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Gwydion 04 - Merlins Vermächtnis

Titel: Gwydion 04 - Merlins Vermächtnis
Autoren: Peter Schwindt
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und seiner Mutter in die Arme fiel. Erst als Muriel und Katlyn Gwyn an der Schulter berührten, blickte er auf. Sie sprachen mit ihm, sagten Dinge, die wohl tröstlich gemeint waren, aber er verstand sie nicht. Sein Körper und sein Geist waren kalt und taub geworden. Als er ihnen nicht antwortete, packten sie ihn vorsichtig unter den Armen und halfen ihm auf die Beine. Der Nebel wurde dichter, umfing ihn jetzt wie ein Leichentuch. Gwyn blickte über seine Schulter, doch er war allein mit sich und seinem Schmerz.
    „König Gwydion!“, rief eine Stimme. „Kommt zu mir!“
    Als wandelte er im Schlaf, erklomm Gwyn einen Hügel, auf dessen Kuppe ein gewaltiger Baum seine mit Äpfeln behangenen Äste ausbreitete. Ein Gedanke kämpfte sich zu seinem Bewusstsein durch. Er war hier schon einmal gewesen! Erstreckte sich nicht zu Füßen des Hügels ein weites Land? Hatte er hier nicht Wyclif gefunden?
    „Hier bin ich“, flüsterte die Stimme in sein Ohr.
    Neben ihm stand eine Frau. Sie war schlank und hochgewachsen. Das bläulich schimmernde pechschwarze Haar fiel ihr bis auf die Hüfte. Ihre Lippen waren blutrot, die Augen grün.
    „Wer seid Ihr?“, fragte Gwyn und wollte Excalibur aufheben, doch das Schwert schien schwer wie Blei zu sein.
    „Ich bin Morgana. Manche nennen mich eine Hexe, für andere bin ich eine Fee. Ich bin die Herrin von Avalon.“
    „Ihr seid Mordreds Mutter“, stellte Gwyn fest.
    „Und Arturs Schwester.“
    „Die Blutschande.“ Die Worte waren seinen Lippen entglitten, bevor er sie hatte bändigen können. Doch Morgana schien nicht verärgert zu sein, denn sie lächelte ihn freundlich an.
    „Bei Glastonbury gibt es eine Insel. Du musst die Leichname in zwei Booten aufbahren, die du dem Fluss überantwortest. Dann nehme ich Vater und Sohn mit nach Avalon, sodass sie für alle Zeiten mit denen vereint sind, die sie liebten: Aileen und Guinevra.“
    „Auch die Königin ist tot?“, fragte Gwyn benommen.
    „Camelot ist untergegangen. Und mit ihm alle, die in seinen Mauern lebten. Doch deine Aufgabe ist damit noch nicht erledigt. Du musst dich auf eine Reise begeben.“
    „Nach Dinas Emrys?“, fragte Gwyn.
    Morgana schüttelte den Kopf. „Der Zauber, der die Burg schützte, ist gebrochen, denn die Prophezeiung, die ich einst aussprach, hat sich nun erfüllt. Dinas Emrys befindet sich nicht mehr in jenem Reich des Zwielichts, das zwischen Leben und Tod liegt. Du bist der letzte Gralshüter und der Ahnvater einer langen Reihe von Königen. Du wirst Britannien verlassen und erst dein Kindeskind wird wieder als Kriegsherr und König zurückkehren. Ihm wird es obliegen, das dunkle Zeitalter zu beenden, das mit dem heutigen Tag angebrochen ist.“
    „Aber ich habe den Gral, die Lanze – und Excalibur! Zum ersten Mal sind die Insignien der Macht miteinander vereint! Eine goldene Epoche könnte anbrechen!“
    „Bist du in der Lage, diese Verantwortung alleine zu tragen? Du wärest unbesiegbar und unsterblich!“
    „Aber ich hätte Excalibur! Das Schwert würde mich daran hindern, ein Unrecht zu begehen!“
    „Excalibur war immer nur Artur zugedacht gewesen. Du musst es zurückgeben.“ Die Stimme wurde leiser. „Lancelot wird wissen, was zu tun ist.“
    „Aber warum sollte ich den Gral und die Lanze nicht benutzen können?“
    „Öffne deine Augen und sieh“, sagte die Stimme so leise, dass Gwyn sie kaum verstand.
    Auf einmal hob ein mächtiger Wind an, der sich zu einem Sturm steigerte und den Nebel davontrieb, der sich über das Land gelegt hatte.
    Dann sah Gwyn sie.
    „Sachsen“, flüsterte Rowan. „Wie viele mögen es sein? Hunderte? Tausende? Zehntausende?“
    „Zu viele für uns“, sagte Gwyn, der auf einmal sehr blass war. „Du hast dich gefragt, warum wir auf unserem Weg von Londinium nach Dinas Emrys keinen von ihnen gesehen haben. Nun, hier haben wir die Antwort. Sie waren hier!“
    Ein einzelner Reiter kam nun auf sie zugeritten. Es war ein riesiger Mann mit rotblondem Haar und dichtem Bart. Vor Gwyn zügelte er sein Pferd, stieg aber nicht ab.
    „Ich grüße dich, Gwydion“, sagte er.
    Gwyn runzelte die Stirn. „Kenne ich Euch?“
    „Mein Name ist Colgrin. Wir haben uns in der Nähe von Caer Goch getroffen.“
    Jetzt fiel es Gwyn wieder ein. „Der Sachse in Mordreds Diensten!“
    Colgrin lächelte. „Ich habe nie einem Herrn gedient. Mein Vater war Aeulf. Von ihm habe ich die Königskrone geerbt. Ich bin Mordreds Armee beigetreten, um sie auszuspionieren. Es war
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