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Hennessy 02 - Rätselhafte Umarmung

Hennessy 02 - Rätselhafte Umarmung

Titel: Hennessy 02 - Rätselhafte Umarmung
Autoren: Tami Hoag
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sagte Rachel, vor allem, weil sie die beklommene Stille nicht ertrug. Bryan stand keine zwei Meter von ihr entfernt, aber trotzdem schien er weiter weg zu sein als der Mond - und mindestens so kalt.
    »Ich muss packen gehen.« Er drehte sich steif zur Tür.
    »Möchtest du vielleicht erst einen Kaffee?« fragte sie, um Zeit zu gewinnen. Zum erstenmal, seit sie vor fünf Jahren ihrer Mutter getrotzt hatte, fühlte sie sich ausgesprochen feige.
    »Nein.«
    Dieser Mistkerl machte es ihr eben nicht einfach. Sie schluckte ihren Stolz hinunter und unternahm noch einen Versuch. »Ich würde gern alles über das Gold und Porchind erfahren.«
    »Wozu?« fragte Bryan und sah sie scharf an. »Das Gold gehört dir. Es würde mich wundern, wenn dich interessiert, wie es dahin gekommen ist.«
    Dieser Schlag nahm Rachel den Atem. »Das ist nicht gerecht.«
    Bryan wappnete sich gegen die Schmerzen, die er ihr zufügte. Sie hatte genauso zugeschlagen. Er zog gleichgültig die breiten Schultern hoch. »Wie man mir immer wieder erklärt hat«, sagte er mit sardonischem Lächeln, »ist das Leben nun einmal nicht gerecht. Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest?«
    »Bryan.« Rachel vergaß all ihren aufgesetzten Stolz und ihre vorgetäuschte Gleichmütigkeit und packte ihn am Ärmel seines Pullovers, als er durch die Tür wollte. Flehend sah sie zu ihm auf. »Bitte bleib hier.«
    »Heute nachmittag hast du mir etwas anderes gesagt«, antwortete er mit leerer Miene.
    »Heute nachmittag war alles anders. Ich war aufgeregt und wütend und ...«
    »Und jetzt bist du reich?« ergänzte er sarkastisch.
    Rachel steckte den Schlag ein, ohne sich davon aus der Bahn werfen zu lassen. »Ich brauche das Haus nicht mehr zu verkaufen. Ich brauche mir keine Sorgen mehr darum zu machen, daß Mutter versorgt ist. Das Gold ändert alles.«
    Es sah sie kalt an. »Wirklich?«
    »Bryan, ich liebe dich«, beschwor sie ihn mit zitternder Stimme.
    Statt froh aufzuleuchten, wurden seine ernsten blauen Augen hinter der Brille nur noch trauriger. »Und du brauchtest etwas so Solides, Fassbares wie Gold, damit du dieser Liebe trauen konntest, damit du glauben konntest, daß sie dauern wird?« sagte er leise. »Vorher war ich dir das Risiko nicht wert, aber jetzt, wo du reich bist, denkst du dir: Was soll's? Kannst du dir vorstellen, wie ich mich da fühle, Rachel?«
    Sie antwortete nicht. Sie wusste , wie er sich fühlte. Das gleiche schreckliche leere Gefühl gähnte in ihr. In diesem Augenblick hätte sie den Löwenanteil des Goldes dafür gegeben, zurücknehmen zu können, was sie heute nachmittag zu ihm gesagt hatte.
    »Liebe kann nicht auf finanzielle Sicherheit bauen«, sagte Bryan leise. »Sie kann auf überhaupt nichts bauen. Was soll denn deiner Meinung nach passieren, wenn das Gold aufgebraucht ist? Wirst du dann nicht mehr an unsere Liebe glauben? Wird es dann nicht mehr vernünftig oder realistisch sein, mich zu lieben? >In guten wie in schlechten Zeiten< heißt es, Rachel. In Krankheit wie Gesundheit. Niemand fragt, ob Liebe praktisch ist. Ich habe zusehen müssen, wie jemand stirbt, den ich liebe. Glaubst du, das war leicht oder praktisch oder angenehm?«
    »Nein«, flüsterte sie. Tränen hingen an ihren dichten, goldenen Wimpern.
    »Nein«, wiederholte sie leise. Sein Blick wurde von der schmerzvollen Erinnerung überschattet. »Ich werde nicht hierbleiben, weil es plötzlich leicht für dich geworden ist, mich zu lieben, Rachel. Liebe muss oft auf nichts als Hoffnung und den Glauben an ein Wunder bauen. Wenn du das glauben könntest...« Er endete mit einem resignierenden Seufzer, als hätte er diese Hoffnung längst aufgegeben. »Ich hinterlasse dir die Nummer von Mr. Huntingheath in London. Er weiß, wo ich zu finden bin.«
    Dann drehte er sich um und ging ins Haus. Rachels Arme sackten herab. Ihre Finger schlössen sich um die Erinnerung an seine Haut, und sie presste sich die Faust an den Mund. Sie sah Bryan über die große Treppe hinaufgehen, aber sie unternahm nichts, um ihn aufzuhalten. Sie wusste nicht, ob sie die Kraft oder das Recht dazu hatte. Statt dessen ging sie ins Arbeitszimmer und kauerte sich in einer Ecke des kleinen Sofas zusammen.
    Zu ihrer Linken, zwischen den dunklen Ziegeln des Kamins, glänzten die freigelegten Goldbarren matt im gelben Licht. Leidenschaftlos starrte sie darauf. Dort lag die Antwort auf all ihre Gebete - zwei ausgenommen: Das Gold konnte ihre Mutter nicht wieder gesund machen, und es konnte Bryan nicht
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