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Herbst - Ausklang (German Edition)

Herbst - Ausklang (German Edition)

Titel: Herbst - Ausklang (German Edition)
Autoren: David Moody
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betrunken und zutiefst deprimiert hatte Jackson unruhig geschlafen. Als letztlich die Sonne wieder aufging und einen neuen Tag einläutete, hatte er aufgeschaut und die Burg erblickt.
    Zu dem Zeitpunkt hatte er es als gute Idee empfunden, aber Cheetham Castle, wie es im Umkreis von Meilen beschildert war, wurde von gewaltigen Horden der Toten umzingelt – von wesentlich mehr, als er vorzufinden erwartet hatte. Durch das Wohnzimmerfenster konnte er den grauen Steinturm des Torhauses der Burg erkennen, der stolz über den Köpfen der wuselnden Massen aufragte und trotz der rauchähnlichen Insektenschwärme sichtbar war. Zuvor hatte er sich von einem Fenster im Obergeschoss einen Überblick über das volle Ausmaß der Menge verschafft, und die Größe der gigantischen Versammlung hatte ihn sowohl verängstigt als auch neugierig gemacht. Schon vor geraumer Zeit hatte er herausgefunden, dass es immer einen Grund gab, wenn sich die Toten irgendwo in solcher Menge häuften. Er hatte nicht lange darüber nachgedacht, weil es aus der Ferne ohnehin unmöglich war, etwas anderes zu tun, als Vermutungen über die Ursache anzustellen. Außerdem sah die Burg nach einem idealen Ort aus, um die nächsten Tage dort zu verbringen und zu überlegen, was er mit den Überresten seines Lebens eigentlich anfangen wollte.
    Von oben hatte er gesehen, dass die Burg einen bis anderthalb Kilometer entfernt von diesen Reihenhäusern stand. Zwischen ihnen und dem alten Gemäuer befanden sich eine Straße, ein Schotterparkplatz – und mehrere Hektar Grasland, auf dem es von Tausenden Leichen wimmelte. Interessanterweise hatten sie alle ein gutes Stück vor den Mauern des Bauwerks angehalten. Vermutlich dank des Hügels, auf dem man die Burg errichtet hatte. Der Hang war schlichtweg zu steil, als dass ihn ihre schwachen Beine bewältigen konnten.
    Die Mauern der Burg wirkten aus der Ferne relativ robust. Ihre Höhe ließ sich vom Reihenhaus aus zwar schwer abschätzen, aber sie sahen eindeutig zu hoch aus, um über sie zu klettern. Dennoch hatte Jackson eine Zeit lang überlegt, sich aus irgendetwas einen Haken zu basteln und ein Seil aufzutreiben, um zu versuchen, die Mauern wie ein bizarrer Abklatsch von Robin Hood zu erklimmen. Tatsächlich jedoch hielt er das Torhaus für seine beste Chance. Aus seiner gegenwärtigen Perspektive befand es sich am äußersten rechten Rand der Burg. Nach den zahlreichen Hinweisschildern zu urteilen, die er auf dem Weg hierher gesehen hatte, war das alte Gebäude bis vor einem Monat eine recht beliebte Touristenattraktion gewesen. Die Besitzer der Burg hatten zweifellos alles Erdenkliche getan, um es der Öffentlichkeit zu erleichtern, hineinzugelangen und sich von ihrem hart verdienten Geld zu trennen. Auf jeden Fall würde ihm die Burg eine dringend benötigte Verschnaufpause bescheren, bevor er wieder weiterzöge. Der steile Aufstieg verschaffte ihm einen offensichtlichen Vorteil gegenüber den Toten, und die Aussicht von der Kuppe des Hügels würde sicher atemberaubend sein.
    Jackson packte seine wenigen Habseligkeiten zusammen, aß den letzten der Müsliriegel, die er in der Küche gefunden hatte, und wappnete sich für einen Kampf.
    Er trat hinaus ins Freie und drückte sich mit dem Rücken gegen die Wand des Reihenhauses. Die kühle Luft draußen stank, und ihm war unangenehm bewusst, dass jede seiner Bewegungen unverhältnismäßig laut wirkte. Jeder Schritt glich einem Donnerschlag, jeder Atemzug schien endlos widerzuhallen. Wie erstarrt verharrte er, während er seine begrenzten Möglichkeiten durchging. Nur seine Augen bewegten sich, als er den Blick prüfend über die Mauer aus totem Fleisch ein Stück vor ihm wandern ließ. Praktisch alle Leichen standen mit dem Rücken zu ihm da. Er hielt es für sinnvoll, zu versuchen, sich möglichst nah zum Torhaus durchzuschlagen und nach einem Bereich Ausschau zu halten, wo die Horden lichter waren. Ob er einen solchen Bereich finden würde oder nicht, war eine Frage akademischer Natur. Was immer er wo immer tat, sein Erfolg an diesem Tag lief darauf hinaus, ob es ihm gelingen würde, durch die geballte Verwesung zu pflügen und die andere Seite zu erreichen.
    Er begann, die Fahrbahn entlangzuschlurfen, ahmte die trägen Bewegungen der Toten nach und versuchte, sich unter jene zu mischen, die sich in Richtung der Burg schleppten und zum hinteren Bereich der dicht gedrängten Masse aufschlossen. Eine Kreatur kam unvermittelt hinter einer bis dahin unsichtbaren
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