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Helden des Olymp, Band 3: Das Zeichen der Athene (German Edition)

Helden des Olymp, Band 3: Das Zeichen der Athene (German Edition)

Titel: Helden des Olymp, Band 3: Das Zeichen der Athene (German Edition)
Autoren: Rick Riordan
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zusätzlich noch eine Arbeitstasche für seine archäologischen Werkzeuge mitnehmen. Regel Nummer eins: Ich durfte nicht in seine Arbeitstasche schauen. Bis zum Tag der Explosion habe ich mich an diese Regel auch gehalten.
    Es passierte an Heiligabend. Wir waren in London, weil der Besuchstag bei meiner Schwester Sadie anstand.
    Da meine Großeltern ihn hassen, darf mein Vater sie nämlich bloß zwei Tage im Jahr sehen – einen im Winter, einen im Sommer. Nach dem Tod unserer Mutter hatten ihre Eltern (unsere Großeltern) diesen ganzen Rechtsstreit mit Dad angefangen. Nach sechs Anwälten, zwei Schlägereien und einem beinahe tödlichen Angriff mit einem Spachtel (fragt nicht) wurde ihnen das Recht zugesprochen, Sadie bei sich in England zu behalten. Sie war erst sechs, zwei Jahre jünger als ich, und meine Großeltern konnten sich nicht um uns beide kümmern – das war zumindest ihre Entschuldigung, mich nicht mit aufzunehmen. Sadie wuchs also als englisches Schulmädchen auf und ich reiste mit meinem Vater um die Welt. Mir war es egal, dass wir Sadie nur zweimal im Jahr sahen.
    [Klappe, Sadie. Ja – dazu komme ich noch.]
    Jedenfalls waren mein Dad und ich nach etlichen Verspätungen gerade in Heathrow gelandet. Es war ein kalter Nachmittag und es nieselte. Während der gesamten Taxifahrt in die Stadt wirkte mein Vater irgendwie nervös.
    Dabei ist mein Dad ein ziemlicher Brocken. Wenn man ihn sieht, denkt man nicht, dass ihn etwas aus der Fassung bringen kann. Er hat die gleiche dunkelbraune Haut wie ich, durchdringende Augen, eine Glatze und einen Spitzbart, er sieht also aus wie ein muskelbepackter fieser Wissenschaftler. An diesem Nachmittag trug er seinen Kaschmirwintermantel und seinen besten braunen Anzug, den er immer zu Vorträgen anzieht. Normalerweise strahlt er ein solches Selbstvertrauen aus, dass er alle sofort für sich einnimmt, aber manchmal – wie an diesem Nachmittag – bekam ich eine andere Seite von ihm mit, die ich nicht richtig verstand. Ständig drehte er sich um, als würden wir verfolgt.
    »Dad?«, fragte ich, als wir von der A 40 abbogen. »Stimmt was nicht?«
    »Nichts von ihnen zu sehen«, murmelte er. Als er merkte, dass er es laut ausgesprochen hatte, sah er mich ziemlich erschrocken an. »Nein, Carter. Alles bestens.«
    Das beunruhigte mich, denn mein Vater ist ein miserabler Lügner. Ich wusste immer, wenn er etwas vor mir verheimlichte, aber ich wusste auch, ich könnte ihn noch so sehr löchern – mit der Wahrheit würde er nicht herausrücken. Möglicherweise versuchte er, mich zu beschützen, auch wenn ich keine Ahnung hatte, wovor. Manchmal fragte ich mich, ob es in seiner Vergangenheit ein dunkles Geheimnis gab, vielleicht war ein alter Feind hinter ihm her; doch die Vorstellung kam mir albern vor, Dad war schließlich bloß Archäologe.
    Was mir auch Sorgen machte: Dad hielt seine Arbeitstasche umklammert. Wenn er das macht, sind wir meistens in Gefahr. Wie das eine Mal in Kairo, als Bewaffnete unser Hotel stürmten. Ich hörte Schüsse aus der Eingangshalle und rannte nach unten, um nach Dad zu sehen. Doch als ich ankam, zog er seelenruhig den Reißverschluss der Arbeitstasche zu, während drei bewusstlose Bewaffnete kopfüber vom Kronleuchter herunterbaumelten. Ihre Gewänder fielen ihnen über die Köpfe und man sah ihre Boxershorts. Dad behauptete, er hätte nichts mitbekommen, und am Ende schob die Polizei alles auf einen ungewöhnlichen Defekt des Kronleuchters.
    Ein anderes Mal gerieten wir in Paris in einen Tumult. Mein Dad suchte sich das nächstbeste geparkte Auto, stieß mich auf den Rücksitz und befahl mir, mich zu ducken. Ich legte mich flach auf die Sitzbank und machte die Augen zu. Dann hörte ich, wie Dad in seiner Tasche herumkramte und etwas vor sich hin murmelte, während die Menge draußen herumgrölte und randalierte. Ein paar Minuten später erklärte er mir, ich könne wieder hochkommen. Alle anderen Autos auf der Straße waren umgekippt und angezündet worden. Unser Wagen dagegen war frisch geputzt und poliert und unter den Scheibenwischern klemmten mehrere Zwanzigeuroscheine.
    Jedenfalls habe ich die Tasche zu schätzen gelernt. Sie war unser Glücksbringer. Wenn mein Vater sie an sich drückte, brauchten wir das Glück allerdings auch dringend.
    Wir fuhren durch das Stadtzentrum Richtung Osten zum Haus meiner Großeltern. Wir passierten die goldenen Tore des Buckingham Palace und die große Steinsäule auf dem Trafalgar Square. London ist
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