Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Haus der Sonne

Haus der Sonne

Titel: Haus der Sonne
Autoren: Nigel Findley
Vom Netzwerk:
Sie stürmten immer weiter, und ihre Masse verbarg den Schrecken des Dings, das durch das Tor kam.
    Ich glaubte, sie würden sich kopfüber auf das Ding stürzen wie Wachhunde, die einem Eindringling an die Kehle gehen. Fehlanzeige, Chummer, das wäre zu vorhersehbar gewesen. Sie blieben alle gleichzeitig stehen und bildeten einen soliden Ring um das Tor, wo sie Schulter an Steinschulter hockten. Dann reckten alle wie auf ein geheimes Signal das klobige Maul gen Himmel und heulten.
    Das Geräusch fuhr mir durch Mark und Bein bis tief in meine Seele und rührte jede Andeutung von Verzweiflung, Einsamkeit und Verlassenheit an, die ich je empfunden hatte - rührte sie an und erweckte sie wieder zum Leben. Ich hätte geweint - wäre in Tränen ausgebrochen, um nie wieder aufzuhören -, aber meine Seele litt so sehr, daß ich nicht weinen konnte. Da glaubte ich, sterben zu müssen. Wie konnte ein armseliges menschliches Wesen so viel Verzweiflung empfinden und nicht sterben?
    Doch ich starb nicht. Irgendwie schlug mein Herz weiter, floß mein Blut weiter. Ich lag dort auf dem felsigen Boden und sah zu, wie die Hunde das Tor anheulten.
    Und das Tor veränderte sich. Es erbebte und flimmerte, verlor an Schärfe. Blitze knisterten und krachten, aber jetzt innerhalb der endlosen Tiefen des Tores. Aktinisches Licht flackerte und ließ die Hunde scharf hervortreten, schwarz vor blendendem Weiß. Innerhalb des Tores schrie irgend etwas, vermischte seinen eigenen Verzweiflungsschrei mit dem Heulen der Hunde.
    Mit einem letzten markerschütternden Knall brach das Tor zusammen. Die Kristallfeuer-Luft flimmerte, und ich sah, wie sich eine Schockwelle - eine perfekt kreisförmige Wellenfront von ihrem Zentrum ausbreitete. Wie in all den alten 2D-Filmen von Atombombentests breitete sich die Schockwelle aus und komprimierte dabei die Luft vor sich zu einer solchen Dichte, daß sie undurchsichtig wurde.
    Die Schockwelle erfaßte mich, und alles hörte auf.

Epilog
    Und wiederum erlangte ich das, was wir lächerlicherweise Bewußtsein nennen, in einem Krankenhausbett wieder, wo ich mit leerem Blick eine nichtssagende weiße Decke anstarrte. Immer wieder dieselbe verdammte Geschichte...
    Ich holte tief Luft und stöhnte ob der Schmerzen, die mir das verursachte, laut auf. Ich fühlte mich, als sei ein Troll mit Kampfstiefeln - mit liebevoller und wohlbedachter Sorgfalt - auf allen wichtigen Teilen meiner Anatomie und mehreren anderen Teilen herumgetrampelt, die ich bisher nicht als wichtig eingestuft hatte. Ich hatte Schmerzen. Überall, am ganzen Körper. Tief drinnen und auch äußerlich. (Außer, natürlich, in meinem linken Arm, aber sogar der schickte seine eigene verdrehte Analogie von ›Schmerz‹-Signalen an mein Gehirn.)
    Nur lebendige Menschen empfinden Schmerzen, versuchte ich mich zu beruhigen. Es klappte nicht. Ich lag da und beneidete die Toten.
    Ich nehme an, daß ich dann eingedöst bin, weil die Deckenlampen aus waren, als ich mir das nächstemal meiner Existenz bewußt wurde. Die einzige Beleuchtung kam aus der Richtung des Fußendes meines Bettes. Ein kalter, bläulich-weißer Lichtschimmer. Mondlicht?
    Ich versuchte mich aufzurichten, tat dieses Vorhaben aber sehr rasch als schlechte Idee ab und gab es auf. Statt dessen mußte ich mich damit begnügen, den Kopf auf dem Kissen zu drehen, so daß ich aus dem Augenwinkel einen Blick in Richtung Fußende werfen konnte.
    Jawoll, Mondlicht. Jemand hatte vergessen, die Rolläden vor meinem Fenster zu schließen, und ich konnte direkt in die Nacht hinaussehen. Der Vollmond hing hoch über den Wolken wie eine geisterhafte Ga-leone, die durch einen Archipel surrealistischer Inseln segelte.
    Vollmond? Ich versuchte mich zu erinnern, welche Mondphase gewesen war, als Gordon Ho und ich am Fenster des New Foster Tower gestanden und die Thorhämmer beobachtet hatten. Ich stellte fest, daß ich mich nicht an Einzelheiten erinnern konnte - aus dieser Nacht oder auch aus allen anderen Tagen und Nächten, was das betraf. Irgendein Teil von mir wußte, daß mich das hätte beunruhigen müssen, aber im Moment hatte ich einfach nicht die Energie, um mehr als einen Gedanken darauf zu verschwenden. Ich war ziemlich sicher, daß Neumond oder fast Neumond gewesen war, obwohl ich es nicht ganz genau festlegen konnte.
    Was bedeutete, daß ich zwei Wochen weggewesen war? Ich dachte an das letzte Mal, als ich nach längerer Bewußtlosigkeit in einem Krankenhaus aufgewacht war, und machte eine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher