicht länger hatte ertragen können.
    Nach einem atemraubenden zehnminütigen Lauf durch eine plötzlich fremd gewordene Landschaft war Jack zu Hause angekommen. Anblicke, die gewöhnlich, vertraut und alltäglich gewesen waren, als er am vergangenen Abend zur Arbeit gefahren war, erschienen nun entstellt, bizarr und grotesk. Der Supermarkt, in dem er am vergangenen Nachmittag seine Einkäufe erledigt hatte, brannte und er hatte
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