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Gute Nacht Zuckerpüppchen

Gute Nacht Zuckerpüppchen

Titel: Gute Nacht Zuckerpüppchen
Autoren: Heide Glade-Hassenmüller
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der Zeit.
    Gaby nahm sich vor, gut auf Martie aufzupassen. Ihr durfte nichts geschehen...
    Sich selbst konnte Gaby nicht immer schützen. Das war ihr bei ihrer »Kriegserklärung« auch bewußt gewesen. Sie hatte nicht immer ein Messer zur Hand.
    Stets war sie wachsam, auf dem Sprung, um zu entkommen. Sie ging bei strömendem Regen mit Mutti einkaufen, vermied jedes Alleinsein mit Pappi, nahm, wenn er getrunken hatte, nachts Mark zu sich ins Bett. Jetzt, da der Junge größer war, fürchtete Pappi ihn als sprechenden Zeugen. Und doch schaffte er es, sie zu überrumpeln. Mit immer neuen Tricks.
    Er kam zur Firma und holte sie ab.
    »Sieh einmal, dein Vater!« Norbert grüßte freundlich.
    »Ist dieser Pickelheini dein neuer Freund?« fragte Pappi spöttisch.
    »Wohin fahren wir?« Zu spät bemerkte sie, daß er in eine dunkle Sackgasse am Hafen einbog. Er machte sich nicht einmal die Mühe, sie nach hinten einsteigen zu lassen, sondern fiel keuchend vor Aufregung über sie her. »Ich breche dir deinen Arm, wenn du dich wehrst.« Er hielt einen Schraubenschlüssel hinter ihren Ellenbogen und bog ihren Arm darum. Ihren doch noch aufflammenden Widerstand brach er mit Schlägen auf nicht sichtbare Stellen, Nieren, Magen, Unterleib.
    Es war schnell vorbei. Als er hinterher seine Kleider ordnete, triumphierte er: »Ich sagte dir doch, ich bekomme immer, was ich will.«

    Ein andermal lauerte er ihr im Keller bei den Ascheimern auf. Während über ihr im Treppenhaus Kinder spielten, drückte er sie brutal in eine Ecke. »Du willst doch keinen Skandal, nicht vor den Kindern?«
    Nein, sie wollte keinen Skandal. Ihr Name sollte nicht genannt werden. Sie ergab sich.
    Er nutzte jede nur denkbare Möglichkeit, riskierte immer öfter eine Entdeckung, während Mutti in der der Badewanne lag, während Mark nebenan spielte.
    Er war besessen von der Idee, ihren Körper zu besitzen.

    Aber im Laufe der Monate wurde sie immer gewitzter, sie entkam ihm immer öfter.
    Und sein Hunger auf junges Fleisch wurde immer größer...

16

    Gaby sah, daß Norbert sein Glück nicht fassen konnte: Sie ging mit ihm.
    In einem Anfall von unwahrscheinlichem Mut hatte er ihr damals die Rosen ins Krankenhaus geschickt, in gelb, damit sie ihn nicht auslachen würde. Gaby lachte ihn nicht aus. Das erste Mal fühlte sie sich dem anderen Geschlecht gegenüber als die Stärkere.
    Norbert bewunderte ihr Aussehen, ihren Mut und ihre Leichtigkeit zu lernen. Für ihn war sie die Schönste, Klügste und Beste.
    Wochenlang hatte er sie mit kleinen Geschenken verwöhnt, einen Riegel Schokolade, ein Stückchen Seife, eine Blume. Dabei lag immer wieder dieser Ausdruck kindlicher Verwunderung auf seinem Gesicht, daß Gaby sich über seine bescheidenen Aufmerksamkeiten freute, sie nicht zurückwies. Als jüngster von vier Brüdern war er stets der Kleine, Ungeschickte und Dumme gewesen. So lange, bis er selbst davon überzeugt war.
    Gabys Zuneigung richtete ihn auf und gab ihm Selbstvertrauen.

    Er wird mir nie etwas zuleide tun, wußte Gaby ganz sicher. Wie sie selbst verabscheute er Gewalt.
    »Aber für dich würde ich mich in Stücke reißen lassen«, sagte er einmal, als er sie zum Bahnhof brachte und eine Gruppe Halbstarker dort herumpöbelte.
    Schnell zog Gaby ihn mit sich fort. »Du bist verrückt. Was erreichst du in so einem Fall mit Muskelkraft? Gar nichts. Mit dem Verstand muß man gewinnen. Denk an das Beispiel von David und Goliath.«
    »Ich bin nicht gerade ein David«, protestierte Norbert schwach. »Ich bin ein Meter und fünfundachtzig Zentimeter groß.«
    »Ich meine ja nur.« Abwesend sah Gaby dem einfahrenden Zug entgegen.
    »Nein, du bist kein David«, wiederholte sie seine Worte, nachdem die Menschen, geschäftigen Ameisen gleich, aus- und eingestiegen waren, sich verlaufen hatten, als würden sie einem geheimen, unhörbaren Kommando folgen.
    »Aber helfen kannst du mir vielleicht doch einmal...«
    Norberts Gesicht begann vor Glück aufzuleuchten. Sie brauchte ihn. »Alles, was du willst. Ich bin immer für dich da.«
    Sie fühlte, daß es bei ihm nicht nur Worte waren, um sie zu beeindrucken.
    »Wenn es so weit ist, rechne ich auf dich. Allerdings kommt es dann auch mehr auf hier«, sie machte eine entsprechende Handbewegung zum Kopf, »als auf hier an.« Sie wies auf seine Muskeln.
    Norbert errötete. »Wenn du meinst, daß ich es kann.«
    Gaby reckte sich auf Zehenspitzen und küßte ihn auf die Wange. »Natürlich kannst du. Du mußt nur genau
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