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Gute-Nacht-Geschichten vom kleinen Apfelbäumchen

Gute-Nacht-Geschichten vom kleinen Apfelbäumchen

Titel: Gute-Nacht-Geschichten vom kleinen Apfelbäumchen
Autoren: Ludwig Hellmann
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hörte er den Ahorn, „Hast du dich von deinem Schrecken erholt?“
    „Vielen Dank auch an dich“, flüsterte der kleine Trieb.
    „Ich weiß, dass du mir böse bist.“, sprach der große Baum weiter. „Aber warum soll ich dich belügen. Du brauchst eben noch viel Zeit, um ein richtiger Baum zu werden. Wir alle haben diese Zeit gebraucht. Aber vielleicht können wir trotzdem Freunde werden?“
    „Oh ja“, jubelte der Apfelbaum glücklich. „Endlich einen Freund!“
    „Na, und was bin ich?“, fragte beleidigt der Hagebuttenstrauch.
    „Entschuldige, bitte“, erwiderte der kleine Baum. „Du natürlich auch.“
     
    Alle drei raschelten mit ihren Blättern, als wenn plötzlich Wind aufgekommen wäre. Und unser kleiner Apfelbaum fühlte sich im Kreis seiner neuen Freunde geborgen und genoss die letzten Strahlen der untergehenden Sonne.
     

4. Der erste Sommer
     
    Dank des benachbarten Ahornbaumes und des Igels Schnuffel war unser kleiner Apfelbaum der gefräßigen Schnecke entkommen. Er wuchs und nach dem vierten Blatt erschien bald das fünfte. Und mit jedem neuen Blatt ließ seine Begeisterung nach.
    „Ich habe es dir ja gesagt“, meinte der Hagebuttenstrauch. „Blätter zu bekommen ist eigentlich nichts Besonderes. Aber einen Vorteil hat es doch: Mit jedem neuen Blatt wird es für eine Schnecke schwieriger, dich an einem Tag aufzuessen!“, fügte er lachend hinzu.
     
    Doch nicht nur oberhalb der Erde wuchs der Apfelbaum. Auch in der Erde wurde er größer. Seine Wurzel drang immer weiter in den Boden vor. Sie verzweigte sich und war stets auf der Suche nach Wasser und Nährstoffen. Der süße Saft, den sie dafür vom kleinen Apfelbaum bekam, war ihr Lohn genug. Die Wurzel brauchte viel Kraft, um sich durch das Gemisch aus fester Erde und den vielen kleinen und größeren Steinen hindurch zu schieben. Es störte sie auch nicht, wenn ihr ein großer Stein den Weg versperrte. Dann schlängelte sie sich einfach herum.
     
    Der Frühling mit dem milden und feuchten Wetter näherte sich seinem Ende. Die Tage wurden länger und wärmer. Pflanzen und Tiere fühlten sich wohl. Der kleine Apfelbaum war schon deutlich größer geworden. Er versuchte die Grashalme einzuholen. Doch das war aussichtslos. Gras wächst nun einmal viel schneller als so ein kleiner Baum. Und trotzdem machte es dem Trieb Spaß. So fiel ihm nicht auf, dass schon lange kein Regen mehr gefallen war und die Sonne immer heißer brannte.
     
    Für die Wurzel wurde es schwieriger, Wasser zu finden. So sehr sie sich auch mühte, sie fand von Tag zu Tag weniger. Der Boden trocknete schneller aus, als die Wurzel in die Tiefe wachsen konnte. Und dann kam der Tag, den wohl jedes Tier und jede Pflanze fürchtet. Das Wasser war alle.
    „Ich brauche frisches Wasser!“, rief der kleine Apfelbaum seiner Wurzel zu.
    „Es tut mit leid“, antwortete sie, „hier ist nichts mehr. Du musst mit dem vorhandenen Wasser sparsam umgehen.“
    Der Apfelbaum versuchte es. Doch wie sollte er sparsam damit umgehen, wenn es ihm die Sonne regelrecht aus den Blättern saugte?
    „Hagebutte“, rief er. „Was soll ich jetzt tun?“
    „Du hast aber auch ein Pech“, antwortete der Hagebuttenstrauch. „Erst die Schnecke und jetzt auch noch so eine große Trockenheit. Meine Wurzeln bekommen noch Wasser, wenn auch nicht mehr so viel. Leider kann ich dir nichts abgeben, weil dein Wurzelwerk zu weit weg ist.“
    Beide schwiegen. Dann begann die Hagebutte: „Wasser kann ich dir zwar nicht geben, ich kann dir jedoch etwas Schatten spenden. Dann trocknest du nicht so schnell aus!“
     
    Und sie breitete ihre Zweige über den kleinen Trieb, sodass er im Schatten stand. Da den kleinen Apfelbaum die Sonne nun nicht mehr direkt beschien, reichte das Wasser länger. Dennoch wurde es schnell knapp. Er ließ die Blätter hängen.
    „Ich sage es dir nicht gern“, fing die Hagebutte wieder zu sprechen an. „Aber du kannst nicht mehr alle Blätter behalten. Ziehe den Saft aus einigen ab und versorge damit die anderen. Tust du es nicht, wirst du sterben.“
    „Meine schönen Blätter!“, jammerte der kleine Apfelbaum, der wusste, dass es der Hagebuttenstrauch nur gut mit ihm meinte.
     
    Also trennte er sich zunächst von seinen Keimblättern. Die brauchte er ohnehin nicht mehr. Nach und nach opferte er die Spitze und zwei seiner schönen Apfelbaumblätter. Die Sonne brannte erbarmungslos. Die Erde trocknete immer mehr aus und wurde hart. Auch der Hagebuttenstrauch bekam
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