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Heillose Zustände: Warum die Medizin die Menschen krank und das Land arm macht (German Edition)

Heillose Zustände: Warum die Medizin die Menschen krank und das Land arm macht (German Edition)

Titel: Heillose Zustände: Warum die Medizin die Menschen krank und das Land arm macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Bartens
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motiviert sind. Laut dem Report »Krank im Krankenhaus« der Allianz infiziert sich jeder zehnte Patient in Europa in der Klinik – drei Millionen Menschen. Häufig werden diese Infektionen von Erregern ausgelöst, die inzwischen mehrfach resistent gegen Antibiotika sind. Experten zufolge wäre mindestens ein Drittel dieser Infektionen vermeidbar, wenn Ärzte und Pfleger Hygienerichtlinien besser kennen oder anwenden würden. Das zeigt sich an unterschiedlichen Infektionsraten: Während in einigen deutschen Kliniken nur jeder hundertste Keim gegen die üblichen Antibiotika resistent ist, ist es in anderen jeder dritte.
    »Es gibt Ärzte, die desinfizieren sich nicht mal vor einem Verbandswechsel die Hände«, sagt Schrappe. Was das bewirken kann, zeigt die Geschichte des Kindbettfiebers. Im 19. Jahrhundert starben in den Kliniken Europas Tausende Frauen daran. Am Allgemeinen Krankenhaus zu Wien machte in den 1840er Jahren Ignaz Philipp Semmelweis eine weitreichende Beobachtung: In einer Abteilung, in der Studenten Hand anlegten, kam es viel häufiger zu Infektionen. Die Studenten kamen direkt aus dem Pathologiesaal vom Sezieren der Leichen. Ohne sich die Hände gewaschen zu haben, untersuchten sie die Frauen. Semmelweis ordnete Händewaschen mit Desinfektion an. Von Ärzten wurde er dafür massiv angefeindet. Doch innerhalb weniger Wochen sanken die Krankheits- und Todesfälle – um fast die Hälfte.

Nutzlose Tests für Todkranke
    Wenn das Haus brennt, kann man getrost darauf verzichten, noch die Fenster zu putzen. Diese Einsicht ist selbstverständlich, in der Medizin hat sie sich aber offenbar nicht überall durchgesetzt. Anders sind die Studienergebnisse amerikanische Krebsexperten kaum zu erklären. Sie berichten, dass bei einem erheblichen Anteil von Tumorpatienten im fortgeschrittenen Stadium Untersuchungen zur Früherkennung von Krebs stattfinden – auch wenn die Kranken im Durchschnitt nur noch zwei Jahre zu leben haben. [122]  
    »Patienten werden unnötigen Risiken durch anschließende Untersuchungen, Biopsien und den psychischen Stress ausgesetzt«, sagt Camelia Sima vom Memorial-Sloan-Kettering-Krebs-Zentrum in New York. Sie hatte mit ihrem Team 87000 Patienten, die älter als 65 Jahre waren, in ihre Studie eingeschlossen. Obwohl die Kranken an ausgeprägtem Lungenkrebs, Dickdarmkrebs, Brustkrebs oder an Tumoren der Bauchspeicheldrüse oder von Magen oder Speiseröhre litten, nahmen sie an diversen Früherkennungsprogrammen teil. Definitionsgemäß sollen beim Screening beschwerdefreie Gesunde untersucht werden.
    Neun Prozent der älteren Damen erhielten dennoch eine Screening-Mammographie der Brust. Ein Pap-Abstrich am Gebärmutterhals wurde bei 5,8 Prozent genommen. Bei 15 Prozent der Männer bestimmten Ärzte im Blut das PSA zum Screening von Prostatakrebs. 1,7 Prozent der Patienten unterzogen sich trotz fortgeschrittenen Krebsleidens sogar einer Darmspiegelung zur Früherkennung. Hatten Patienten zuvor an Screening-Programmen teilgenommen, waren die Untersuchungen noch häufiger.
    Die Autoren sind verärgert über die überflüssigen Untersuchungen und schaffen es kaum, dies in der nüchternen Fachsprache zu verbergen. Die Krebsexperten sprechen von »tief eingegrabenen Gewohnheiten« oder einer Screening-Routine »auf Autopilot«. Eine andere Erklärung wäre auch nicht schmeichelhaft für die Kommunikation der Ärzte: Demnach versäumen es viele Mediziner, ihren Patienten die schlechte Prognose ihres Krebsleidens mitzuteilen, und führen deshalb unnötige Früherkennungstests weiter fort, obwohl sie den Patienten keinerlei Nutzen mehr bringen können.

Grüne Giraffen und andere Beweise
    Es ist schwer, Absurdes gänzlich auszuschließen. Sollte es tatsächlich keine Rolle mehr spielen, ob ein Arzneimittel etwas nutzt? Die Folge wäre: Patienten droht ein Desaster. Arzneimittel sind nicht mehr sicher. Die Gesundheit von Millionen Menschen wird für Wirtschaftsinteressen geopfert. Alles Verschwörungstheorie? Mitnichten. Ärzte, Patienten und Arzneimittelexperten waren empört, als sie 2010 von den »Änderungsanträgen zum Gesetzentwurf zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes« hörten, die FDP und CDU/CSU auf den Weg gebracht haben. Schon 2011 wurde das neue Gesetz gültig.
    Vordergründig klang der Plan des damaligen Gesundheitsministers Philipp Rösler ja gut. »Wir entlasten Ärzte von bürokratischen Regelungen, wir schaffen Transparenz für die Versicherten, und wir sorgen für einen

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