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Haertetest

Haertetest

Titel: Haertetest
Autoren: Katri Dietz
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unnötig, dass mich jeder darauf hinwies, dass es vielleicht noch eine andere Motivation für seine langen Arbeitszeiten gab, nämlich eine mit tollen Kurven und langen Haaren namens Jessica, die seit drei Monaten als Langzeitpraktikantin mit in seinem Büro saß und ihm schöne Augen machte.
    Und wenn schon, ich teilte Tisch und Bett mit ihm – das Bett immerhin jede Nacht. Auch wenn ich meistens schon schlief, wenn Jonas nach Hause und ins Bett kam. Wenn das bei uns so weiterging, würde es auch niemals was werden mit unserem zweiten Wunschkind. Maja kam sehr nach mir, das war manchmal schon ganz schön anstrengend.
    Als Ausgleich wünschte ich mir für unsere Familie noch einen süßen kleinen ruhigen Mini-Jonas. Was passieren würde, wenn wir noch ein Mädchen bekämen, wagte ich mir nicht auszumalen, aber ich gab die Hoffnung auf einen kleinen Jungen nicht auf. Ich würde ihm süße blaue Kapuzenpullis kaufen und mit ihm jede Baustelle in Norddeutschland besuchen, damit er die Bagger und Kräne bestaunen könnte. Maja hätte jemanden zum Spielen, und unser Leben wäre dann endlich perfekt. So stellte ich mir das vor, in meiner schönen, heilen rosa Sophie-Seifenblasen-Welt.
    Dass das Leben meistens nicht das macht, was es soll, und einem selten alle Wünsche erfüllt, wusste ich auch. Aber was sprach gegen unser zweites Kind? Ich konnte nicht dagegen an – ich sehnte mich nach einem Baby. Maja war seit sechs Monaten vier, das hieß, sie würde schon fünf Jahre alt sein, wenn wir unser zweites Kind bekämen. Das war so ungefähr der größte Abstand, den ich mir für zwei Kinder vorstellen konnte. Verdammt, warum hatten wir nicht früher mit der Baby-Planung angefangen? Ich hatte ja wirklich nicht ahnen können, dass das, was ich mir vorgenommen hatte, auf einmal nicht mehr klappte!
    Seit Majas viertem Geburtstag, also seit sechs Monaten, berechnete ich meine fruchtbaren Tage und schubste meinen Mann regelmäßig alle vier Wochen ins Bett. Die ersten drei Monate ließ er es auch bereitwillig über sich ergehen. Wenig enthusiastisch beobachtete er nach dem Sex meine Leibesübungen, die seine Spermien weiter in meine Körpermitte befördern sollten. Was mich wunderte, war, dass ich trotz aller Pläne und aller Übungen und Tees nicht schwanger wurde. Aber so was von gar nicht. Weniger schwanger konnte man gar nicht sein!
    Maja war vor fünf Jahren ein willkommener Unfall gewesen. Jonas und ich wollten sowieso heiraten und das erste unserer zwei Wunschkinder bekommen, nur schlich sich Maja, frech wie sie schon damals war, etwas früher ein als geplant. Hätte ich allerdings regelmäßig meine Pille genommen, wäre es vielleicht auch nicht passiert. Wer konnte das schon wissen?
    Ich hielt mich also für einigermaßen fruchtbar, und dass Jonas zeugungsfähig war, wussten wir auch. Mein Gynäkologe sagte, es könne durchaus bis zu einem Jahr dauern, ohne dass körperliche Gründe eine Rolle spielten. Vorausschauend (okay, manche nannten es hysterisch), wie ich war, beschäftigte ich mich aber auch schon mit dem Gedanken an eine Adoption, sollte es weiterhin bei uns nicht klappen.
    Die letzten drei Monate war Jonas leider ausgerechnet an meinen fruchtbaren Tagen etwas dazwischengekommen, und einmal war er noch vor unserem Termin eingeschlafen. So konnte das natürlich nichts werden. Wenn ich richtig lag – und meine ziehenden Schmerzen im Bauch sprachen dafür –, hatte ich jetzt auch gerade wieder meinen Eisprung. Und ich hatte Jonas am Wochenende gebeten, morgen Abend unbedingt zu Hause zu sein!
    Romantik war etwas anderes, okay, aber hier ging es nicht um Liebe, sondern um Organisation. Das hieß dann Familienleben und hatte mit unserer früheren Verliebtheit nicht mehr viel zu tun. So musste man es doch mal sehen. Aber ein Baby, ein neuer Familienangehöriger, würde vielleicht wieder Gefühle in mir wecken, die ich lange nicht gespürt hatte, zum Beispiel bedingungslose Liebe. Wie ich mich schon darauf freute, von diesem süßen, zahnlosen, rosigen, nach Babypuder duftenden Bündel mit kleinen Pausbäckchen angestrahlt und mit dicken Händchen angepatscht zu werden! Ich wusste, dass Maja mich auch liebte, natürlich tat sie das. Sie hatte nur manchmal Schwierigkeiten, es zu zeigen.
    Eigentlich hatte ich mir ein kuscheliges Mädchen gewünscht, das nachts gelegentlich bei Mama und Papa schlief, sich morgens brav die Haare bürsten und Zöpfe flechten ließ. Aber das Gegenteil war der Fall. Maja schien von
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