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Havelwasser (German Edition)

Havelwasser (German Edition)

Titel: Havelwasser (German Edition)
Autoren: Jean Wiersch
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sein Büro und wählte von dort den Dauerdienst an. „Manzetti hier. Hat schon jemand Frau Becker aus dem Krankenhaus geholt?“
    „Herr Hauptkommissar, Sie möchten umgehend zu Direktor Claasen kommen“, antwortete ein Mann, dessen Stimme Manzetti nicht erkannte.
    „Haben Sie nun Frau Becker schon geholt?“
    „Nein. Aber darüber will der Direktor mit Ihnen reden.“ Manzetti überlegte kurz und beendete dann das Gespräch ohne weitere Worte.
    „Warte hier. Ich bin gleich zurück“, wies er Kerstin an und machte sich auf den Weg zu seinem Vorgesetzten. Die Tür zu Claasens Vorzimmer stand offen, wie auch die zu seinem Büro. Also gelangte Manzetti ohne zu klopfen bis zum Direktor.
    „Manzetti, setzen Sie sich hin“, knurrte Claasen ohne Begrüßung. „Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht?“
    „Wobei?“, fragte der völlig verdutzt.
    „Stellen Sie sich doch nicht dümmer, als Sie sind.“
    Manzetti machte einen Schritt nach vorn, und sein Blick fiel auf die Eckcouch schräg vor ihm und damit auf einen Mann, der Rechtsanwalt Gutendorf sehr ähnlich war. Auch er war sehr sorgfältig gekleidet. Beim Sitzen hatte er ein Bein über das andere geschlagen. Seine verschränkten Hände ruhten auf seinem Oberschenkel.
    Ganz anders Claasen, der sehr nervös hinter seinem Schreibtisch hin und her wanderte, wie ein Tiger im Käfig. „Was haben Sie sich nun dabei gedacht, Manzetti?“ Diesmal schrie er ihm die Frage entgegen.
    „Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen, Herr Direktor.“
    „Von Ihrem eigenmächtigen Vorgehen. Von der mehr als merkwürdigen Vernehmung dieser Frau Becker.“
    „Aber …“
    „Nichts aber. Gott sei Dank hat sich Herr Franz angeboten, die Verteidigung von Frau Becker zu übernehmen.“ Direktor Claasen sah nun zur Couch und nickte dem dort sitzenden Anwalt anerkennend zu.
    Das war also Kurt Franz. Ein Anwalt, der extra aus Kapstadt kam. Das hatte gewiss nichts Gutes zu bedeuten.
    „Ich wiederhole: Gott sei Dank, denn Ihr Alleingang war alles andere als gesetzeskonform.“ Mit diesen Worten setzte sich Claasen und forderte Manzetti auf, vor ihm Platz zu nehmen, sodass er Franz im Rücken hatte und sich in dieser Position gar nicht wohlfühlte.
    „Herr Franz“, polterte Claasen weiter, „hat gemeinsam mit dem Staatsanwalt und mir die gröbsten Ihrer Fehlleistungen wieder geradegerückt und unsere Direktion somit vor großem Schaden bewahrt.“
    „Aber“, versuchte Manzetti sich Gehör zu verschaffen, „die Vernehmung von Frau Becker sollte doch erst heute stattfinden.“
    „Solch einen Blödsinn habe ich lange nicht gehört“, kam es in nach wie vor unangemessener Lautstärke von Claasen. „Sie hat doch ein Geständnis abgelegt, oder nicht? Nach unserem Gespräch mit dem Staatsanwalt“, und wieder nickte er dem Rechtsanwalt zu, „haben wir veranlasst, die Frau noch gestern Abend in ein Haftkrankenhaus nach Berlin zu verlegen, weil dort ja auch der Tatort war. Also sind die Berliner Behörden zuständig, Manzetti.“
    „Das glaube ich nicht.“
    „Das glauben Sie nicht? Aha. Dann liegt wohl der Tierpark neuerdings im Land Brandenburg, oder was?“
    „Und die anderen Taten?“
    „Die sind auch in Berlin begangen worden. Sie hat die Leichen hier nur abgelegt.“
    „Woher wissen Sie das?“, fragte Manzetti sehr überrascht.
    „Sie ist noch gestern Nacht in Berlin vernommen worden und sie hat sogar ihr Geständnis unterschrieben, bevor sie sich das Leben nahm.“
    „Bevor sie was?“, schrie jetzt Manzetti mit gepresster Stimme.
    „Ja. Sie kam wohl mit den von ihr begangenen Verbrechen nicht mehr klar, zumal sie sowieso schwer krank war.“
    „Ich weiß. Sie hatte Krebs im Endstadium“, ergänzte Manzetti resigniert, denn die Verbindung von Geständnis und Kurt Franz ließ ihn Böses ahnen.
    „Krebs? Nein. Sie war HIV-positiv und hatte nur noch eine Lebenserwartung von ein paar Wochen“, erklärte Claasen und schien das wirklich zu glauben.
    „Quatsch“, fiel Manzetti ihm ins Wort. „Sie hatte Krebs und wollte vor ihrem Tod noch mit dem organisierten Verbrechen aufräumen.“
    „Manzetti, Sie sollten Urlaub machen. Sie sind ja völlig überarbeitet! Hier, in ihrem Geständnis steht doch alles schwarz auf weiß.“ Claasen reichte es Manzetti, der die vier Blätter in die Hand nahm, aber nicht lesen wollte.
    „Was hat sie ausgesagt?“
    „Das steht alles da drin. Sie war eine Bestie. Sie hatte erst ein Verhältnis mit Fred Weinrich und dann mit Martin
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