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Heart beats sex

Heart beats sex

Titel: Heart beats sex
Autoren: Johanna Driest
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Einsehen. Was meinst du?«
    »Ja.«
    »Das Äußere spielt sicher eine Rolle, das bestreite ich nicht, aber das wird es doch nicht alleine sein.«
    »Nein.«
    »Also?«
    Ich starrte ihn verblüfft an. Wie sollte ich wissen, was denen in der Schule gefiel, ich kannte sie ja noch gar nicht, wer weiß, was für Typen das wären. »Keine Ahnung.«
    »Vielleicht weißt du, wie du denen in der untersten Klasse gefallen könntest.«
    »Den Anfängern?« Ich spürte meine Wut über diese blöde
Frage. Wie sollte ich denen gefallen? Und vor allen Dingen, warum?
    »Also?«
    »Ich könnte Schokolade an sie verteilen«, sagte ich mit Verachtung.
    »Das hast du aber nicht auf dem Zettel, hier steht nur eine getönte und deckende Creme von Kanebo, einen Korrekturstift und Puder vom Body Shop, Rouge und einen Kajalstift von Chanel, ein Lipgloss von Lancôme, eine Pinzette, einen Blusher und ein Epilliergerät. Nix von Schokolade.«
    Ich schnaufte wütend. »Vielleicht essen die gar keine Schokolade. «
    »Eben. Könnte auch sein. Wie also erreichst du, dass die Menschen dich mögen?«
    Ich machte auf dem Absatz kehrt und ging davon. Es war bestimmt nicht mein Problem, dass alle Menschen mich mochten, einschließlich der Erstklässler.
    Natürlich brachte er abends beim Essen wieder das Gespräch darauf und fragte, wenn das nicht mein Problem wäre, welches dann?
    Ich hatte mir vorgestellt, dass auf Ibiza das Leben etwas lockerer sein würde als in Berlin, schließlich ist mein Vater Künstler, mein Bruder Justin eine Lusche, und Anna war bis dahin immer nett zu mir gewesen. Und nun? Um zehn schlafen gehen, um sechs aufstehen, nach der Schule sofort die Schularbeiten, dann Höfe fegen und im Haushalt helfen … Mein Gott, wann hätte ich Zeit, Freundschaften zu knüpfen?
    »Wann kann ich denn meine Freunde sehen?«
    »Du hast doch hier gar keine«, sagte Anna.
    Bisher war mein Leben immer einfach gewesen, ich wollte etwas haben, und ich bekam es. Und so einfach sollte mein
Leben auch bleiben. Ich brauchte einfach eine Lösung, um an das Make-up zu kommen, das war alles, und ich war sicher, es würde sich was finden, ich musste nur auf der Hut sein.
    Das war ein Irrtum, wie ich in den nächsten Tagen herausfinden sollte. Zweimal am Tag kam meine Spanischlehrerin, um mir die ersten Grundlagen beizubringen, weil nach Englisch die zweite Sprache in der Schule Spanisch war. In der übrigen Zeit, so hieß es, sollte ich pausenlos Vokabeln lernen. Und dann sollte ich mich noch an irgendwelchen Sachen beteiligen wie Unkraut zupfen, die Springbrunnen und Bassins sauber halten, Fische füttern, Katze entzecken, Pool reinigen, Vorratskammern aufräumen, Küche putzen, Kühlschränke abtauen. Mamis Wohnung in Berlin war klein, mit all so ’nem Zeugs hatte ich nichts zu tun gehabt. Wir hatten nicht mal Zierfische auf dem Fensterbrett. Keine Ahnung also, wie ich unter diesen Umständen zu einer Person werden sollte, die man extra ins Städtchen fahren würde, damit sie sich ihr Make-up kaufen konnte. Es war ein wirkliches Problem, und mehrere Abende vor dem Einschlafen sann ich darüber nach, wie dieses Problem zu lösen wäre.
    Mir fiel ein, dass Papi uns als Kinder immer für irgendwelche besonderen Leistungen belohnt hatte, also wäre das vielleicht ein Weg. Doch welche Leistung sollte ich erbringen, wenn der ganze Tag mit all diesen »normalen« Tätigkeiten ausgefüllt war?
    Mir fiel Annas Empfehlung ein, die Tibeter zu machen. Da Papis Vorliebe philosophische Vorträge waren, fragte ich ihn bei der nächstbesten Gelegenheit, was er davon hielte, wenn ich jeden Tag Tibeter machen würde.
    Es klappte, er fing sofort Feuer und erklärte, dass die Fünf Tibeter einfache Übungen seien, beschrieb gleich noch verschiedene Yogapraktiken, verglich sie mit westlichem Leistungssport
und kam schließlich wieder auf die Tibeter zurück, indem er mit einem Blick in die Ferne Richtung Meer sagte: »Die Tibeter sind einfach. Doch die Schwierigkeit ist es, sie zu machen.«
    Wegen solcher Äußerungen hatte Mama ihn gehasst. Nach so einem Spruch hätte sie echt alle Tibeter in die Tonne gehauen. Entweder sind sie einfach oder sie sind es nicht, aber von Tibetern, die sowieso keiner macht, redet doch keiner.
    »Was meinst du damit?«, fragte ich artig, denn er hatte mir schon dreimal erklärt, dass die Schüler Epikurs zuallererst lernen mussten, lange zu schweigen und zuzuhören, bevor sie etwas sagen durften. Natürlich wusste ich erst mal nicht, wer
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