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Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Titel: Harry Dresden 09: Weiße Nächte
Autoren: Jim Butcher
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„Wer ist dein Freund?”
    Freund. Au weia. Ich massierte meine Nasenwurzel. Das würde mir ewig nachhängen. Selbst wenn ich fünfhundert Jahre alt wurde.
    Thomas und ich setzten uns bei einer Tasse Kaffee zusammen.
    „Das hier?“, fragte ich ihn ohne unnötige Umschweife. „Das hier ist dein geheimnisumwitterter Job? Das ist deine Goldgrube?“
    „Zuerst war ich auf der Kosmetikschule“, sagte Thomas mit einem derart breiten französischen Akzent, dass ich es fast nicht als Englisch erkannt hätte, „und in der Nacht habe ich als Wachmann bei einem Lagerhaus gearbeitet, da sich sonst niemand für den Job interessiert hat, um mir die Ausbildung leisten zu können.“
    Ich rieb mir erneut den Nasenrücken. „Aber dann … das hier? Ich hatte schon gedacht, du hättest dir einen Harem aus Sexsklavinnen zugelegt, während du als Profikiller arbeitest, und … du wäscht Haare?“
    Es war ein ordentliches Stück Arbeit, mich zu zwingen, leise zu sprechen. Aber dort gab es einfach zu viele Ohren.
    Thomas seufzte. „Na ja. Waschen, schneiden, stylen, färben. Ich besorge dir alles, Schatz.“
    „Darauf wette ich.“ Dann verstand ich. „So nährst du dich. Ich dachte, das benötigt …“
    „Sex?“, fragte Thomas und schüttelte den Kopf. „Vertrautheit. Zutrauen – und glaube mir, Rang zwei an Intimität mit einer Frau nach Sex ist es, ihr die Haare zu richten.“
    „Aber du nährst dich dennoch von ihnen“, meinte ich.
    „Es ist nicht dasselbe, Harry. Es ist nicht gefährlich – es ist eher wie ein … Knabbern, als sich ganze Bissen zu genehmigen. Ich kann mir nicht viel nehmen, und es braucht Zeit. Aber ich bin den ganzen Tag hier …“ Er schauderte wohlig. „Da kommt schon etwas zusammen.“
    Er öffnete die Augen und sah mich an. „Es besteht nicht die Gefahr, dass ich die Kontrolle über mich verliere. Sie sind in Sicherheit.“ Er zuckte die Achseln. „Sie genießen es.“
    Ich beobachtete, wie die Frau, die unter dem Haartrockner gesessen hatte, herauskam, Thomas anlächelte und sich auf dem Weg nach draußen noch einen Becher Kaffee genehmigte. Sie … strahlte. Reine Zuversicht. Man konnte ihr ansehen, dass sie sich sexy und schön fühlte, und es war äußerst angenehm, sie dabei zu betrachten.
    Thomas sah ihr mit einem stolzen, leicht besitzergreifenden Ausdruck nach. „Sie genießen es echt.“ Er grinste kurz. „Ich tippe mal darauf, dass jede Menge Freunde und Ehemänner es ebenfalls genießen.“
    „Aber sie sind auch leicht süchtig.“
    Er zuckte abermals die Achseln. „Einige davon möglicherweise. Ich gebe mein Bestes, die Auswirkungen möglichst weit zu verteilen. Es ist keine perfekte Lösung …“
    „Aber es ist die einzige, die sich dir bietet“, ergänzte ich und runzelte die Stirn. „Was passiert, wenn du jemandem die Haare wäschst und draufkommst, dass er verliebt ist? Dass er geschützt ist?“
    „Wahre Liebe ist nicht so häufig, wie du denkst“, sagte Thomas. „Besonders unter Leuten, die begütert genug sind, sich mich leisten zu können und oberflächlich genug, zu glauben, ihr Geld hier gut angelegt zu haben.“
    „Aber wenn so jemand mal auftaucht?“
    „Dafür bezahle ich ja meine Assistenten. Ich weiß, was ich tue.“
    Ich schüttelte den Kopf. „All die Zeit über …“ Ich schnaubte und nippte an meinem Kaffee. Er war hervorragend. Mild, wohlschmeckend und süß – und er kostete wahrscheinlich mehr als ein gesamtes Fastfood-Menü. „Die glauben, ich wäre dein Geliebter, nicht?“
    „Das hier ist ein trendiger Schuppen für die Reichen. Niemand würde erwarten, dass hier jemand hetero ist.“
    „Mhm, und der Akzent, Too-mass?“
    Er lachte. „Niemand würde so eine Schweinekohle für einen US-Stylisten hinlegen. Ich bitte dich.“ Er zuckte die Achseln. „Es ist dämlich und oberflächlich, aber so ist es nun mal.“ Er sah sich peinlich berührt um. Seine Stimme wurde leiser, und sein Akzent war verschwunden. „Sieh mal. Ich weiß, ich verlange viel …“
    Ich musste mich zusammenreißen, ihm nicht schallend ins Gesicht zu lachen. Aber irgendwie brachte ich einen ernsthaften Blick zustande. „Dein Geheimnis ist bei mir sicher.“
    Er sah erlöst aus. „Merci.“
    „He“, rief ich. „Kannst du heute nach der Arbeit bei mir vorbeischauen? Ich bastle da gerade an etwas, das Leuten helfen könnte, wenn wieder so etwas anfängt, wie es diese Spaßvögel vom Weißen Hof versucht haben. Ich habe mir gedacht, du würdest wahrscheinlich
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