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Heldenplatz (German Edition)

Heldenplatz (German Edition)

Titel: Heldenplatz (German Edition)
Autoren: Thomas Bernhard
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Zittel mehr und mehr
    zu einer richtigen Gefährtin entwickelt hat
    ist ihm die Mutter zu einer Nebensächlichkeit
    und eigentlich nur lästig geworden
    sie war ihm nebensächlich
    sie hat sich nicht mehr angestrengt
    eure Mutter hat einen leeren Kopf
    hat der Vater immer gesagt jahrzehntelang
    Die Zittel hat sich schließlich
    nurmehr noch englisch mit ihm unterhalten
    und eine philosophische Debatte
    war dann auch nur mit der Frau Zittel möglich
    Die Mutter hatte nurmehr noch die Essigfabrik
    und die Fezfabrik im Kopf
    die Zittel las Descartes und Spinoza
    die Zittel war sein Geschöpf
    die Mutter konnte das nicht sein
    und wollte das auch nicht sein
    die Mutter beherrschte nur das Gesellschaftliche
    das interessierte den Vater aber nicht
    der Vater hat Gesellschaft und Gesellschaften gehaßt
    er nannte sich ja selber einen Gesellschafts- und Gesellschaftenhasser
    Der Onkel Robert ging immer ganz gern
    auf Gesellschaften
    selbst auf die widerwärtigsten
    OLGA geht, während Anna in die entgegengesetzte Richtung schaut, auf den Onkel Robert zu und führt ihn, der auf zwei Stöcken geht, zur Bank
    Die Zittel kocht noch einmal
    Morgen ist das letzte Frühstück
    in der Wohnung
    Du fährst doch nicht heute nach Neuhaus zurück
    PROFESSOR ROBERT  
    Neinnein die russischen Saatkrähen sind noch da
    OLGA  
    Die Zittel fährt auf jeden Fall mit dir
    nach Neuhaus
    PROFESSOR ROBERT zu Anna, die sich umgedreht hat
    Wann fahrt ihr also nach Oxford
    ANNA  
    Übermorgen Onkel Robert
    wie geplant
    PROFESSOR ROBERT  
    Es wird nicht leicht sein
    das Haus zu verkaufen
    du hast dich so bemüht es zu finden
    ANNA  
    In England ist ein solches Haus
    schwer verkäuflich
    zuerst findet man es nicht
    und dann kann man es nicht verkaufen
    PROFESSOR ROBERT  
    Ich denke daß ein solches Haus
    nur mit Verlust zu verkaufen ist
    ANNA  
    Vielleicht bleib ich mit Lukas eine Zeit
    in Oxford
    das Haus ist ja nicht eingerichtet
    PROFESSOR ROBERT  
    Für das Geld hättet ihr in der Gegend von Neuhaus
    einen schönen großen Besitz bekommen
    ANNA  
    Der Vater wollte ja nach Oxford zurück
    nicht nach Neuhaus
    PROFESSOR ROBERT  
    Das war ja der Fehler daß er geglaubt hat
    er kann ohne weiteres nach Oxford zurückgehen
    am Ende hat er eingesehen
    daß das nicht geht
    Ich bin so an Neuhaus gewöhnt
    schaut sich um
    Wien ist mir viel zu anstrengend
    um diese Zeit
    im März ist Wien nichts für mich
    vor Anfang Juni ist es nichts für mich
    ANNA  
    In Neuhaus geht dir ja nichts ab
    die Mutter ist froh daß sie dich hat in Neuhaus
    die Mutter würde ohne dich verkommen in Neuhaus
    PROFESSOR ROBERT  
    In Neuhaus sind lauter alte Leute
    die in Wien nicht mehr zurechtkommen
    Alte und Kranke und Krüppel
    aber ich hab Neuhaus von Kind an geliebt
    deine Mutter hat es da schon schwerer
    die hat Neuhaus immer gehaßt
    nichts hat sie so gehaßt wie Neuhaus
    der Vater hat sie nach Neuhaus verbannt
    jetzt hat sie sich gewöhnt daran
    Aber sie sitzt nur den ganzen Tag in ihrem Sessel
    entweder auf der Terrasse oder im Speiszimmer
    Über dieser Frau ist auch ein Fluch
    Wenn sie doch nur eine literarische Figur wär
    aber sie ist doch eine wirkliche
    hab ich zu eurem Vater immer gesagt
    das ist das Unglück
    OLGA  
    Willst du dich setzen
    PROFESSOR ROBERT setzt sich unter Zuhilfenahme seiner Nichten auf die Bank
    In Wien ist es im März noch tiefer Winter
    Ende Jänner sagen die Wiener schon es ist Frühling
    aber noch Ende März ist es tiefer Winter
    Während meiner Universitätszeit
    bin ich zu Mittag immer in den Volksgarten gegangen
    euer Vater nicht
    der ist immer gleich in die Herrengasse hinübergegangen
    ich kann mich nicht erinnern
    daß er einmal in den Volksgarten gegangen wäre
    außer zum Frühstück
    das hat er oft in der Meierei eingenommen
    ANNA  
    In Neuhaus wird doch die Straße
    durch den Garten gebaut
    hast du schon etwas unternommen dagegen
    PROFESSOR ROBERT  
    Das dauert noch Jahre
    das erlebe ich ja gar nicht mehr
    vor fünf oder sechs Jahren wird die Straße nicht gebaut
    das erlebe ich nicht mehr
    ANNA  
    Aber das entwertet doch das Grundstück
    PROFESSOR ROBERT  
    Das kann schon sein
    ANNA  
    Die Mutter hat einen Protestbrief
    an den Bürgermeister geschrieben
    PROFESSOR ROBERT  
    Das weiß ich
    ich protestiere nicht
    ich protestiere gegen nichts
    ich protestiere gegen nichts mehr
    alle Proteste verbieten sich am Lebensende
    ANNA  
    Du solltest auch einen Protestbrief
    an den Bürgermeister schreiben
    und an das
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