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Guter Sex Trotz Liebe

Guter Sex Trotz Liebe

Titel: Guter Sex Trotz Liebe
Autoren: Ulrich Clement
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kommen, angenehmen wie unangenehmen.
    Ohne Risiko geht es nicht. Aber: No risk, no fun!



Nicht können oder nicht wollen?

    Eine großformatige Anzeige der Firma Pfizer, Produzentin des Erektionsmittels Viagra, stellt folgendes Bild dar: zwei Köpfe vor kühl-erotischem Hintergrund. Ein Mann und eine Frau wenden sich im Halbprofil einander zu. Ihre Augen sind geschlossen, die Münder halb geöffnet – kurz davor, einander zu berühren. Die Atmosphäre ist innig. Zwei Denkblasen sagen uns, was sich in ihren Köpfen abspielt. Er denkt: »Ich kann nicht.« Sie denkt: »Er will nicht.«
    Ein und dieselbe Situation, zwei Erklärungen des Geschehens. Er möchte gern, kann aber nicht. Der Penis gehorcht nicht dem Kopf. Der Mann fühlt sich schwach und unsicher. Den Ausweg bietet das Medikament. Was wie eine Schwäche aussieht, lässt sich mit einer Tablette beheben. Wäre damit alles paletti? Ironischerweise ja – wenn es die Partnerin nicht gäbe!
    Aus ihrer Sicht stellt sich die Sache anders dar: Er will nicht und ist deshalb nicht erregt. Würde ihr Mann sie nur wollen, würde er sie wirklich begehren, gäbe es kein Problem. Sie nimmt die Erektionsstörung persönlich und macht ihn dafür verantwortlich, dass es zwischen ihnen beiden nicht klappt.
Funktionieren und Begehren

    Die Pharma-Anzeige verbindet zwei Aspekte des erotischen Verhaltens, an denen sich sexuelle Schwierigkeiten gerade in langjährigen Beziehungen oft entzünden: den Gegensatz zwischen Können und Wollen, zwischen Funktion und Begehren. Die Sicht des Könnens und der Funktion, die der Mann einnimmt, steht im Gegensatz zur Sicht der Frau, die das Wollen und damit das Begehren im Blick hat.
    Â»Ich kann nicht!« eignet sich als Ausrede in verschiedenen Lebensbereichen: Wir nutzen den Satz, wenn wir uns nicht in der Lage sehen, eine bestimmte Anforderung oder Erwartung zu erfüllen, einen Termin zu halten oder eine Aufgabe zu erledigen. Dabei ist es nicht immer völlig eindeutig, ob wir tatsächlich nicht können, weil unsere zeitlichen, körperlichen, finanziellen Möglichkeiten es nicht erlauben – oder ob wir eine Ausrede suchen, weil wir nicht wollen. Die Alltagssprache erlaubt diese Ungenauigkeit, um Hintertüren offen zu lassen. Aber unser Gegenüber kennt diese Hintertür auch – und will umso genauer wissen, was nun gilt.
    Auch in der Partnerschaft lässt sich schwaches oder mangelndes Verlangen nach Sex mit dem Satz »Ich kann nicht« begründen. Das hält Enttäuschungen in Grenzen: Es ist dann nicht persönlich gemeint. Es geht eben nicht. Der zurückgewiesene Partner kann das »Nicht-Können« eine gewisse Zeit hinnehmen – im unproblematischen Fall. Das geht so lange, bis er oder sie die Geduld verliert und die Ausflucht nicht mehr gelten lässt. Diese Frustrationsgrenze hängt maßgeblich davon ab, ob die Partner der Ansicht sind, sie hätten es mit mangelndem Können oder mit verweigerten Wollen zu tun.

Funktion
– »Ich kann nicht«
Begehren
– »Ich will nicht«
Ausdruck der körperlichen Funktion
Ausdruck sexueller Wünsche
setzt die Rahmenbedingungen und begrenzt
ermöglicht Spielräume
am »Normalen« orientiert
am Individuellen orientiert
liegt außerhalb der eigenen Verantwortung
liegt in der eigenen Verantwortung

    Was »Können« heißt, hängt mit unseren Vorstellungen zusammen, was sexuell gesund und normal ist. Diese Vorstellungen sind auch durch die Sexualwissenschaft maßgeblich geprägt worden. Das berühmte Sexualforscherpaar William Masters und Virginia Johnson hat seine Forschungsergebnisse in einem Modell zusammengefasst: dem sexuellen Reaktionszyklus. Demzufolge läuft die ungestörte, natürliche sexuelle Reaktion in vier Phasen ab:
    Der sexuelle Reaktionszyklus nach Masters und Johnson
    Die Erregungsphase , während der es beim Mann zur Erektion, bei der Frau zur Lubrikation (Feuchtwerden der Scheide) kommt
    Die Plateauphase , während der die Erregung auf hohem Niveau konstant bleibt
    Die Orgasmusphase , während der es zum sexuellen Höhepunkt kommt
    Die Refraktärphase , während der eine erneute Erregung nicht möglich ist

    Wenn man dieses Modell gelten lässt, ist auch schnell definiert, was eine Störung ist:
    Störungen der Erregungsphase: beim Mann Erektionsstörungen, bei der Frau
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