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Hasenherz

Hasenherz

Titel: Hasenherz
Autoren: John Updike
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Schutzmann und dieser grinsende, stimmbrüchige lange Bengel da als romantischer Künstler. Er und Darlene und Cubby und Karen (als französische alte Dame verkleidet, der Cubby als Schutzmann über die Straße hilft) tanzen.
    Dann kommt die Werbesendung: die sieben Teile einer - Rolle entsteigen ihrer Verpackung und verwandeln sich in die sieben Buchstaben von . Sie singen und tanzen gleichfalls. Und im mer weiter singend steigen sie wieder in die Verpackung zurück. Es echot wie in einem Echosaal. Zum Teufel, gut gemacht. Er hat diese Sendung an die fünfzigmal gesehen, aber diesmal dreht sie ihm den Magen um. Sein Herz hämmert noch immer, seine Kehle ist zuge schnürt.
    «Harry, hast du eine Zigarette?» fragt Janice, «meine sind alle.»
    «Hm? Ich hab sie auf dem Nachhauseweg in einen Mülleimer geworfen. Ich geb's Rauchen auf.» Er versteht nicht, wie jemand an Zigaretten denken kann, wo sein Magen doch in einem derartigen Zustand ist.
    Janice sieht ihn schließlich an. «Du hast sie in einen Mülleimer geworfen. Heiliger Bimbam. Du trinkst nicht mehr, jetzt rauchst du auch nicht mehr. Was hast du eigentlich vor – ein Heiliger zu werden ?»
    «Sch!»
    Der große Mausketier tritt auf, Jimmy, ein älterer Mann mit runden schwarzen Ohren. Rabbit läßt kein Auge von ihm, er hat Respekt vor ihm. Er hofft immer, daß er von ihm etwas lernen kann, was ihm bei seiner eigenen Arbeit von Nutzen sein könnte, und die besteht darin, daß er in ein paar Warenhäusern in der Gegend von Brewer technische Küchenzubehöre vorführt. Er betreibt diesen Job jetzt seit vier Wo chen. «Sprichwörter, ja, die sind wahr und gut», singt Jimmy und zupft seine Mausgitarre, «sie lehr'n uns, was und wie man's tut, sie helfen uns allen, ob groß, ob klein, bessere – Mausketiere – zu sein.»
    Jimmy legt sein Lächeln nebst Gitarre beiseite und sagt geradeheraus durch die Glasscheibe: «Erkenne dich selbst, hat ein weiser alter Grie che einmal gesagt. Erkenne dich selbst. Was soll das wohl besagen, ihr Jungen und Mädchen? Es bedeutet: seid was ihr seid. Versucht nicht, so zu sein wie Sally oder Johnny oder Fred von nebenan, seid ihr selbst. Gott will nicht, daß ein Baum ein Wasserfall ist oder eine Blume ein Stein. Gott gibt jedem von uns besondere Gaben.» Janice und Rabbit werden unnatürlich still, sie sind beide Christen. Der Name Gottes gibt ihnen ein Gefühl der Schuld. «Gott will, daß einige von uns Wissenschaftler werden, andere Künstler, und wieder andere Feuerwehrleute oder Ärzte oder Trapezartisten. Und Er gibt jedem von uns die Fähig keiten, die dazu notwendig sind – vorausgesetzt, wir trachten danach, diese Fähigkeiten zum Tragen zu bringen. Wir müssen arbeiten, Jun gen und Mädchen. Und darum: Erkenne dich selbst. Lerne deine Gaben erkennen, und dann trachte, sie zu entwickeln. Das ist der Weg zum Glücklichsein.» Er kneift seinen Mund zusammen und zwinkert.
    Das war gekonnt. Rabbit versucht es: den Mund zusammenzukneifen und dann zu zwinkern, als mache man mit dem Publikum da vor einem Front gegen irgendeinen Feind im Hintergrund, Walt Disney oder die Zauberküchenschälergesellschaft, man gibt ja zu, daß alles Schwindel ist, aber, zum Teufel, machen wir ihn wenigstens nett. Wir stecken ja alle zusammen drin. Der Schwindel hält die Welt in Gang. Die Basis unserer Wirtschaft. Vitakonomie, die Parole der modernen Hausfrau, das aus und <ökonomisch> gemixte Schlagwort der Zauberküchenschälergesellschaft.
    Janice steht auf und schaltet den Apparat ab, als gerade die Sechsuhr- Nachrichten verlesen werden sollen. Der kleine Stern, der vom Strom zurückbleibt, stirbt langsam dahin.
    «Wo ist das Kind?» fragt Rabbit.
    «Bei deiner Mutter.»
    «Bei meiner Mutter? Das Auto ist bei deiner Mutter, das Kind bei meiner Mutter. Himmel, du bist vielleicht unaufgeräumt.» Sie steht auf, und ihr schwangerer Leib erbost ihn, so stur und plump sieht er aus. Sie trägt einen Umstandsrock mit einer U-förmigen Öffnung überm Bauch. Unter dem Blusensaum ist ein weißes Halbmondstück vom Unterrock zu sehen. «Ich war so müde.»
    «Kein Wunder», sagt er. «Wieviel hast du von dem Zeug getrunken?» Er zeigt auf den Old-fashioned.
    Sie versucht, es ihm zu erklären. «Ich habe Nelson zu deiner Mutter gebracht, als ich auf dem Weg zu meiner Mutter war, um mit ihr in die Stadt zu gehen. Wir sind mit ihrem Auto reingefahren und haben uns Frühlingsgarderobe in den Schaufenstern angesehen, und
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