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Haus des Grauens

Haus des Grauens

Titel: Haus des Grauens
Autoren: Zara Fraillon
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fest zugeschnürt. Dann band er den Schnabel vorne auf den Körper und drehte das Biest auf den Rücken. Sein Gegner war besiegt!
    Jasper spürte Stolz in sich aufsteigen.

    Im Dunkeln leuchtete ein rotes Schild mit
     der Aufschrift „Ausgang“ auf.

    „Du hast 84 Prozent erreicht“, schallte Stenkas strenge Stimme durch die Sprechanlage. „Und jetzt verlasse den Raum.“
    Stenka war Jaspers Klassenlehrerin. Jasper war überzeugt, dass kein anderer Lehrer in Monstrum House so gruselig war wie sie. Sich mit ihr anzulegen war keine gute Idee.
    84 Prozent , dachte Jasper und wischte sich den Schleim von den Händen. Nicht gerade sensationell. Aber auch nicht sooo schlecht .
    Ihm war klar, welchen Fehler er gemacht hatte. Als er gesprungen war, hatte er überhaupt nicht mehr daran gedacht, wie schlüpfrig der Körper des Monsters sein würde.
    „Verlasse den Raum“, befahl Stenka noch einmal.
    Jasper beugte sich noch kurz nach unten, um sich das Monster genauer anzusehen. Das Wesen tat ihm fast leid. Denn natürlich wusste er, dass der Quaddelquäker von den Lehrern für diesen Zweck abgerichtet worden war. Aber ganz ehrlich – was für ein Leben war das eigentlich, den ganzen lieben langen Tag mit lästigen Schülern kämpfen zu müssen?
    Jasper zwang sich, ihm in die Augen zu sehen. Eins davon sah röter aus als das andere. Er vermutete, dass es das war, in das er seine Finger gepikst hatte.
    „Tut mir leid, Kumpel“, wisperte er.
    Das Monster blinzelte und für einen Moment sah es so aus, als schimmerte in seinen leeren Augen so etwas wie Einverständnis. Dann öffnete es seinen Schnabel und spuckte Jasper einen dicken Batzen Schleim mitten ins Gesicht. Sofort begannen Jaspers Augen wie verrückt zu brennen und in seinem Mund machte sich der Geschmack von fauligem Fisch breit.
    „Das nächste Mal machst du besser, was man dir sagt“, bemerkte Stenka trocken, konnte aber den Triumph in ihrer Stimme nicht ganz verbergen.
    Jasper starrte das Monster an. „Vielen Dank“, murmelte er finster und ging hinaus.

    Seit sechs Monaten war Jasper nun Schüler in Monstrum House, einer Schule für schwierige Kinder. Monstrum House war ganz anders als die Schulen, an denen Jasper vorher gewesen war. Und das waren nicht wenige. Statt Deutsch, Mathe oder Englisch brachte man den Schülern hier nur eines bei: wie man Monster jagt.
    Das Schulgebäude war ein altes Schloss mit in den Himmel ragenden Türmen und hohen Fenstern. Es war ganz von einem dichten, unheimlichen Wald umgeben.
    Keiner der Schüler hatte eine Ahnung, in welcher Gegend die Schule eigentlich lag. Oder in welchem Land. Sie alle waren hier mit einem Flugzeug angekommen und während des Fluges in eine Art hypnotischen Schlaf versetzt worden. Deshalb wussten sie auch nicht, wie weit weg von zu Hause sie hier überhaupt waren. Aber wo immer sie auch sein mochten – es war kalt. Nicht nur kalt, sondern eisig. Jasper fragte sich, ob es an den Monstern lag, dass es so kalt war, denn wo immer diese auftauchten, brachten sie beißende Kälte mit. Als Jasper an die Monster dachte, lief ihm ein Schauer den Rücken hinunter.
    Aber die Monster waren nicht das einzig Furchteinflößende in Monstrum House. Jasper war sich ziemlich sicher, dass die Lehrer von Monstrum House Gedanken lesen konnten. Er konnte nicht mal sagen, vor wem er mehr Angst hatte: vor den Monstern oder den Lehrern. Es war verdammt unheimlich, dass sie immer genau wussten, was man gerade dachte. Und natürlich wurde man sofort hart bestraft, wenn man was anstellte. Doch damit kannte sich Jasper aus. Er hatte unzählige Strafen hinter sich und war schon von vielen Schulen geflogen. Aber in Monstrum House bedeuteten Strafen nicht, dass man Abfall aufsammeln oder Strafarbeiten schreiben musste. Hier hieß das, mitten in der Nacht durch den Wald zu rennen und dabei von wilden Hunden verfolgt zu werden. Oder mit einem fremdartigen Wesen zusammen in einen dunklen Raum gesperrt zu werden. Einem Wesen, das einem die nackte Angst einjagte und das Blut in den Adern gefrieren ließ. Einem einfach unbeschreiblich abstoßenden und ekelhaften Wesen. Und damit meinte er nicht Stenka …
    Aber es gab noch etwas, das Monstrum House von allen anderen Schulen unterschied. Etwas, das er bisher noch an keiner Schule erlebt hatte: Nervenkitzel. Monster zu jagen war spannend . Man wusste nie, was auf einen zukam. Wer am Ende wen jagen würde. Ob er es fangen konnte, bevor es ihn fangen würde. Und genau das gab Jasper
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