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Heiße Nächte in Mexiko - Roberts, N: Heiße Nächte in Mexiko

Heiße Nächte in Mexiko - Roberts, N: Heiße Nächte in Mexiko

Titel: Heiße Nächte in Mexiko - Roberts, N: Heiße Nächte in Mexiko
Autoren: Nora Roberts
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fragte sie sich, ob diese großen Träume nicht vielleicht etwas mit seinem Tod zu tun hatten.
    Aber sie durfte jetzt nicht ihre ganze Zeit und Kraft darauf verwenden, darüber nachzugrübeln. Das Beste war, Jerrys Sachen in seinen Koffer zu verstauen und alles zur Polizei hinüberzufahren.
    Eine grausige Aufgabe. Das wurde ihr schon nach wenigen Minuten klar. Das Einzige, was sie je besessen hatte, war Privatsphäre, und in der Intimsphäre eines anderen Menschen herumzukramen, behagte ihr ganz und gar nicht. Liz faltete ein verwaschenes braunes T-Shirt zusammen, auf dem stand, dass sein Träger durch den Grand Canyon gewandert sei. Angestrengt bemühte sie sich, nicht darüber nachzudenken. Sie versuchte, überhaupt nicht zu denken, aber immer wieder tauchten Bilder von Jerry vor ihrem inneren Auge auf. Sie sah ihn vor sich, wie er Witze darüber riss, dass er ab jetzt mit einer Unmenge süßer Puppen schlafen würde – Faiths Puppensammlung im Regal. Sie sah wieder, wie er das verklemmte Fenster reparierte. Oder wie er Paella für sie beide zubereitete, um seinen ersten Gehaltsscheck zu feiern.
    Ohne Vorwarnung schossen Liz die Tränen in die Augen. Er war so voller Leben gewesen, so überzeugt von sich, dass er es schaffen würde, so voller Optimismus. Es war wirklich nicht genug Zeit gewesen, um ihn als Freund zu bezeichnen, aber er hatte im Zimmer ihrer Tochter geschlafen, und seine Sachen hingen in Faiths Schrank.
    Sie wünschte, sie hätte ihm interessierter zugehört, wäre freundlicher zu ihm gewesen, hätte sich zugänglicher und offener gezeigt. Er hatte sie des Öfteren zu einem Drink eingeladen, und sie hatte ihn abgewimmelt, weil sie die Buchhaltung oder irgendeinen anderen Papierkram zu erledigen hatte. Wie kleinlich und kalt ihr das jetzt erschien. Hätte sie ihm nur eine Stunde ihres Lebens geschenkt, hätte sie vielleicht von ihm erfahren, wer er war, woher er kam, warum er sterben musste.
    Als das Klopfen an der Haustür ertönte, presste sie die Handflächen an die Wangen. Es war albern von ihr zu weinen. Tränen hatten noch nie geholfen. Jerry Sharpe lebte nicht mehr, und es hatte absolut nichts mit ihr zu tun.
    Auf dem Weg zur Tür wischte sie sich die Tränen ab. Immerhin waren die Kopfschmerzen nicht mehr so schlimm. Liz beschloss, Moralas gleich anzurufen. Er sollte jemanden vorbeischicken und Jerrys Sachen abholen lassen. Schließlich hatte sie wirklich nichts mit all dem zu tun.
    Das sagte sie sich in Gedanken und zog die Tür auf.
    Einen Moment lang stand sie wie vom Donner gerührt da und konnte nur starren. Das T-Shirt, das sie noch in Händen hielt, glitt ihr aus den Fingern zu Boden. Sie taumelte einen Schritt zurück, ein ungutes Summen setzte in ihrem Kopf ein. Ihr wollte schwarz vor Augen werden, deshalb blinzelte sie angestrengt. Der Mann auf ihrer Türschwelle sah vorwurfsvoll auf sie herunter.
    „Jer…Jerry“, brachte sie mühsam hervor und hätte fast aufgeschrien, als der Mann einen Schritt vorwärts machte.
    „Elizabeth Palmer?“
    Sie konnte nur stumm und benommen den Kopf schütteln. Panik wollte in ihr aufsteigen, sie ermahnte sich, dass sie nicht an übernatürliche Dinge glaubte, sondern mit beiden Beinen fest im Leben stand. Sie war praktisch veranlagt, war eine realistische Frau … Wenn jemand starb, kehrte er nicht unter die Lebenden zurück. Und doch … Hier stand sie in ihrem Wohnzimmer unter den sich drehenden Deckenventilatoren und schaute zu, wie Jerry Sharpe ihr Haus betrat. Sie hörte auch, wie er sie wiederholt ansprach.
    „Sind Sie Liz Palmer?“
    „Ich hab dich doch gesehen!“ Sie hörte ihre eigene Stimme, fremd und seltsam schrill, ihre Augen hafteten aufgerissen auf seinem Gesicht. Dieses attraktive Gesicht, das Grübchen im Kinn, die grauen Augen unter den schwarzen Brauen. Ein Gesicht, das jede Frau zu einem Wagnis einlud – oder sich zumindest mehr Risikobereitschaft wünschen ließ. „Wer sind Sie?“
    „Jonas Sharpe. Jerry war mein Bruder. Genauer, mein Zwillingsbruder.“
    Ihr wurde bewusst, dass ihre Knie zitterten, also setzte sie sich lieber. Nein, Jerry war das ganz sicher nicht, versuchte sie sich zu beruhigen. Das Haar war ebenso dicht und ebenso dunkel, aber die ungekämmte Unordnung von Jerrys Haaren fehlte völlig. Das Gesicht war ebenso attraktiv, ebenso markant, aber Jerrys Augen hatten sie niemals so hart und kalt glitzernd angesehen. Die ganze Haltung dieses Mannes strahlte eisern gezügelte Gefühle und Ungeduld aus. Es
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