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Heike Eva Schmidt

Heike Eva Schmidt

Titel: Heike Eva Schmidt
Autoren: Purpurmond
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getroffen hatte, als ich einen Laut hörte, der wie unterdrücktes Gelächter klang. Im ersten Moment dachte ich allen Ernstes, es käme von dem Apfel, der mich nun auch noch auslachte, nachdem er schon so gezielt auf mich draufgefallen war. Doch als ich den Kopf drehte, sah ich in ein paar Metern Entfernung eine schlanke Gestalt im Gegenlicht. Ich konnte nicht erkennen, ob es ein Junge oder ein Mädchen war, denn die tiefstehende Sonne schien mir frontal ins Gesicht.
    »Sehr witzig«, fauchte ich und rappelte mich hoch. Am liebsten hätte ich den Apfel nach diesem Scherzkeks geworfen, aber weil ich im 17. Jahrhundert genug Ärger gehabt hatte, ließ ich es lieber bleiben.
    »Sorry«, hörte ich eine tiefe Stimme, und damit war wenigstens klar, dass es nicht Sina oder eine ihrer Freundinnen war, die sich über mein Missgeschick amüsierten. Hätte mich aber auch gewundert, denn seit der denkwürdigen Nacht im Keller des Drudenhauses hatte sich meine ehemalige Erzfeindin in Miss Zuckerschnute verwandelt und überschlug sich beinahe vor Freundlichkeit. Ich hielt mich trotzdem von ihr fern. Meine Clique, die ich beim Badmintonspielen im Hainpark kennengelernt hatte und mit der ich mich den ganzen Sommer über zum Baden und Grillen an verschiedenen Seen der Umgebung getroffen hatte, genügte mir.
    Der Spötter war inzwischen näher gekommen. Mit der Hand schirmte ich meine Augen gegen die Sonne ab und musterte ihn finster. Er war bestimmt einen halben Kopf größer als ich. Mein innerer Computer hatte ihn blitzschnell von oben bis unten abgescannt: Dunkles, halblanges Haar, Jeans und eine coole Jacke. Alter: 17 oder 18. Auf die Entfernung sah er ziemlich gut aus. Trotzdem beschloss ich, ihn auf jeden Fall unsympathisch zu finden.
    »Sorry, ehrlich«, wiederholte der Typ und kam noch ein paar Schritte näher. »Aber das sah gerade aus wie für ’nen Comedy-Clip gedreht …«
    »Jaja, da lacht der Primat! Bestimmt stehst du auch auf die Witze von Mario Barth«, ätzte ich zurück.
    Zu meiner Überraschung kriegte ich weder ein »Arrogante Zicke« an den Kopf geworfen, noch ergriff der Junge die Flucht. Im Gegenteil, er fing an, laut zu lachen. Und zwar so ansteckend, dass ich wider Willen mitlachen musste.
    »Okay, ich schwöre, ich werde dich nie wieder auslachen. Und meine Mario-Barth-DVD stell ich sofort bei eBay ein«, grinste der Unbekannte.
    Dann streckte er mir in einer versöhnlichen Geste die Hand entgegen. »Yannik, by the way. Wenn ich schon ’nen schlechten Humor hab’, dann wenigstens gute Manieren.«
    Ich griff zögernd nach seiner Hand. »Caitlin, aber alle sagen Cat«, murmelte ich mit gesenktem Blick. Plötzlich war ich verlegen. Das passierte mir immer, wenn mir ein Junge gefiel und er sich nicht von meiner großen Klappe abschrecken ließ. Und Yannik gefiel mir, nicht nur wegen seines Äußeren.
    Vorsichtig hob ich den Blick. Ich sah ihm ins Gesicht – und zuckte unwillkürlich zusammen. Seine Augen! Ich kannte seine Augen! Auch Yannik schien zu stutzen, als er mich näher betrachtete. Seine grauen Augen weiteten sich, und sein selbstsicheres Grinsen verwandelte sich in ein fragendes Lächeln.
    »Ich … also, ich will ja nicht blöde rumlabern, aber ich habe das Gefühl … wir kennen uns?«, sagte er, und seine Ratlosigkeit war ihm deutlich anzuhören.
    Ich konnte ihn nur fasziniert anstarren. Ich tauchte ein in seinen Blick wie in das steingraue Wasser der herbstlichen Nordsee. Ich hörte Jakobs Stimme flüstern: »Die Liebe bewegt die Sonne und alle Sterne.« Es war, als hätte ich ihn in Yanniks Augen wiedergefunden.
    Seine Stimme riss mich aus meiner Trance.
    »Nicht dass du denkst, ich will dich blöde anmachen, so nach dem Motto: ›He, wir kennen uns doch aus einem früheren Leben‹, aber …« Yannik stockte.
    Ich lachte ihn an. »Und? Wäre das so schlimm?«
    »Was jetzt, die Anmache oder dass ich an Wiedergeburt glaube?«, konterte er.
    »Beides. Also, beides wäre nicht schlimm, ich meine … rein theoretisch …« Er hatte mich aus dem Konzept gebracht. Genau wie Jakob damals.
    Er holte tief Luft. »Was hältst du davon, die Reinkarnationstheorien bei einem Eisbecher zu diskutieren?«, fragte er grinsend.
    Ich nickte würdevoll: »Gerne. Aber komm mir ja nicht mit Cleopatra und Cäsar.«
    »So sauer, wie du mich vorhin angefunkelt hast, dachte ich eher an Bonnie und Clyde«, gab er zurück, und dann mussten wir beide lachen. Und während wir uns auf den Weg machten, den Michaelsberg
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