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Henns lustige Weinschule - Henn, C: Henns lustige Weinschule

Henns lustige Weinschule - Henn, C: Henns lustige Weinschule

Titel: Henns lustige Weinschule - Henn, C: Henns lustige Weinschule
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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mehr an den Karren pinkeln. Das Urteil über den Wein ist eh längst gefällt und die Frage ist nur noch, wer die einfallsreichste Beschreibung für die Plörre im Glas findet.

9 FASSEN SIE ZUM SCHLUSS DIE ALLGEMEINE MEINUNG MIT ANDEREN WORTEN ZUSAMMEN!
    Alle werden Ihre Fähigkeit loben, Zusammenhänge auf den Punkt zu bringen. Es ist wie im Mittelalter. Am Ende des Prozesses hat der König – zumindest bei wichtigen Tribunalen, und jeder Weinprozess ist ein wichtiges – das letzte Wort. Er fällt das abschließende Ur teil, natürlich immer im Sinne des Volkes, denn Könige wollen schließlich von diesem geliebt werden. Hier kommen Sie ins Spiel. Geben Sie dem Pöbel, was er will. Fassen Sie alle Beschreibungen von Farbe, Geruch und Geschmack zusammen, passen Sie dabei tunlichst auf, keinem Mittrinker auf die Füße zu treten und verkaufen Sie das Ganze als Ihre eigene Meinung. Ab dem nächsten Wein beginnt Ihre Herrscherzeit. Möge sie lang und glanzvoll sein!

DIE GRUNDAUSSTATTUNG FÜR SIE

    Der Unterschied des echten Weinkenners zu Ihnen ist, dass Ersterer Geld ausgibt für sein Hobby. Sie dagegen tun nur so, als ob – und sparen auf Eigenheim, Segelflugzeug und eine Insel im Pazifik. Um ein paar Accessoires kommen Sie aber nicht herum. Falls Gäste kommen, muss alles authentisch wirken. Eine gute Dekantierkaraffe, teure Gläser von einer angesehenen Marke (Weinkenner wissen darüber Bescheid), also Riedel, Schott-Zwiesel oder Spiegelau. Nicht nur für Rot- und Weißwein, sondern für spezielle Rebsorten spezielle Gläser. Da muss Ihr Portemonnaie durch. Dazu kommt noch ein Korkenzieher. Aber nicht irgendeiner. Er muss aussehen, als täten Sie den lieben langen Tag nichts anderes, als Flaschen zu entkorken. Also ein professioneller, der fest an der Arbeitsplatte in der Küche verschraubt wird. Das reicht.
    Sie wollen sich einen Weinkeller zulegen? Sind Sie wahnsinnig? Wissen Sie, was das kostet? Wenn Sie nämlich einen Weinkeller haben, dann muss es auch ein guter, ach was schreib ich, ein exzellenter Weinkeller sein. Das heißt, er muss groß sein, er braucht eine Klimatür, er sollte erschütterungsfrei sein, gut isoliert und mit genug Feuchtigkeit. Natürlich müsste alles imposant sortiert und aufgereiht sein.
    Aber das alles ist nicht das wirkliche Problem: Ihr Keller muss nämlich auch noch gut bestückt sein! Das bedeutet teure Flaschen noch und nöcher! Denn eingeladene Weinkenner würden alles penibelst untersuchen, Flaschen herausziehen, um die Jahrgänge abzulesen, und im Kopf zusammenrechnen, wie viel Ihre Schätzchen wohl wert sein mögen. Wollten Sie also gut dastehen, müssten Sie ein Vermögen ausgeben. Wenn Ihnen Wein so viel wert ist, sollten Sie sich lieber ernsthaft damit beschäftigen. Eine solche Investition in ein Hobby ist unter Ihrem Niveau.
    Die Lösung heißt „virtuelles Outsourcing“. Die neueste Mode ist nämlich angemieteter Kellerraum. Viele deutsche Winzer haben begonnen, Kellerraum, mit dem sie bisher nichts Sinnvolles anzufangen wussten, zu vermieten. Dafür mauern sie kleine Fächer hinein, meist mit einer Gittertür samt Nummer versehen, und stellen diese gegen einen entsprechenden Obolus ihren Kunden zur Verfügung. Dies hat mehrere Vorteile: 1. Sie machen Geld mit totem Raum. 2. Sie binden ihre Kunden an sich. 3. Sie verkaufen mehr Wein. Denn jedes Mal, wenn der Mieter vorbeikommt, um einen seiner Schätze herauszuholen, bieten sie ihm einen ihrer Weine zur Verkostung an und prompt wird wieder etwas verscherbelt.
    Sie haben eines dieser neuen, teuren und raren Fächer. Erkundigen Sie sich zur Sicherheit, welcher Winzer in einem nahe gelegenen Weinanbaugebiet Entsprechendes anbietet. In Hamburg wird das von der Entfernung her natürlich unglaubwürdig, dafür gibt es Weinhändler, die Ähnliches zur Verfügung stellen.
    Dort lagern Ihre Schätze. Führen Sie eine Datei in Ihrem Rechner, in der alle aufgelistet sind. Wählen Sie nur das Beste und Teuerste aus – Sie müssen es ja nicht bezahlen!
    Zur Dekoration zu Hause brauchen Sie nur ein paar leere Bouteillen. Die können Sie bei Hausmessen von Weinhändlern in der Nähe schnorren. Auf denen werden immer einige teure Weine geöffnet und die Flaschen danach weggeschmissen – es sei denn, Sie fragen. Keine falsche Scham! Fragen Sie auch direkt nach leeren Holzkisten. Da es die (fast) nur bei Spitzenweinen gibt, werden ein paar wohlklingende Namen darauf stehen. Platzieren Sie die Kisten mitten im Weg nahe bei Ihrem
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