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Heimkehr der Vorfahren

Heimkehr der Vorfahren

Titel: Heimkehr der Vorfahren
Autoren: Eberhardt del'Antonio
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in einer Astronautischen Zeitschrift, Jahrgang zweitausenddreihundertzwölf. Über Kybernetik auf der Kosmos. Lesen Sie…« Er reichte ihr die Zeitschrift über den Tisch. Es handelte sich um einen Artikel, in dem noch einmal die Kosmos-Expedition, ihre Aufgabe und ihr Opfermut gewürdigt wurden. Der Verfasser wies darin nach, daß keine Rückkehr mehr möglich sei. Die Triebwerke hätten ihre vorbestimmte Lebensdauer überschritten. Das System der Triebwerkskühlung müsse infolge extremer Temperaturunterschiede längst zerstört sein, damit aber auch das Triebwerk selbst. Der Verfasser stützte sich auf Materialangaben des Jahres 2000 und auf moderne Methoden der Analyse. Seine Schlußfolgerungen waren mathematisch einwandfrei.
Vena war bestürzt. Sie hatte, wenn sie an die KosmosExpedition dachte, immer ihre Mutter vor Augen gehabt. Mutter, dachte sie, Mutter! Sie stützte die Stirn in die Hand und schloß die Augen.
»Die Berechnungen stimmen«, sagte der alte Mann. »Ich habe sie vom Rechenzentrum überprüfen lassen.« Vena nickte dankend.
Ausgerechnet ein kybernetisches System nahm ihr die Hoffnung. Als Wissenschaftlerin konnte sie sich dem mathematischen Beweis nicht verschließen.
Sie wurde sich der Anwesenheit des Direktors bewußt und richtete sich auf.
»Entschuldigen Sie. Da kann man nichts machen. Was noch an kybernetischen Unterlagen vorhanden ist, kann ich wohl fotokopieren? Ich reise morgen ab!«

V
    In der neunten Morgenstunde traf Vena in Atomos ein. Sie hatte sich nicht angemeldet und war froh, noch einige Stunden allein zu sein, ehe sie Raiger gegenübertreten mußte. Nur gut, daß sie ihm nichts von ihrem Antrag erzählt hatte, nichts von der Kosmos und nichts von ihren Zweifeln.
    Sie stellte ihr Gepäck zur Seite, legte den Mantel ab und ließ sich in den Sessel fallen.
Jetzt ausspannen!
Sie fand keine Ruhe. Erst mußte sie Onkel Maro sprechen, ihm alles anvertrauen. Wenn sie jemand verstand, dann war es Onkel Maro. Sie rief ihn an. Sein Gesicht erschien auf dem Bildschirm. Er nickte ihr lächelnd zu. »Servus, Vena, schon zurück?«
Sie erzählte ihm von dem Artikel der Astronautischen Zeitschrift. Die Art, wie er zuhörte, konzentriert und verständnisvoll, gab ihr Ruhe und Sicherheit zurück.
Sein Gesicht war von seltener Ausdrucksstärke, die Miene wechselte vom Bedauern zur Zustimmung, so daß seine Meinung zu fast jedem Wort, das Vena sprach, sichtbar wurde. Vor allem seine Augen bestimmten das Mienenspiel, und trotz Skepsis und Ironie, die mitunter in ihnen aufblitzten, lag doch eine beständige Wärme in ihnen.
»Jetzt bist du also auch überzeugt, daß die Kosmos nicht zurückkehrt?« fragte Maro, als Vena schwieg.
»Es gibt eine schwache Stelle – die Materialangaben vom Jahre zweitausend. Aber den Kunststoff gibt es nicht mehr, ich kann die Angaben nicht überprüfen.«
Maro sah sie nachdenklich an. »Diaron hieß der Kunststoff. Bleib am Schirm, ich rufe das Lexikon an.«
Vena sah, wie er zum Fernschreiber ging, die Nummer des Lexikons wählte und dann auf den Tasten das Stichwort schrieb. Aus seinem Fotokopiergerät fiel ein Blatt. Er nahm es auf und kam zurück. »Diaron war seinerzeit ein Spitzenerzeugnis. Aber bei extrem kalten Temperaturen hatte es eine begrenzte Lebensdauer, das stimmt. Deshalb wurde kurz danach eine neue Variante entwickelt, zudem mit billigerem Herstellungsverfahren. Für Diaron gibt es keine technische Voraussetzung mehr. Moment mal…« Er sah auf und lächelte. »Ich hole dich in zwei Stunden ab. Wir gehen alle Fragen noch einmal durch. Einverstanden?«
»Und wohin fahren wir?«
»Mir kam da ein Gedanke, aber ob er was taugt? Also mach dich hübsch.« Er zwinkerte ihr zu. Der Bildschirm erlosch.
Vena legte die Reisekleidung ab und zog sich ein enganliegendes Kleid über. Prüfend drehte sie sich vor ihrem Fernsehbild, ordnete ihr langes Haar, zupfte die Augenbrauen zurecht und trieb all den Aufwand, den das Schönsein erfordert. Wenn sie Onkel Maros Zuneigung auch nicht erwiderte, darauf verzichten wollte sie nicht. Deshalb auch das enge Kleid; doch es war braun, und braun verhieß zwar freundschaftliche Verbundenheit, ließ aber das Begehren vermissen. Dieser Hinweis erschien ihr notwendig, wenn sie allein mit Onkel Maro zusammentraf.
Er lächelte, als sie ihm entgegentrat, und half ihr beim Einsteigen durch die breite Schiebetür des Wagens, mit dem er gekommen war. Dann nahm er selber Platz, wählte »Selbststeuerung« und bediente den Fahrschalter.
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