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Haus der Lügen - 8

Haus der Lügen - 8

Titel: Haus der Lügen - 8
Autoren: David Weber
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umtrieben, durchaus teilte. Andererseits wusste er etwas über das Gipfelhaus, über das sein offenkundig besorgter Sekretär gewiss nicht nachgedacht hatte. Nun, Gorjah hatte ja auch keinerlei Veranlassung, darüber nachzudenken. Schließlich hatte Cahnyr sorgsam darauf geachtet, den jungen Unterpriester nichts von den schweren Sorgen wissen zu lassen, die seinen Erzbischof niederdrückten. Was Gorjah Sorgen machte (ein alter Herr, der unbedingt einige Fünftage hoch oben in den Bergen verbringen wollte), trieb auch Bryahn Teagmahn um ... der ganz gewiss nichts von den Besonderheiten des Gipfelhauses wusste.
    Allerdings war es möglich, dass Bischof-Vollstrecker Wyllys von diesen Besonderheiten wusste, jenen Besonderheiten, die das Gebäude für Cahnyrs derzeitige Absichten so perfekt geeignet machten – trotz des Winterwetters. Bevor Cahnyr in den Stand eines Erzbischofs erhoben worden war, hatte Wyllys bereits acht Jahre lang Cahnyrs Vorgänger gedient. Während dieser Zeit hatte er das Gipfelhaus häufig genutzt, bevorzugt während der heißesten Sommertage. Daher war es durchaus möglich, dass Wyllys die gleiche Entdeckung gemacht hatte wie Cahnyr. Doch auch dann war es nicht wahrscheinlich, dass er auf dieselbe Idee gekommen war wie Cahnyr, was die Residenz betraf.
    Nicht wahrscheinlich. Nun ja ...
    Cahnyr wusste nicht, ob der Bischof-Vollstrecker aktiv im Dienst der Inquisition stand. Eigentlich bezweifelte er es. Liebend gern sogar, und das war das Gefährliche daran: sein eigener Wunsch, Wyllys’ Loyalität gehöre mitnichten dem Großinquisitor. Cahnyr mochte Wyllys Haimltahn. Wyllys war fleißig, arbeitete mit Hingabe für die Erzdiözese und die Gemeinde, und er war bemerkenswert zurückhaltend, was das Einstreichen von Schmiergeldern betraf. Gut, auch er war nicht immun gegen die in der Kirche allgegenwärtige Korruption. Das wäre wohl auch zu viel erhofft gewesen. Schließlich wurde ja gewissermaßen von ihm erwartet, die eine oder andere Mark in die eigene Tasche zu wirtschaften. Es war betrüblich, aber allgemeine Praxis. Das Schatzamt des Tempels berücksichtigte Einnahmen dieser Art sogar bei der Bemessung der offiziellen Dienstbezüge.
    Haimltahn war Teil eben dieses Systems – und das war alles, was Cahnyr ernstlich an seinem Bischof-Vollstrecker zu kritisieren hatte. Allerdings – auch das bedauerlich, aber nicht zu ändern – hatte Haimltahn nie durchblicken lassen, er wisse um die deutlich schlimmere Korruption im Herzen des Tempels oder sei gar bereit, sich ihr entgegenzustellen. Nicht, dass er diese Korruption gutgeheißen hätte. Zumindest dessen war sich Cahnyr sicher. Doch Wyllys Haimltahn war Bischof-Vollstrecker in der tiefsten Provinz, und man hatte ihn in eine der ärmsten Erzdiözesen in ganz East Haven geschickt. Er würde also niemals in Zion oder gar im Tempel selbst Dienst tun. Daher hatte er sich ganz auf seine Welt konzentriert und auf die Pflichten, die ihm in dieser Welt zukamen. Die Probleme der Großen und Mächtigen überließ er auch den Großen und Mächtigen.
    Auch daraus konnte Cahnyr dem Bischof-Vollstrecker keinen Vorwurf machen. Dennoch hatte es keinerlei Basis für Vertraulichkeit in einer gewissen Sache zwischen ihnen gegeben. Also hatte Cahnyr Haimltahn wohl kaum fragen können, ob er vermute, aus welchem eigentlichen Motiv heraus der Erzbischof sich ins Gipfelhaus zurückzog.
    Ach, Schluss jetzt! , schalt er sich. Zunächst einmal tust du Wyllys wahrscheinlich Unrecht, überhaupt nur darüber nachzudenken, ob er sich vielleicht mit Teagmahn verschworen hat. Zweitens: selbst wenn dem so wäre, hat sich Teagmahn ja ganz offenkundig nicht gegen deine Reise hierher ausgesprochen. Also weiß er entweder nichts von deinem kleinen Geheimnis, oder aber er vermutet keine Auswirkungen auf die derzeitige Lage.
    Die Lage war ernst. Dennoch konnte Cahnyr nicht anders: Er schnaubte belustigt. Denn Teagmahns Reaktion auf die Entscheidung seines Erzbischofs, einige Tage im Gipfelhaus zu verbringen, ließ vermuten, dass der Intendant zu genau dem Schluss gekommen war, auf den Cahnyr auch gehofft hatte: Es war ganz im Sinne der Inquisition, wenn sich der Erzbischof in eine abgelegene Residenz zurückzog, die nur über eine einzige, sehr schmale Straße erreichbar war (eigentlich war es sogar mehr ein Feldweg). So wüsste Teagmahn von jedem Schritt, den der Erzbischof machte.
    Und das stimmte ja auch ... aber es war gänzlich bedeutungslos für Cahnyrs eigene Pläne. Wenn man
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