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Haus der Lügen - 8

Haus der Lügen - 8

Titel: Haus der Lügen - 8
Autoren: David Weber
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können! Alles hat seinen Preis, und das wusstest du schon lange, bevor du dein Patent erhalten hast. Glaubst du wirklich, irgendjemand nimmt dir ab, dass du in Wirklichkeit gar nicht tun willst, was du gerade jetzt hier draußen treibst? Das glaubst du doch selbst nicht!
    Nein, wahrscheinlich nicht, ging es ihm durch den Kopf. Auf ein unmissverständliches Knurren seines Magens hin zog Manthyr seine Taschenuhr hervor.
    Kein Wunder, dass er allmählich Hunger bekam! Schon vor zehn Minuten hätte er beim Essen sein sollen. Er zweifelte keinen Moment daran, dass Captain Mahgail und der Rest seiner Offiziere bereits in der Messe auf ihn warteten.
    Noch ein Beweis für die Privilegien, die mit dem Rang kommen , dachte er, grinste erneut und klappte seine Taschenuhr zu. Er ließ die Reling los, richtete sich auf und sog noch einmal tief die klare Salzluft ein. Die sitzen alle da und warten auf mich, während ich in hochherrschaftlicher Pracht ganz allein hier herumstehe. Ich frage mich, wie viel Zeit sie mir noch zugestehen, bis sie Dahnyld nach mir losschicken, ganz respektvoll natürlich!
    Manthyr musste sich eingestehen, dass ein winziger, gehässiger Teil versucht war, es auszuprobieren: Wie lange würde Dahnyld Rahzmahn, sein höchst effizienter Flaggleutnant, wohl noch warten, bis er seinen Admiral ach-so-diplomatisch darauf hinwiese, dass man in der Messe seiner harrte? Die Versuchung war nicht groß, aber doch zweifellos da – was nicht gerade für Manthyrs Charakter sprach.
    Er grinste breit und schüttelte den Kopf.
    Hat ja schon was, Admiral zu sein, was, Gwylym! , sagte er sich. Nur zu Kopf steigen sollte dir das nicht. Etwas in dieser Art hat Admiral Lock Island bei der Ausgabe der aktuellen Befehle ja wohl gemeint – natürlich in der ihm eigenen unnachahmlich diplomatischen Art!
    Dieser Gedanke verwandelte Manthyrs Grinsen in schallendes Gelächter. Noch einmal schüttelte er den Kopf. Dann wandte er sich um und trat durch die verglaste Tür in sein Arbeitszimmer.

.II.
    Gipfelhaus, Provinz Gletscherherz, Republik Siddarmark
    »Wie lange, Eure Eminenz, bin ich nun schon Euer Kammerdiener?«
    Nachdenklich blickte Zhasyn Cahnyr zu Fraidmyn Tohmys hinüber. Diese Art geduldig scheinenden Tonfalls kannte er nur zu gut.
    »Schon eine ganze Weile«, gab er milde zurück. Tohmys verschränkte die Arme vor der Brust und blickte sein Gegenüber streng an.
    Der Erzbischof von Gletscherherz saß vor einem herrlich prasselnden Kaminfeuer. Das Gipfelhaus, ein Stück außerhalb der Stadt Tairys, lag höher in den Bergen als die Stadt selbst. Vor vielen Jahren hatte einer von Cahnyrs Vorgängern auf dem Bischofsstuhl seiner Sommerresidenz diesen Namen gegeben. Selbstredend besaß das Gipfelhaus die bei Bauten in den Bergen übliche steile Dachstuhlkonstruktion (damit Schnee abrutschte und die Schneelast nicht zu groß würde). Nichtsdestotrotz war das relativ bescheidene Gebäude eigentlich nur für die Nutzung im Sommer gedacht. Es sollte ein Rückzugsort für den Erzbischof und einige ausgewählte Gäste sein, ein Ort für Einkehrtage und Besinnlichkeit. (Cahnyr vermutete, mindestens einer seiner Vorgänger hatte das Haus auch als hinreichend abgelegenen Schauplatz für ausschweifende Festlichkeiten und die eine oder andere Orgie genutzt. Es lag weit genug von den Wohnhäusern der Gemeindemitglieder entfernt, die ein derartiges Verhalten nicht gutgeheißen hätten. Skandale waren also schon deshalb nicht zu fürchten.) Das für den Sommer gedachte Gebäude, so wetterfest es auch sein mochte, war allerdings nicht darauf ausgelegt, im kältesten Monat eines East-Haven-Winters genutzt zu werden. Trotz des beachtlichen Kohlenfeuers im Kamin des Salons ließ die Temperatur in den Räumlichkeiten doch sehr zu wünschen übrig. Deswegen trug Cahnyr auch einen dicken Pullover über seiner schweren, wollenen Winter-Soutane.
    Die Temperaturen waren geeignet, Cahnyrs Vorstellungskraft zu beschäftigen: Ob sich so ein großer Schinken im Kühlhaus fühlte?
    »Seit dreiundvierzig Jahren, Eure Eminenz«, erklärte Tohmys nun. » So lange bin ich nun schon Euer Kammerdiener.«
    »Ach, tatsächlich?« Cahnyr neigte den Kopf zur Seite. »Ja, Sie könnten Recht haben. Sonderbar. Irgendwie dachte ich, es wäre noch länger gewesen.«
    Tohmys’ Augen blitzten auf. Vielleicht zuckten sogar seine Mundwinkel, dem gestrengen Blick zum Trotz. Vielleicht.
    »Also, Eure Eminenz, ich hoffe, Ihr werdet mir meine Unverblümtheit nicht verübeln.
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