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Hackschnitzel

Hackschnitzel

Titel: Hackschnitzel
Autoren: B Leix
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sich stetig und fast hätte Oskar Lindt deshalb das schrille und immer lauter werdende Klingeln, das von der Garderobe herkam, überhört.
    »Ihr Handy, Chef«, meinte Jan Sternberg, der die Geräte seiner Kollegen problemlos am Ton unterscheiden konnte.
    »Carla wartet wohl schon auf dich«, witzelte Willms noch, doch dann verstummte die Unterhaltung schlagartig.
    Alle hatten die Gesprächsfetzen aus Lindts Telefonat mitbekommen.
    »Wie bitte, ein Finger, was, wo? Wir kommen sofort!«
    Der Hauptkommissar wandte sich wieder seinen Kegelbrüdern zu: »Man hat einen Finger gefunden.«
    Er machte eine bedeutungsschwere Pause.
    »Und den Rest auch.«
    Wieder eine Zäsur.
    »Gehackt!«
    Einige Sekunden lang herrschte völlige Stille im Raum, bis Paul Wellmann zögernd nachfragte: »Du meinst, jemand hat sich einen Finger abgehackt ... beim Holzspalten oder so?«
    Doch insgeheim wusste er schon, dass er seinen Kollegen richtig verstanden hatte.
    »Nein«, antwortete Lindt tonlos und man konnte ihm förmlich ansehen, dass er gerade ein scheußliches Bild vor seinem inneren Auge hatte, »alles gehackt. Nur den Finger kann man noch erkennen.«
    »Da müssen wir wohl hin«, konstatierte Wellmann trocken und griff nach seiner Jacke. »Wo?«
    »Rheinstetten-Mörsch, auf einem Spielplatz!«
     
    Ein gespenstisches Szenario erwartete die drei Kripo-Beamten, als sie nach einer knappen Viertelstunde über die B 36 ihr Ziel erreicht hatten. Es war erst halb sechs Uhr, aber die frühe Dunkelheit des Januarabends machte eine komplette Ausleuchtung des Spielplatzes notwendig. Die örtliche Feuerwehr war mit zwei Rüstwagen im Einsatz und versorgte aus laut knatternden Stromaggregaten insgesamt sieben Flutlichtstrahler.
    Zahlreiche Schaulustige drängten sich hinter dem rot-weißen Plastikband, mit dem die Beamten des zuständigen Polizeireviers Ettlingen den Platz abgesperrt hatten.
    Beim Aussteigen schnappte Lindt einige Gesprächsfetzen aus der Menge auf: »... das muss man sich mal vorstellen ...«, »... das arme Kind, so ein Schreck ...«, »... und die Mutter erst ... ist ja fast in Ohnmacht ...«
    Ein langer schmaler Oberkommissar der Schutzpolizei mit korrekt gestutztem Schnauzbart steuerte auf die Kriminalisten zu, um kurz und knapp das Wesentliche zu berichten.
    Ein siebenjähriges Mädchen war von der Kettenschaukel gestürzt und bäuchlings weich im Häckselmaterial gelandet, das die Arbeiter des Städtischen Bauhofes am Vormittag ganz frisch unter den Spielgeräten ausgebracht hatten.
    Als es die Augen aufmachte, musste das Kind wohl unmittelbar auf einen menschlichen Finger geblickt haben, der vor ihm aus den Holzhackschnitzeln emporragte. Reflexartig war es stocksteif liegengeblieben und hatte schrill zu schreien begonnen.
    Der Uniformierte führte Lindt und Wellmann zur Schaukel, wo die Spurensicherung bereits am Werk war. »Nicht näherkommen, bitte«, rief einer der Beamten im weißen Overall. »Man sieht es auch vom Rasen aus. Da steckt der Finger und hier, da und dort der Rest. Alles, was rot ist.«
    Lindt beugte sich vor, um genauer zu sehen und ganz allmählich erkannte auch er zwischen den Holzstückchen die rötlichen Fremdkörper.
    »Und das da?« Der Kommissar zeigte auf eine Handvoll undefinierbarer Masse seitlich im Gras.
    Der Kriminaltechniker grinste: »Eine der Mütter hat wohl was angefasst und schlagartig gekotzt.«
    Panisch hatten dann alle Eltern ihre Kinder vom Spielplatz gezerrt.
    Zwei Polizeibeamte des örtlichen Postens waren zuerst eingetroffen. Pflichtgemäß wurde abgeriegelt und die eintreffende Kriminalbereitschaft unterrichtet.
    »Die Fotos sind fertig.« Schnell schob der Techniker den Finger in einen durchsichtigen Plastikbeutel und reichte ihn den wartenden Kommissaren.
    Lindt hob ihn hoch und drehte ihn ins Licht. Ohne Zweifel ein menschlicher Finger, allerdings nicht vollständig, sondern nur das erste und die Hälfte des zweiten Gliedes – dann Hautfetzen und ein spitz herausstechender Knochensplitter.
    »Auf jeden Fall nicht glatt abgetrennt«, waren sich die Kriminalisten einig.
    Lindt beobachtete aus einiger Entfernung, wie nach und nach immer mehr weiche, rötlich-weiße Gewebefetzen aus dem gehäckselten Holz aufgesammelt wurden.
    Paul Wellmann kam mit einem leitenden Mitarbeiter des Städtischen Bauamtes dazu, der eben eingetroffen war und über die Herkunft des Materials Auskunft geben sollte.
    »Ganz frisch alles«, beeilte sich der Tiefbau-Ingenieur zu versichern. »Unsere
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