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Hawkings neues Universum

Hawkings neues Universum

Titel: Hawkings neues Universum
Autoren: Franckh-Kosmos-Verlags-GmbH und Co. <Stuttgart>
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Kilometer weiter nördlich, in der Kleinstadt St. Albans. Sie galten dort als exzentrische Außenseiter – auch weil Frank Hawking sehr sparsam war, das Haus kaum renovierte, keine Zentralheizung einbauen ließ und mit einem alten Londoner Vorkriegstaxi herumfuhr, dem eine Wellblechbaracke als Garage diente. „Die Nachbarn waren schockiert, konnten aber nichts dagegen tun. Wie die meisten Jugendlichen hatte ich ein großes Konformitätsbedürfnis und fand das Verhalten meiner Eltern peinlich. Das hat sie aber nie gestört.“
    „Ich habe die Hawkings mehrfach zu Hause besucht“, erinnerte sich Basil King später, Stephens Mitschüler und Freund. „Wenn man dort zum Abendessen eingeladen war, durfte man sich zwar mit Stephen unterhalten, aber die anderen Familienmitglieder saßen am Tisch und lasen ein Buch – ein Verhalten, das in meinen Kreisen nicht gerade als schicklich galt, das man aber bei den Hawkings hinnahm, weil man ja wusste, wie exzentrisch sie waren – sehr intelligent, sehr klug, aber eben doch ein bisschen spinnert.“ Das Haus war mit Büchern vollgestopft. In den meisten Regalen standen sie in zwei Reihen hintereinander, und darauf lagen noch andere waagrecht. „Frank Hawking litt unter auffälligem Stottern. Wir glaubten alle, die Hawkings seien so intelligent, dass sie beim Sprechen nicht mit ihren Gedanken Schritt halten konnten.“ Auch Stephen verfiel manchmal in dieses „Hawkinesisch“.
    Die Aufnahmeprüfung in die St. Albans School, eine Privatschule, bestand er ohne große Mühe. Doch sein Ehrgeiz war nicht besonders ausgeprägt, so dass er nicht mit überdurchschnittlichen Leistungen glänzte. „In der Schule gehörte ich immer zum Durchschnitt der Klasse (es war eine sehr gute Klasse)“, resümierte er. „Meine Arbeiten machte ich sehr unordentlich, und mit meiner Handschrift brachte ich die Lehrer zur Verzweiflung.“ Dazu Basil King: „Stephen war der einzige mir bekannte Junge an der Schule, der ein Schönschreibheft führen musste, weil seine Schrift so miserabel war.“ Auch zählte Stephen zu jenen, die als Letzte in die Fußballmannschaften gewählt wurden, aber das machte ihm nicht viel aus. „Er war nicht sehr gut in der Schule, doch aus irgendeinem Grund galt er immer als sehr intelligent“, erinnerte sich Stephens Mutter. „Einmal hat er sogar den Preis im Religionsunterricht bekommen. Das war kein Wunder, denn sein Vater hatte ihm von früh an Geschichten aus der Bibel vorgelesen. Er kannte sie alle.“ Und seine Schwester Mary erinnerte sich: „Vaters Spezialität waren theologische Debatten, und wir machten alle mit. Das ist eine hübsche, sichere Sache – man kann auf Fakten und ähnlich störendes Zeug verzichten.“ Unter seinen Klassenkameraden erhielt Stephen den Spitznamen „Einstein“. „Als ich zwölf war, wettete einer meine Freunde mit einem anderen um eine Tüte Bonbons, dass ich es nie zu etwas bringen würde“, erzählte er einmal und fügte schmunzelnd hinzu: „Ich weiß nicht, ob diese Wette jemals entschieden worden ist, und wenn, zu wessen Gunsten.“ Stephen spielte gerne mit seiner elektrischen Eisenbahn und baute mithilfe eines Schulkameraden – er selbst war nie sehr geschickt – Modellflugzeuge und -schiffe. 1958 konstruierten die Freunde sogar einen Computer namens LUCE, der verschiedene logische Operationen ausführen konnte – und das zu einer Zeit, als Computer noch kaum verbreitet waren. Mehrere britische Zeitungen berichteten darüber und die Schulzeitung The Albanian prognostizierte sogar, dass in nicht zu ferner Zukunft jeder einen Computer in der Tasche haben könnte. Stephen liebte auch Brettspiele, wobei ihm Monopoly bald zu langweilig wurde, und er erfand zusätzliche Regeln und zeichnete weitere Felder auf den Spielplan. Dann entwickelte er neue Spiele. „Da gab es ein Produktionsspiel mit Fabriken, die verschiedenfarbige Produkte herstellten, Straßen und Schienenstränge, auf denen sie befördert wurden, und einen Aktienmarkt. Es gab ein Kriegsspiel, das auf einem Brett mit viertausend Quadraten gespielt wurde, und sogar ein Ritterspiel, bei dem jeder Spieler eine ganze Dynastie mit eigenem Stammbaum repräsentierte“, schrieb er in einem autobiographischen Artikel. Die Spiele dauerten Stunden, manche sogar eine ganze Woche. Später formulierte er eine interessante psychologische Deutung: „Ich glaube, diese Spiele entsprangen, genau wie die Eisenbahnen, Schiffe und Flugzeuge, meinem Drang herauszufinden, wie
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