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Havenhurst - Haus meiner Ahnen

Titel: Havenhurst - Haus meiner Ahnen
Autoren: Judith McNaught
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die vielen lachenden und schwatzenden, festlich gekleideten Gäste, die sich durch den Garten zum Ballsaal begaben, wo gleich das Tanzen beginnen würde. Die Herren in ihren Kniehosen aus weißem Samt und den bunten Westen und Gehröcken erinnerten sie an farbenprächtige Papageien. „Wen soll ich mir ansehen?“ fragte sie.
    „Mr. Ian Thornton natürlich, Dummchen! Aber jetzt kannst du ihn nicht sehen. Ein Rosenbusch verdeckt ihn.“
    „Wer ist Ian Thornton?“
    „Das ist es ja gerade — niemand weiß das so ganz genau!“ antwortete Valerie verschwörerisch. „Manche sagen, er sei der Enkel des Herzogs von Stanhope.“
    Wie alle jungen Debütantinnen hatte auch Elizabeth das „DeBrett’s Peerage“ studieren müssen, das in einem Buch zusammengefaßte Adelsverzeichnis, welches für die feine Gesellschaft fast so wichtig wie die Bibel war. „Der Duke of Stanhope ist doch ein alter Mann ohne Erben“, sagte sie nach einigem Nachdenken.
    „Natürlich, das ist bekannt. Aber man munkelt, Ian Thornton sei sein ...“ Valeries Stimme senkte sich zu einem Flüstern. .. sein illegitimer Enkelsohn.“
    „Der Herzog hatte nämlich einen Sohn“, führte Penelope aus. „Aber den hat er vor Jahrzehnten enterbt. Meine Mutter hat es mir erzählt. Es war seinerzeit ein ganz ungeheuerlicher Skandal.“
    Das Wort „Skandal“ sicherte Penelope allgemeine Aufmerksamkeit. „Der Sohn des Herzogs hatte nämlich eine Tochter eines schottischen Bauern geheiratet, der dazu noch irischer Abstammung war“, fuhr sie fort. „Ian Thornton könnte also durchaus Stanhopes Enkel sein.“
    „Beweise gibt es jedoch dafür nicht“, meinte Georgina. „Aber ich hörte, daß Thornton furchtbar reich sein soll“,
    erzählte Valerie. „Er soll kürzlich in einem vornehmen Pariser Spielsalon fünfundzwanzigtausend Pfund auf eine einzige Hand Karten gesetzt haben.“
    „Das hat er doch nicht getan, um seinen Reichtum zu beweisen“, sagte Georgina abfällig. „Das hat er vielmehr getan, weil er ein Spieler ist. Mein Bruder kennt ihn und sagt, Thornton sei ein ganz gewöhnlicher Spieler, eine Person ohne Herkunft, ohne Verbindungen und ohne Güter.“
    „Ja, das habe ich allerdings auch gehört“, gab Valerie zu und lugte wieder durch die Hecke. „Aber er sieht so gut aus, daß man ihm das alles beinahe verzeihen möchte. Oh, schau nur, Elizabeth, jetzt kannst du ihn sehen. Lady Mary Watterly wirft sich ihm praktisch an den Hals.“
    Die Mädchen beugten sich so weit vor, daß sie beinahe ins Buschwerk stürzten. Elizabeth hingegen gab sich keine Mühe. Sie wußte genau, wie die Kavaliere aussahen, bei denen ihre Freundinnen vor Begeisterung in Ohnmacht fielen. Es waren große, blonde, blauäugige Gecken im Alter zwischen einundzwanzig und vierundzwanzig Jahren.
    „Ich nehme an, unsere kleine Elizabeth verfügt über zu viele reiche Freier, als daß sie sich für einen einfachen Mister interessiert, wie schön er auch sein mag“, bemerkte Valerie mit mehr als nur einer Spur Bosheit in der Stimme.
    Das erschreckte Elizabeth, die sich durch ihre Ansichten bei ihren neuen Freundinnen nicht unbeliebt machen wollte.
    „So viele Freier habe ich nun auch wieder nicht“, versicherte sie rasch und lächelte Valerie an. „Und ich würde mir diesen Mann gern anschauen, wenn ich ihn sehen könnte. Er macht mich genauso neugierig wie euch.“
    Valerie und Penelope tauschten einen Blick aus. „Das erleichtert uns sehr, Elizabeth“, sagte Valerie. „Wir drei sitzen nämlich in einer gewissen Klemme, und wir hatten damit gerechnet, daß du uns da heraushilfst.“
    „Was für eine Klemme?“
    „Nun, die Sache ist die: Als Charise uns heute morgen erzählte, daß Ian Thornton tatsächlich kommen würde, waren wir natürlich alle furchtbar aufgeregt, aber sie behauptete, er würde von uns nicht die geringste Notiz nehmen, weil wir viel zu jung wären und nicht seinen Vorstellungen entsprächen.“
    „Da wird sie wahrscheinlich recht haben“, meinte Elizabeth sachlich.
    „Aber er muß von uns Notiz nehmen!“ Valerie warf den anderen beiden einen um Unterstützung heischenden Blick zu. „Er muß einfach! Wir drei haben nämlich mit Charise um unser ganzes Quartalsgeld gewettet, daß er eine von uns heute abend zum Tanz bittet. Und das wird er nicht tun, wenn wir nicht irgendwie sein Interesse erregen können.“
    Elizabeth faßte es nicht, daß jemand die Zuwendung für ein ganzes Quartal verwetten konnte, denn dabei handelte es sich um
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