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Hafenweihnacht

Hafenweihnacht

Titel: Hafenweihnacht
Autoren: J.M. Soedher
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einen Frieden ins Herz bekommen, wenn nur Ärger, Stress und Mord und Totschlag um einen herum sind.«
    Er heftete alles ordentlich zusammen und legte es auf Schielins Schreibtisch.
    Auch Robert Funk war mit einem Ohr bei dem, was sich ein paar Meter entfernt abspielte. Er hatte schon den ganzen Vormittag versucht Britta Drohst zu erreichen; die Leiche ihres Bruders war zur Bestattung freigegeben worden, ein Bestattungsunternehmer hatte sich bereits mit Fragen gemeldet und gerade im Moment war sie an den Hörer gegangen. Vor ihm lag die Liste der Mietfahrzeuge, die ihm Kimmel auf den Tisch gelegt hatte.
    *
    Schielin erzählte Lydia von seiner Vermutung hinsichtlich der Firma Adrian Zugers und blätterte die Unterlagen durch, die Gommi ihm auf den Schreibtisch gelegt hatte.
    Sie klagte, dass sie in der Nacht von diesem Fall geträumt hatte. »Dieses Haus in Nonnenhorn. Es geht mir einfach nicht aus dem Sinn. Dieses Zimmer mit der Bettwäsche, karg und kalt eingerichtet, aber doch so, dass man meinen muss, es wohnt da jemand. Und dieser schöne Blick hinüber auf den See und die Berge. An schönen Tagen hat man einen wunderbaren Blick von da.«
    Sie fuhr erschrocken auf, als Schielin mit der flachen Hand auf den Tisch schlug und mit Gommis Ausdrucken herumwedelte. »Mensch!«, rief er, dann wieder, »Mann, Mann, Mann, das gibt’s doch nicht!«
    Sie beugte sich weit nach vorne, um einen Blick zu erhaschen. Schielin schlug mit dem Handrücken auf den Stapel Papier, dass es knallte. »Das gibt es nicht, Mensch!«
    »Ja, was denn?«
    »Der schwarze Audi, den ich heute früh auf der Insel gesehen habe.«
    »Ja. Gommi hat was erzählt. Der mit der blonden Frau und der Kunstgalerie?«
    »Genau der … die Geschäftsadresse der Galerie ist unwichtig, aber Gommi hat auch die Privatadresse der Firmeninhaberin recherchiert … Bäuerlinshalde.«
    »Mhm. Auch ein schöner Blick von dort oben auf die Berge und den See.«
    »Viviane Zuger heißt sie, die Blonde, Viviane Zuger!«
    Lydia fragte ungläubig: »Die Frau von diesem Adrian Zuger, der jetzt dann kommen wird?«
    »Es ist die gleiche Adresse.«
    Die ungewöhnliche Lautstärke im hintersten Büro hatte alle anderen angezogen. Schielin erläuterte die neue Lage.
    Sie verabredeten Adrian Zuger so lange wie möglich auf der Dienststelle zu behalten. Wenzel und Robert Funk sollten ihn im Vernehmungsraum warmlaufen lassen, während Lydia und Kimmel die Ehefrau erreichen wollten.
    *
    Adrian Zuger strahlte Selbstbewusstsein und Ruhe aus, als er die Dienststelle betrat. Er wusste um seine sportive Erscheinung und von der Wirkung, die ein edler Anzug entfaltete. Robert Funk empfing ihn aufgeräumt und freundlich. Wie verabredet brachte er ihn in den Vernehmungsraum, wo er für etwa zehn Minuten allein gelassen wurde. Das diente der Einstimmung. Im kahlen Zimmer war es still, ungemütlich und man war mit seinen Gedanken alleine, was bei vielen die Gemütslage absinken ließ.
    Kimmel und Lydia fuhren zur Kunstgalerie. Wenzel und Robert Funk betraten den Vernehmungsraum und begannen.
    Zuger antwortete eher belustigt und erwähnte formgewandt, er hätte diese Angaben bereits einem gewissen Schielin gegenüber gemacht und fragte nach ihm.
    »Hauptkommissar Schielin wird noch kommen«, antwortete Wenzel förmlich.
    Lydia und Kimmel war es gelungen, Viviane Zuger zu erreichen, deren ehrliches Erschrecken über die ernsthaften und zielgerichteten Fragen der Polizisten nicht gespielt sein konnte. Die spontane Sympathie, die sie für die blonde Polizistin empfand und der Überraschungsmoment ermöglichten Kimmel und Lydia Naber ein informatives Gespräch. Viviane Zuger gab an, im betreffenden Zeitraum nicht in Lindau, sondern in Tübingen gewesen zu sein und verstand die Frage nicht, mit welchem Verkehrsmittel sie dorthin gelangt sei. Verkehrsmittel ? Dieses Wort kannte sie nur aus Zeitungen und verwendete es selbst nie. Es war schon eine seltsame Sprache, die diese Polizisten gebrauchten. Mit dem Zug war sie gefahren, weil sie das im Winter als entspannender empfand. Als die Sprache auf Jochen Drohst kam, wurde ihr schöner Mund schmaler und die Augen dunkler. Sie hatte diesen Drohst nur zwei Mal getroffen und er war ihr als ein gehemmter, eigenwilliger Mensch erschienen. Sie hatte nicht den Wunsch nach näherem Kontakt zu ihm verspürt. Von seinem Tod erfuhr sie erst jetzt, durch die beiden Polizisten. Auch ihr Mann hatte ihr nicht davon berichtet. Ihre Aufgeschlossenheit minderte sich, als
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