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Hendlmord: Ein Starnberger-See-Krimi (German Edition)

Hendlmord: Ein Starnberger-See-Krimi (German Edition)

Titel: Hendlmord: Ein Starnberger-See-Krimi (German Edition)
Autoren: Ida Ding
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vielstimmig, und vibrieren tut es auch noch. Jetzt hab ich keinen Frieden mehr. Der Jäger Wolfi scheint sowieso seine Zeit zum Luftholen und Verdauen zu brauchen, den finde ich wahrscheinlich morgen um dieselbe Uhrzeit noch genauso vor, also stapfe ich nichts wie heim.

Wie ich zum Hof komme, ist alles ruhig. Ich lausche in die Dunkelheit. Schafe drängen sich bei Gefahr zusammen, um so die Lämmer in der Mitte zu schützen, und halten dann ganz mucksmäuschenstill. Außer, die Herde wird von einem Raubtier auseinandergesprengt, dann flüchten sie einzeln in alle Richtungen. Deshalb mache ich am besten mal das Licht an, um zu sehen, ob alle da sind und ob’s ihnen wirklich gut geht. Ich drehe am Schalter, und augenblicklich jagt mir ein Stechen den Arm hinauf bis ins Hirn, als würde ein Schwert mich mittendurch teilen. Ich höre mich selber schreien, sehe mich sogar, wie ich den Mund aufreiße. Komisch, bin ich etwa mein eigener Spiegel geworden? Also, so fesch schaue ich nicht aus, dass ich mich in meiner eigenen Schönheit suhlen könnte. Auch wenn die Sophie mich gelegentlich zum Anbeißen findet. Außerdem wundere ich mich über die plötzliche Helligkeit, nicht nur das Licht ist angegangen, das wäre ja ein gutes Zeichen, schließlich hab ich Licht machen wollen. Es strahlt überall, als sei es schon Tag geworden. So klinisch weiß ist es, als hätte der Kraulfuß an der falschen Stelle mit dem Weißeln angefangen und die ganze Welt übertüncht. Mehr und mehr entferne ich mich von meinem Körper, von allem, sehe gerade noch, wie mich jemand wegschleppt. Ich würde gern helfen und mir selbst oder vielmehr der leblosen Schlenkerpuppe, die meine Visage trägt, unter die Arme greifen, aber es gelingt mir nicht. Nur mehr aus Augen und Gedanken scheine ich zu bestehen. Heller und heller wird’s, sodass ich nicht mal erkennen kann, wer mich da wohin zerrt. Wie ich wieder zu mir komme, läuft es mir kalt den Buckel runter. In echt, nicht nur so dahingesagt. Das Wasser rinnt mir in den Strickpulliausschnitt. Bei Stromschlag abklemmen und unters Wasser halten. Welcher Idiot hat denn diese Erste-Hilfe-Empfehlung angewandt? Ich spüre weder den linken Arm, wo mich der Schlag getroffen hat, noch den rechten. Als Bub hat es den rechten Arm erwischt. Ausgleich.
    Ich kann mich überhaupt nicht rühren. Bin ich gelähmt? Ich versuche, die Muskeln anzuspannen. Ein Kraftakt, tausend Nadeln scheinen mich zu stechen, aber wenigstens regt sich wieder was in meinen Gelenken. Unscharf durch die Wimpern meiner halbgeschlossenen Augen sehe ich, dass ich gefesselt bin. Rundherum mit der blauen Schnur umwickelt und x-fach verknotet wie eine Rindsroulade. Dabei hatte ich doch gar keine Schnüre mehr in der Hosentasche, die muss der Fesslungskünstler von der Rolle im Schafstall genommen haben. Ich sollte auch keine Schnüre mit mir herumschleppen, Schnüre führen in Versuchung. Bei anderen Leuten ist es der Messerblock zu Hause, beim Fritzl die Metallschiene im Fischladen, und beim Wickerl waren es die Spieße neben der Eingangstür, zack, und schon pikst es, wenn dir einer dumm daherkommt. Aber wem hab ich was getan? Mir fällt es unendlich schwer, die Augen offen zu halten. Ein Schläfchen wäre recht, unsere Badewanne ist ja ganz kommod, wenn ich mir das so überlege. Ich selbst hab sie damals kurz vor unserer Hochzeit im Badewannenfachgeschäft beim Probeliegen ausgesucht. Aber in dem Vorführraum war sie noch nicht ans Wasser angeschlossen. Nach der Hetze vorhin, weg vom Wolfi seinem Hosenstall, der Rennerei nach Hause, erfrischt die Abkühlung sogar ein wenig. Abgesehen von den Schmerzen natürlich. Mein Pulli saugt sich voll, wird schwerer und schwerer und drückt mich nach unten. Nicht mehr lange, und ich ertrinke in meinem eigenen Gewand. Ich zwinge mich, ins Licht zu schauen. In unserer Badezimmerleuchte, einer milchigen Halbkugel, liegen tote Fliegen und unterbrechen die Helligkeit mit ihren Leibern. Wenn schon fest verschnürt, so bin ich wenigstens daheim, hier kenne ich mich aus. Trotzdem bade ich selten in Anziehsachen, auch nicht mehr in der Badehose, seit mich die Sophie vom Schlechten beim Geschlechtlichen befreit hat. Herrschaft, warum liege ich dann in der Wanne und lasse mir den Kragen volllaufen? Meine Hirndrähte scheinen wirklich angekokelt. Ich höre jemanden rumoren. Schranktüren fallen zu.
    ‹Hallo› will ich rufen, mir gelingt nur ein Krächzen, als wäre ich der Schorschi. Meine Zunge scheint aus
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