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Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Titel: Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen
Autoren: Michael Connelly
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Hier ist es also genau das Gleiche wie an den beiden anderen Stellen. Möchten Sie, dass wir weitergraben?«
    Bosch betrachtete das Armband in der Tüte und blickte zu Kohl auf.
    »Könnten Sie vielleicht noch mal dreißig Zentimeter tiefer gehen? Wäre das ein Problem?«
    »Ein Tag im Freien ist immer besser als einer im Labor. Wenn Sie möchten, dass wir weitergraben, graben wir weiter.«
    »Danke, Doc.«
    »Keine Ursache.«
    Sie kehrte zu der Grube zurück, und Bosch gab die Beweismitteltüte mir. Sie enthielt ein Bettelarmband. Zwischen den Gliedern und an den Anhängern waren Erdreste. Ich konnte einen Tennisschläger und ein Flugzeug erkennen.
    »Kommt es dir bekannt vor?«, fragte ich Bosch. »Ist es von einem der vermissten Mädchen?«
    Er deutete auf den Aktenstapel auf dem Tisch.
    »Nein. Meines Wissens stand in keiner der Listen etwas von einem Bettelarmband.«
    »Es könnte doch auch nur jemand verloren haben.«
    »Achtzig Zentimeter unter der Erde?«
    »Du glaubst also, Jessup hat es hier vergraben?«
    »Vielleicht. Jedenfalls würde ich nur sehr ungern mit leeren Händen von hier weggehen. Er muss einen Grund gehabt haben, hierherzukommen. Selbst wenn er sie hier nicht vergraben hat, könnte es die Stelle sein, an der er sie umgebracht hat. Ich weiß auch nicht.«
    Ich gab ihm die Tüte zurück.
    »Ich glaube, du bist zu optimistisch, Harry. Das ist doch sonst nicht deine Art.«
    »Schon möglich. Und was hat Jessup dann deiner Meinung nach hier oben die ganze Zeit gemacht?«
    »Ich glaube, er und Royce wollten uns nur an der Nase herumführen.«
    »Royce? Wie kommst du denn darauf?«
    »Sie haben uns reingelegt, Harry. Mach dir doch nichts vor.«
    Bosch hielt die Beweismitteltüte wieder hoch und schüttelte sie, um den Schmutz von der Kette zu lösen.
    »Ein typisches Ablenkungsmanöver«, fuhr ich fort. »Auch vor Gericht gilt: Angriff ist die beste Verteidigung. Bevor der Prozess überhaupt losgeht, sucht man nach den Schwachstellen seiner eigenen Argumentation, und wenn man sie nicht beheben kann, sucht man Möglichkeiten, die Gegenseite von ihnen abzulenken.«
    »Okay.«
    »Der größte Schwachpunkt der Verteidigung war Eddie Roman. Royce wollte einen drogenabhängigen Lügner in den Zeugenstand rufen. Er wusste, dass du, wenn du genügend Zeit hättest, entweder Roman selbst oder zumindest Nachteiliges über ihn finden würdest oder beides. Deshalb hat er versucht, dich abzulenken. Dich mit Dingen zu beschäftigen, die nichts mit dem eigentlichen Fall zu tun hatten.«
    »Willst du damit sagen, er wusste, dass wir Jessup gefolgt sind?«
    »Er hätte es sich jedenfalls denken können. Ich habe mich seinem Haftbefreiungsantrag nicht wirklich widersetzt. Das war ungewöhnlich und hat Royce vermutlich zu denken gegeben. Deshalb hat er Jessup nachts losgeschickt, um herauszufinden, ob er observiert wurde. Als sich dafür keine Anzeichen zeigten und keine Reaktion erfolgte, dachte Royce wahrscheinlich, er hätte sich getäuscht, und ließ das Ganze auf sich beruhen. Deshalb kam Jessup ab einem bestimmten Punkt auch nicht mehr hier rauf.«
    »Und dachte wahrscheinlich, er könnte sich unbemerkt dieses Verlies unter dem Pier einrichten.«
    »Klingt doch einleuchtend, oder nicht?«
    Bosch dachte lange nach, bevor er antwortete. Er legte die Hand auf den Aktenstapel.
    »Und was ist dann mit diesen ganzen vermissten Mädchen?«, fragte er. »Alles nur Zufall?«
    »Keine Ahnung«, sagte ich. »Möglicherweise werden wir das nie erfahren. Wir wissen nur so viel: Sie gelten nach wie vor als vermisst, und wenn Jessup dahintersteckt, hat er dieses Geheimnis wahrscheinlich gestern mit ins Grab genommen.«
    Auf Boschs Miene lag tiefe Besorgnis, als er aufstand. Er hielt immer noch die Beweismitteltüte in der Hand.
    »Tja, Harry, tut mir leid.«
    »Mir auch.«
    »Was steht jetzt bei dir als Nächstes an?«
    Er zuckte mit den Achseln.
    »Der nächste Fall, der mir zugeteilt wird. Und bei dir?«
    Ich breitete die Hände aus und lächelte.
    »Du weißt doch, was ich mache.«
    »Willst du es dir nicht noch mal überlegen? Du warst ein richtig guter Staatsanwalt.«
    »Danke. Aber was soll ich dazu sagen? Jeder tut, was er tun muss. Außerdem wird mich die Staatsanwaltschaft jetzt bestimmt nicht mehr haben wollen. Nicht nach dem Desaster.«
    »Da kann ich dir jetzt nicht folgen.«
    »Sie werden jemanden brauchen, dem sie den ganzen Schlamassel in die Schuhe schieben können, und da komme ich ihnen als Sündenbock gerade
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