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Haus aus Erde

Haus aus Erde

Titel: Haus aus Erde
Autoren: Woody Guthriie
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für den großen braunen Weißkopfseeadler. Höhlen und Baue von Klapperschlangen, Eidechsen, Skorpionen, Spinnen, Hasen, Kaninchen, Ameisen, Schmetterlingen und Krötenechsen – beißende Winde und Jahreszeiten. All das entstammt der Felswand des Caprock, sie ist voll davon und von den Gerippen früher Siedler jedweder Hautfarbe. Eine Welt nah an der Sonne, noch näher am Wind, an Wolkenbrüchen, Überschwemmungen, feinem Schlamm, trockenen und staubigen Dingen, die in dieser Welt den Halt verlieren und, wie die Steppenhexe, dahinwehen und -rollen, Drahtzäune überspringen und im Nordwind zu ihrem letzten irdischen Sprung ansetzen, von den Upper Plains des Nordens hinab in die sandigeren, baumwollbepflanzten Plains westlich von Clarendon.
    Eine Welt der großen steinernen Zwölfzimmerhäuser und der hölzernen Zehnzimmerhäuser, und eine Welt der Hütten. Von den baufälligen, verrottenden Hütten gibt es mehr als von den hübschen Holzhäusern, und die Hütten schauen auf die größeren Häuser und verfluchen sie, heulen, weinen und fragen nach Fäulnis, Schmutz, Schmerz, Elend, dem Verfall von Land und Familien. Zwischen den kleineren Häusern, den Hütten, und den größeren Häusern gibt es viel Streit. Das gilt für die Stadt, wo die Häuser sich aneinanderlehnen, und für die Farmen und das Weideland, wo der Wind – groß, breit und stattlich – sein Wesen treibt und die Häuser weit auseinanderliegen. Auf all das bläst der Wind herab. Und die Menschen arbeiten hart, wenn der Wind bläst, und sie streiten noch härter, wenn der Wind bläst, und dies ist der Canyon: der Mutterschoß, das Dornenbett, die flache Pritsche auf dem Boden der Erde, wo der Wind höchstselbst geboren wurde.
    Von den selbstmörderischen Dingen, die darüber hinwegfegen, ist das felsige Land um den Caprock fast ganz eingeebnet. Die Felswand und die Canyons, die in sie münden, sind Dämme aus Lehm und Schichten aus Sand, Ablagerungen von Kies, Feuerstein und Sandstein, vulkanische Mischungen getrockneter Lava, und an manchen Stellen trägt die Felswand eine hübsche Perücke aus Riedgras, das für eine Weile Büffel, Antilopen oder Jungochsen anlockt, dann unter ihnen wegrutscht und den Fliegen und den Bussarden mehr Fleisch und Blut, den weißen Fängen von Kojote, Grauwolf, Opossum, Waschbär und Stinktier am Fuß der Klippe mehr warme Mahlzeiten beschert.
    Old Grandpa Hamlin grub einen Keller, um seine Frau vor dem Wetter und den Männern zu schützen. Er grub ihn eine halbe Meile vom Rand des Caprock entfernt. Er liebte Della ebenso sehr, wie er sein Land liebte. In dieser Erdhöhle zog er fünf seiner Jungen und Mädchen groß. Ein paar Meter vom Keller entfernt bauten sie ein gelbes Sechszimmerhaus. In diesem gelben Sechszimmerhaus kamen vier weitere Kinder zur Welt, und alle seine Kinder nahm er mit auf Ausflüge entlang der Klippe, wies auf den Himmel und sagte zu ihnen: »Die beiden alten Adler, die wo da drüben fliegen und kreisen, die sind schon an dem Morgen gekreist, wie ich angefangen hab, meine Höhle zu graben, und egal, was euch trifft, Kinder, egal, was euch widerfährt, keine Hast, keine Bange, denn diese beiden Adler werden uns alle kommen sehen und werden uns alle gehen sehen.«
    Und Grandma Della Hamlin sagte zu ihnen: »Besorgt euch ein eignes Stück Erde. Besorgt’s euch. Und dann kämpft. Kämpft, haltet dran fest. Holz vermodert. Holz wird morsch. Das is kein Land nich, wo man sich an was festhält, was aus Holz is. Das is kein Land nich für Bäume. Nich mal n Land für Gestrüpp, nich mal für Sträucher. In der Gegend hier kann man sich nich groß an was festhalten, was aus Holz is, weil mit Holz gehn Wind und Sonne und Wetter hier einfach zu schlecht um. Man kann nich gut kämpfen, wenn man nich mit beiden Beinen auf der Erde steht und für was aus Erde kämpft.« Und auf der Straße, die vom Caprock nach Hause führte, sagte sie zu ihnen: »Mein größter Kummer war immer, dass wir nich n Haus aus Erde gebaut haben statt n Haus aus Holz. Unsre alte Höhle war aus Erde, und die hat hundert Holzhäuser überdauert.«
    Doch die Kinder heirateten eins nach dem anderen und zogen weg. Wenn Grandma und Grandpa Hamlin auf der Veranda ihrer alten Heimstatt standen, konnten sie die sieben Häuser ihrer Söhne und Töchter sehen. Zwei hatten die Plains verlassen. Ein Sohn war nach Kalifornien gezogen, um Walnüsse anzubauen. Eine Tochter war nach Joplin gezogen und lebte mit einem Blei- und Zinkbergmann
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