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Heiraten für Turnschuhträgerinnen

Heiraten für Turnschuhträgerinnen

Titel: Heiraten für Turnschuhträgerinnen
Autoren: Filippa Bluhm
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Himmel ist blau, die Sonne lacht, und tatsächlich, fast alle Parkplätze sind belegt. Ich juble innerlich. Die Party kann beginnen! Wenn ich meinen Zustand heute Morgen als »nervös« bezeichnet habe, dann weiß ich nicht, was das hier ist. Mir schlägt das Herz bis zum Hals … ach was, bis in die Wimpern!
    Ich laufe ins Bad, gucke in den Spiegel und sehe, dass mein Haar vorzüglich sitzt. Wenn man Locken hat, ist das manchmal so: je kürzer die Nacht, desto besser die Frisur. Ich muss lachen, so froh bin ich: Ich muss mir die Haare nicht waschen und föhnen! Georg springt nach einer Rekorddusche auf einem Bein durchs Bad und versucht, sich zwischen den Zehen abzutrocknen. Ich werfe ihm Unterhose und Socken zu und schlüpfe, während ich ganz, ganz festausatmend den Bauch einziehe, in mein Kleid. Vorsichtig schließe ich den Reißverschluss an der Seite. Sitzt. Ich lasse den Bauch langsam locker. Sitzt immer noch! Herrlich! Und ganz ohne Bauch-weg-Höschen!
    »Scheiße!«, schreit Georg. »Scheiße, Scheiße, Scheiße!« Er rennt zum Kleiderschrank, zurück ins Bad, zur Zimmertür. Zwei Minuten später sehe ich ihn nur in Unterhose und Socken über den Parkplatz flitzen. Kristin, die ihm am Arm eines hochgewachsenen, dunkelhaarigen Mannes entgegenkommt, grinst, aber Georg bemerkt sie nicht.
    »Kristin!«, rufe ich aus dem Fenster.
    Sie sieht zu mir hoch, winkt und lacht dabei übers ganze Gesicht. So habe ich sie noch nie strahlen sehen.
    »Kristin!«, rufe ich noch mal. »Wir sehen uns in der Kirche!«
    »Ja!«, ruft sie zurück. »Ich freue mich!«
    Kurz darauf kommt Georg zurück ins Zimmer. Das Erstbeste, das er in die Finger kriegt, ist sein Jackett, er packt es und wirft es mit Karacho auf den Boden, wie ein Kind sein blödes Spielzeug.
    »Scheiße!«
    »Was ist denn?«
    »Ich habe mein Hemd vergessen!« Er schaut mich völlig fassungslos an, lässt sich auf die Bettkante sinken und reibt sich mit den Händen übers Gesicht.
    »O nein«, sage ich.
    »Doch!«
    »Dann können wir nicht heiraten!«, ziehe ich ihn auf, ich bin so gut gelaunt, mich könnte jetzt nicht einmal eine plötzliche Unwetterfront aus der Ruhe bringen.
    »Doch!«, sagt er mit verzweifelter Stimme.
    »Aber wie?«, frage ich und grinse innerlich, denn ich weiß etwas, das er offensichtlich vergessen hat.
    »Ich weiß auch nicht, Lotte. Was mach ich denn jetzt?«
    »Hm«, sage ich wie Sherlock Holmes, wenn er grübelt, und schlendere ganz cool zum Koffer. Ich fummle an meinem nicht vorhandenen Kinnbart herum und bücke mich wie nebenbei. »Wie wär’s denn damit?« Triumphierend schwenke ich die Pappschachtel, in der fabrikneu sein Ersatzhemd liegt.
    »Oh«, sagt er. »Das hatte ich ganz vergessen.«
    Ich werfe ihm die Pappschachtel zu, dann laufe ich ins Bad, um mich endlich mit der wasserfesten Wimperntusche und dem lichtreflektierenden Abdeckstift zu verzieren. Die Augenringe sind zum Glück nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte.
    »Lotte!«, kommt eine weinerliche Stimme aus dem Schlafzimmer.
    »Ja, Schatz? Was ist?«
    Plötzlich steht Schatz kreidebleich in der Badezimmertür: »Das Hemd ist völlig zerknittert!«
    Ich lege die Wimperntusche wieder beiseite.
    Mist.

    »Haben Sie ein Bügeleisen?«, frage ich atemlos, als ich Frau Kronfeld von Bismarck endlich auf der Terrasse finde. Sie spritzt gerade die Steinplatten mit einem Gartenschlauch ab und guckt überrascht, als sie mich im Brautkleid, aber barfuß auf den nassen Fliesen stehen sieht.
    »O nein«, sagt sie und hebt bedauernd die Schultern. »Tut mir leid, das habe ich eben verliehen.«
    »An wen?«, frage ich und fange schon wieder an zu trippeln.
    »An einen Ihrer Gäste.«
    »An wen ?« Meine Stimme wird panisch.
    »Tut mir leid. Eine Frau, glaube ich«, sagt sie, dreht den Gartenschlauch ab und sieht mich ratlos an.
    Eine Minute später laufe ich die Hotelflure auf und ab, klopfe an alle Türen und schreie das halbe Haus zusammen. Freunde, die mich begrüßen wollen, vertröste ich mit gehetztem Blick auf später. Wahrscheinlich denken sie, ich sei kurz davor, völlig durchzudrehen, was mir egal ist. Ich meine, hallo? Viel kränker wäre es doch, am Tag seiner eigenen Hochzeit nicht durchzudrehen.
    »Und?«, fragt Georg, als ich wieder auf dem Zimmer bin. Er steht vor dem Badezimmerspiegel, hat Panik in den Augen und Rasierschaum im Gesicht. Seine Anzughose hat er schon an, das Jackett dazu baumelt am Knauf des Kleiderschranks.
    »Frau Kronfeld von Bismarck steht
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