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Heidi Klum - Chamäleongesicht. Biographie (German Edition)

Heidi Klum - Chamäleongesicht. Biographie (German Edition)

Titel: Heidi Klum - Chamäleongesicht. Biographie (German Edition)
Autoren: Berndt Rieger
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Unverwechselbare, das sie zu Heidi Klum gemacht hat? Ihr Gesicht gibt darüber keine Auskunft. Es sieht immer etwas anders aus, und scheint eher andere Gesichter nachzuahmen. Die Gefühle, die sich auf diesem Gesicht spiegeln, sind Schauspielerei, wie Heidi selbst sagt, sie dienen der Pose, die der Fotograf einfordert. Ihre Kunst besteht nicht darin, ihr Inneres auszudrücken, sondern eine Oberfläche für Projektionen zu sein, die nie unansehnlich ist. Heidi ist auf jeder Aufnahme schön, die Fotografen von ihr gemacht haben. Sie kann offenbar nicht hässlich wirken, selbst wenn sie manchmal unkenntlich ist. Das kann man besonders gut auf der Einbandinnenseite ihres 2004 erschienenen Buchs erkennen, wo Heidi hundert Mal auf Titelblättern amerikanischer Magazine zu sehen ist. Mindestens auf der Hälfte davon würde man darauf schwören können, dass es sich bei der Betreffenden, die hier dargestellt ist, niemals um Heidi Klum handeln würde. Außer in den Aufnahmen, in denen auch ihr Körper zu sehen ist. Der ist kenntlich, der ist auch eine Marke. Überspitzt formuliert könnte man sagen, dass Heidis Körper ausdrucksvoller ist als ihr Gesicht, zumindest was den Wiedererkennungswert betrifft. Andererseits aber ist es verblüffend, wie wandlungsfähig und ausdrucksvoll dieses Gesicht der Heidi Klum sein kann. Es spielt eine breite Palette weiblicher Mimik durch, wirkt mal blasiert, mal kumpelhaft, mal lasziv, mal unschuldig, mal erdverbunden, mal nüchtern und trunken, intellektuell und dümmlich, humorvoll und humorlos, ernsthaft und flatterhaft, mütterlich und kindlich … die Liste ist endlos. Es sind viele Frauen, die sich hier spiegeln, und das Geheimnis der Projektionsfläche, die Heidis Gesicht abgibt, liegt darin, alle diese Frauen und zugleich keine zu sein. Denn die Jagd nach der „ultimativen Frau“ kann auch ein Nullsummenspiel sein. Wer alle Phantasien davon bedient, wie die ideale Frau auszusehen hat, löst sich vor dem Betrachter in Luft auf. Oder es gelingt, dabei ein Bild wie Heidi Klum zu weben. Wie sehr Heidi die Phantasie vieler Frauen zwischen 20 und 40 beherrscht, kann man sehr gut an der amerikanischen Chick-Lit der letzten Jahre ablesen, Romanen junger Autorinnen, die darin vorzugsweise ihre Befindlichkeit als Frauen im 21. Jahrhundert ausbreiten. Ungewöhnlich viele von ihnen sprechen zumindest an einer Stelle darüber, wie es wäre, wie Heidi Klum auszusehen oder Sex wie Heidi Klum zu haben oder sie erwähnen Phantasien von Männern über eine Begegnung mit Heidi Klum oder zumindest einer Frau, die an Heidi Klum erinnert. Heidi wird in diesen Phantasien als Idealbild empfunden, als Prototyp der begehrenswerten Frau schlechthin.
    Auch Heidis öffentliche Auftritte, durchwoben von spontanen Äußerungen, sind letztendlich vor allem eines: Kalkuliert. Sie stellen keine Stimmungen dar, sagen nicht, wie etwas ist, sondern bezwecken eine Wirkung. Je nachdem, was dann gefordert ist, können das tiefsinnige Anmerkungen sein, oder oberflächlicher Spaß. Mal gibt sie das Klischeebild einer dümmlichen Blondine ab, ist lustig, um am Set Stimmung zu machen, damit schöne Bilder entstehen. Ein anderes Mal, wie in Germany’s Next Topmodel ist sie die kalte Domina, die Disziplin und Fleiß einfordert. Nicht aber, weil sie jungen Frauen zeigen möchte, „wo der Hase lang hoppelt“, sondern weil Sendungen dieser Art nur funktionieren können, wenn sie auch ein gehöriges Maß an Emotionen bedient. Wenn es dabei um ihre Rolle als Unternehmerin geht, ist sie aufmerksam, sprüht vor Energie und Humor und spielt die Rolle der gewitzten, mit allen Wassern gewaschenen Chefin mehr, als das im Alltag überhaupt einlösen zu wollen. Und wenn sie jemand auf ihre Sensibilität anspricht, kann sie sich auch – wenn auch selten - als einfühlsame, weltfremde Künstlerin geben, als große Seele im Universum. Ebenso ist Heidi bekannt dafür, sich immer wieder einmal öffentlich als sexbesessenes Luder zu outen. Hier spart sie nicht mit aufregenden Details wie Verbrennungen an den Knien, die bei Sexspielen auf dem Teppich entstehen können, um im nächsten Moment ebenso überzeugend in die Rolle der fürsorglichen Ehefrau und Mutter schlüpfen zu können. Gerade dieser Wechsel hat Frauen ihrer Generation zur Identifikation eingeladen und auch politisch einiges bewirkt. So ist es heute nichts Besonderes mehr, wenn bei der Präsentation von Reizwäsche schwangere Frauen über Laufstege stolzieren. Heidi hat hier als
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