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Haus der Lügen - 8

Haus der Lügen - 8

Titel: Haus der Lügen - 8
Autoren: David Weber
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Aber das hier ist von allen Schnapsideen, die Euch im Laufe der Jahre gekommen sind, mit Abstand die dümmste! Selbst eingedenk der ›kleinen‹ Feier, derentwegen Ihr beinahe aus dem Priesterseminar geflogen wäret!«
    »Leider habe ich im Augenblick kaum eine andere Wahl, Fraidmyn«, erwiderte Cahnyr ernst. »Ich bedauere wirklich zutiefst, Sie in diese ganze Sache hineingezogen zu haben. Aber ...«
    Er zuckte mit den Schultern, und Tohmys stieß ein Schnauben aus.
    »Meiner Erinnerung nach, Eure Eminenz, stand meine Begeisterung der Euren in nichts nach. Ich an Eurer Stelle würde mir nicht allein jede Schuld zuschreiben.«
    »Nun, das stimmt wohl. Nur bin ich hier der Erzbischof. Es ist nicht recht, dass Sie unter einer meiner Entscheidungen zu leiden haben. Oder Sie hier oben zusammen mit mir festsitzen und darauf hoffen, dass der geheimnisvolle Briefschreiber wirklich meint, was er – zumindest andeutungsweise – verspricht.«
    »Ach, und wo, glaubt Ihr, wäre ich jetzt lieber als hier?«, verlangte Tohmys zu wissen. »Wir sind beide erwachsene Menschen, Eure Eminenz, und Ihr braucht nun einmal jemanden, der sich um Euch kümmert – eine Aufgabe, die mir Gewohnheit geworden ist.« Er zuckte mit den Schultern. »Von welcher Warte aus auch immer betrachtet: Es hat nur wenig Sinn, geschehene Dinge zu bedauern. Und es hat noch viel weniger Sinn, etwas ändern zu wollen, was bereits geschehen ist.«
    »Na ja ...« Cahnyr lächelte, und aus unerfindlichen Gründen brannten seine Augen ein wenig. »Wenn Sie das so sehen, warum dann die plötzliche Kritik an meinen Plänen?«
    »Also, was das betrifft: Hätten Sie überhaupt irgendwelche Pläne, die dieser Bezeichnung würdig wären, hätte ich sicher nichts gesagt.« Das zu glauben fiel Cahnyr ernstlich schwer. »Aber bislang, so scheint es mir zumindest, bestehen Eure Pläne darin, mitten in der Nacht, mitten in den Bergen, mitten im Winter einfach hier aufzutauchen und nichts bei sich zu haben als die Kleider, die Ihr tragt. Und dann hofft Ihr darauf, dass jemand, dem Ihr nie begegnet seid und dessen Namen Ihr nicht einmal kennt, hier auf Euch wartet. Trifft das in etwa den Kern der Sache, Eure Eminenz?«
    »Ich halte das sogar für eine geradezu meisterhafte Beschreibung«, gestand der Erzbischof.
    »Ach, und Ihr haltet das allen Ernstes für eine gute Idee?«, setzte Tohmys nach.
    »Nein. Es ist einfach nur die beste Idee, die wir derzeit haben«, erwiderte Cahnyr. »Warum fragen Sie? Ist Ihnen etwa etwas Besseres eingefallen?«
    »Nein, und es ist auch nicht meine Aufgabe, mir Besseres einfallen zu lassen!« Falls Cahnyrs Frage Tohmys aus dem Konzept gebracht hatte, so ließ er sich das nicht anmerken. Abgesehen davon wussten sie beide doch ganz genau, dass es seine erste Pflicht als Kammerdiener war, für Weltuntergangsstimmung zu sorgen. Ganz gewiss war es mitnichten seine Aufgabe, Vorschläge zu unterbreiten, wie man dem dräuenden Weltuntergang entgehen könnte. »Ich wollte nur sicher sein, die Lage richtig verstanden zu haben.«
    »Das scheint mir durchaus der Fall«, gab Cahnyr bedächtig zurück.
    »Nun gut, wenn dem so ist und Euer Entschluss offenkundig feststeht, sollte ich mich wohl um unser Gepäck kümmern, nicht wahr?«
    Sehr viel später an diesem Tag erhob sich Zhasyn Cahnyr und blickte aus dem Schlafzimmerfenster. Es war spät am Abend, und das Gipfelhaus befand sich auf der Ostseite des Mount Tairys, des höchsten Gipfels der Tairys-Kette. Auch unter idealen Wetterbedingungen wäre daher zu dieser Stunde der Abend finsterster Nacht gewichen. Beim derzeitigen Wetter erkannte der Erzbischof kaum mehr als die Flocken des heftigen Schneetreibens. Sie tanzten durch den matten Schein der wenigen Laternen.
    Sturm umtoste das Gipfelhaus, und trotz des Feuers, das immer noch im Kamin loderte, sah Cahnyr seinen eigenen Atem aufsteigen. Eine wahrhaft wunderbare Nacht, um zu erfrieren! , ging es ihm durch den Kopf.
    Er drehte sich um und betrachtete das kleine Schlafgemach. In dieser Nacht würde er hier doch keinen Schlaf finden. Er verstand, warum seine Entscheidung, für Einkehrtage zum Gipfelhaus zu reisen, den jungen Gharth Gorjah so bestürzt hatte. Da waren die schlichte Einrichtung des Hauses, die kaum isolierten Wände und die Möglichkeit, dass sich genau die Sorte Wetter einstellte, die diese Nacht verhieß: Mehr war wohl kaum nötig, um sich Sorgen zu machen. Cahnyr musste auch zugeben, dass er zumindest einige der Sorgen, die Gorjah
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