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Haushaltsschnecken leben länger

Haushaltsschnecken leben länger

Titel: Haushaltsschnecken leben länger
Autoren: Christine Nöstlinger
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wichtigen
    Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt lesen werden, war ja wohl klar!
    Daß wir ein Vierteljahrhundert später neben einem Herrn im Halbschlaf den Abend vor einem TV-Gerät, Salzmandeln
    mampfend und zwei-glatt-zwei- verkehrt strickend, zubringen werden, haben wir wahrlich nicht angenommen.
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    Daß wir den Nachwuchs ankeifen werden, bloß weil ein nasses Badetuch irgendwo herumliegt, hielten wir damals für eine absurde Vorstellung.
    Und daß wir uns in unserer Freizeit eher für einen
    Kaffeehaustratsch als zu einem Ausstellungsbesuch entscheiden, hätten wir uns nie unterstellt.
    Aber schließlich haben wir uns seinerzeit auch einen ganz anderen Ehemann, andere Freunde und andere Kinder erträumt.
    Wenn die alle so geworden wären, wie von uns erdacht, dann wären auch wir selbst sicher so wie seinerzeit geplant.
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    Spiegelbilder
    Werbung, las ich unlängst in der Werbebroschüre einer
    Werbefirma, sei nichts als das Spiegelbild der Gesellschaft und ihrer Einstellungen und bewege sich in diesem Umfeld.
    Na fein, dachte ich! Da braucht man sich ja bloß anschauen, wie Frauen in der Werbung dargestellt werden, und weiß sodann, welche Position Frauen in unserer Gesellschaft haben!
    Ein BRD-Wochenmagazin blätterte ich wissensdurstig von der ersten bis zur letzten Seite durch. Ich fand etliche Frauen, die sich freuen, weil es Kaschmir und reine Wolle gibt, mehrere Frauen, die sich an Männerbrüste schmiegen, eine, die an einer Reling lehnt und einen Longdrink nimmt, eine, die stolz ist, weil sie fünfzehn Kilo abgenommen hat, eine, die ein Hochzeitskleid anzieht, und drei, die im Fond eines Autos sitzen.
    Zwei Damen segelten, eine stieg ins Bad, drei rauchten, eine topfte Blumen um, eine lag im Bett und freute sich über die Zusatzversicherung, viele rauchten, und noch mehr tranken harte Getränke, entweder ohne Angabe von Gründen oder weil sie
    »im Augenblick« verweilen wollten.
    Siebzehn Fräulein hockten auf einem Auto herum, damit es ein Herr zum Leihwagen seiner Wahl mache.
    Unzufrieden damit, schaute ich eine »Programmzeitschrift«
    durch und fand eine Frau, der in den Mantel geholfen wird, eine, die trinkt, eine, die im Kasino spielt, eine, die lacht, weil es so viele Haushalts-Heinzelmännchen gibt, zwei, die Pizza essen, und sechs, die sich auf den Dienstag freuen, weil da immer ihre Zeitschrift erscheint.
    Auch damit unzufrieden, nahm ich mir eine Zeitschrift vor, die sich mit Eß- & Trinkkultur abgibt.
    Da, dachte ich, werde ich wohl mehr erfahren und sah eine Frau, die am Eis »knuspert«, eine, der mit Rum »alles gelingt«, eine, die sich vom Manne ab- und dem Schnaps zuwendet, eine,
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    die kalorienarme Limonade trinkt, und eine, deren Hände ruhig einen Mann streicheln dürfen, weil man den Händen »gar nichts ansieht«.
    Natürlich sah ich auch Männer, die sich über Schurwolle freuen und über Rasierwasser und Schnaps. Aber Männer dürfen in der Werbung auch Bankgeschäfte machen, operieren, Häuser bauen, filmen, bausparen, gutes Werkzeug haben und zum Heilpraktiker gehen.
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    Schuldgefühle sind Frauensache
    Unsere Umgangssprache entbehrt nicht der Fachausdrücke psychologischer Art. Selbst Menschen, deren Wortschatz tausend Vokabel kaum übersteigt, sprudeln die »Neurosen« und den »Psychopathen« und die »Hemmungen« und die
    »Komplexe« nur so heraus.
    Auch die »Schuldgefühle« gehören zu dieser Sorte von
    sprachlichem Allgemeingut. Wenn der »Streß« der Bestseller der Saison ist, ist das »Schuldgefühl« der Evergreen des Jahrzehnts. Und diese Schuldgefühle, ich beobachte es seit Jahren, sind hauptsächlich im Besitz des weiblichen Teils der Menschheit.
    Frauen haben Schuldgefühle, wenn sie keine Kinder gebären oder dem Mann statt einem Sohn eine Tochter gebären. Sie haben Schuldgefühle, wenn sie Kind er haben und arbeiten gehen, und sie haben Schuldgefühle, wenn sie nicht arbeiten gehen und den Mann das Geld verdienen lassen. Sie haben Schuldgefühle, wenn die Kinder in der Schule sitzenbleiben und wenn die Kalbsschnitzel, die sie beim Fleischhauer gekauft haben, im Großmarkt am anderen Ende der Stadt um fünfzehn Prozent billiger zu haben gewesen wären.
    Es gibt auch Frauen, die sich schuldig fühlen, weil sie mit vierzig nicht mehr so straff und jugendlich aussehen wie mit zwanzig. Auf alle Fälle aber gib t es Frauen in Menge, die schon Schuldgefühle entwickeln, wenn sie bloß ein Viertelstündchen faul sind.
    Wie ertappte Schüler schlagen sie
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