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Henkersmahl

Henkersmahl

Titel: Henkersmahl
Autoren: Bärbel Böcker
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sich.
    Florian holte den Kölner Blick aus seiner Manteltasche und schmiss ihn auf den Tisch. »Heute schon gelesen?« Curt Kasten antwortete nicht. »Da steht einiges über die Machenschaften deiner Mutter im Hause Chocolat Royal Suisse drin. Allerdings noch nichts über die ausländischen Konten und die verwandtschaftlichen Beziehungen eines TV-Journalisten namens Curt Kasten und seine persönlichen Interessen. So viel ist klar: Ein Journalist, der davon weiß, dass seine Angehörigen sich auf kriminelle Art bereichern und der das Ganze mit bestenfalls halb legalen Methoden deckt, ist als Redaktionsleiter mindestens so untragbar wie eine EDV-Angestellte, die auf Anweisung eines Kollegen recherchiert, selbst, wenn dies auf nicht amtlichen Wege geschieht. Zumal du auch noch damit rechnen musst, dass herauskommt, dass deine Mutter dich monatlich mit einem ganz hübschen Sümmchen unterstützt.«
    Curt blieb stumm, aber allein die Tatsache, dass er den letzten Punkt nicht abstritt, gab Florian recht. Er gönnte ihm eine kleine Pause und fuhr mit seinen Anschuldigungen fort. »Ich bin sicher, dass die Öffentlichkeit sich sehr für die illegalen Geldtransfers ins Ausland interessiert.«
    Der Redaktionsleiter knetete nervös seine Hände. Nach einem Augenblick, in dem man nichts hörte außer den Geräuschen vorbeifahrender Autos unten auf dem Hansaring, sagte Florian in einem Ton, als handele es sich um eine Belanglosigkeit: »Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass der Journalist, der heute den Artikel geschrieben hat, und der auch alles über die Konten weiß, unter bestimmten Voraussetzungen darauf verzichtet, in seinem nächsten Artikel auf die Verbindung von Curt Kasten zu Magda Frings beziehungsweise Chocolat Royal Suisse einzugehen.« Florian beobachtete Curt genau, in dessen Gesicht sich ein Funken Hoffnung geschlichen hatte. »Du hast Janas Polizeirecherchen nie bemerkt. Nichts gesehen und nichts davon gehört. Jetzt nicht und in Zukunft nicht. Niemals, verstehst du?«
    Ihr direkter Vorgesetzter starrte beide an, nickte, erhob sich langsam vom Stuhl und verließ, um aufrechte Haltung bemüht, das Zimmer.

     

     

     

     

     

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    »Du hast meinen Kopf gerettet, danke.« Jana sah nach dem Gespräch mit Curt ziemlich mitgenommen aus.
    »Hör auf, dich bei mir zu bedanken. Wer hat dich denn in all das hineingezogen? Ich bin heilfroh, dass wir ihn ausbremsen konnten.«
    »Und ich erst.« Sie versuchte zu lächeln, aber der Schreck steckte noch tief in ihren Gliedern.
    »Komm, entspann dich.« Florian öffnete weit das Fenster. Der Schwall frische Luft tat gut. »Magst du Ringelblumen überhaupt?«
    »Ich liebe sie. Der Inbegriff von Frühling.« Jana lächelte.
    Florians Blick fiel auf einen großen, schwarzen Instrumentenkasten, der an der Wand lehnte.
    »Deiner?«, fragte er.
    Sie nickte. »Ja, da ist eine Gitarre drin.« Als sie Florians fragenden Blick bemerkte, begann sie zu erklären: »Ich spiele klassische Gitarre und Geige. Den ersten Unterricht bekam ich, da war ich neun. Ich habe Musik studiert, an der Hochschule in Köln.«
    »Und warum arbeitest du dann als EDV-Fachfrau?«, fragte er überrascht.
    »Weil ich mit Musik nicht genug Geld verdienen kann, es reicht nicht zum Leben. Der Privatunterricht, den ich früher mehr oder weniger begabten Menschen gab, war keine große Herausforderung für mich.« Jana lachte. »Es kam sogar vor, dass ich während der Unterrichtsstunden eingeschlafen bin.«
    Sie bemerkte Florians ungläubigen Blick und sagte: »Doch, das ist wirklich wahr.« Nach einer kurzen Pause fuhr sie fort: »Einen festen Job in einem Orchester habe ich leider nie bekommen, also habe ich vor ein paar Jahren umgeschult. Jetzt spiele ich nur noch hobbymäßig.«
    Florian strich sich über das Kinn, das unter seinen Fingern spürbar kratzte. Jana mochte klassische Musik, wenn das kein Zeichen war. »Und was spielst du?«
    »Zurzeit ganz viel Paganini. Er war Meister auf der Gitarre wie auf der Violine. Meist spiele ich kurze Menuette, auch kurze Andantes, einige Sonaten, Romanzen. Sie sind voller Leben.« Nach einem Augenblick fügte Jana vorsichtig hinzu: »Zusammen mit einer Freundin, die Violine spielt, habe ich hin und wieder kleine Auftritte.«
    Fasziniert betrachtete Florian ihre Gesichtszüge, die einen weichen, strahlenden Ausdruck angenommen hatten. Ehe er sich bremsen konnte, hörte er sich auch schon sagen: »Hast du Lust, Mittwochabend mit mir essen zu gehen?«
    Jana sah ihn
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