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Grusel Box: Drei Mystery-Thriller (German Edition)

Grusel Box: Drei Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Grusel Box: Drei Mystery-Thriller (German Edition)
Autoren: Scott Nicholson
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Vielleicht würden sie sich für ein paar Minuten von Mann zu Mann unterhalten können. Wenn Tim sich nicht beeilte, könnten Dad und Mom zuvor schon wieder streiten und Dad würde wieder verschwinden wie letzte Woche, als er das Gaspedal seines rostigen Fords durchgetreten hatte, so dass die Räder Schotterstücke verspritzten und eine Fensterscheibe zerbrach. Das war ein weiterer Grund, nicht zurückzugehen, um sich das anzugucken, was Tim so aufregte.
    Tim sprang auf und ab, die hochgeschlagenen Enden seiner Jeans hingen über seine Turnschuhe. Er zeigte mit seinem dünnen Arm, seine Brille glänzte in der Nachmittagssonne. »Komm, Ronnie«, rief er.
    »Nassbirne«, sagte Ronnie zu sich selbst. Dann fing er an, den Anstieg wieder hoch zu gehen. Er hielt seine Augen auf den Schotter gerichtet, so wie er es immer machte, wenn er sich in der Nähe der Kirche befand. Die Sonne erzeugte ein Funkeln in den Steinen und mit etwas Fantasie konnte man sich die Straße als große Galaxie mit vielen Sternen und Planeten vorstellen. Und wenn er nicht nach links blickte, würde er die rote Kirche nicht sehen müssen.
    Warum sollte er vor einer blöden alten Kirche Angst haben? Eine Kirche war eine Kirche. Sie war wie das Herz. Sobald man Jesus hineingelassen hatte, sollte er darin bleiben. Aber manchmal machte man böse Sachen, die ihn wieder vertrieben.
    Ronnie riskierte einen Blick auf die Kirche, um sich zu beweisen, dass sie ihm völlig egal war. Na also. Nichts als Holz und Nägel.
    Aber er hatte kaum hingeblickt. In Wirklichkeit hatte er nur ein kleines Stück des moosigen grauen Dachs gesehen, wegen all der Bäume, die entlang der Straße standen – große alte Eichen und ein verwachsener Hartriegel, der prima zum Klettern geeignet gewesen wäre. Nur, wenn man ganz oben war, befand man sich genau auf Augenhöhe mit dem Kirchturm und dem Glockenstuhl.
    Blöde Bäume , dachte er. Sind total glücklich, weil es Mai ist und ihre Blätter im Wind wehen. Wenn sie Menschen wären, hätten sie alle ein idiotisches Grinsen auf ihren Gesichtern, genau wie das auf dem von Tim gerade. Weil die Bäume, genau wie mein kleiner Bruder, viel zu dumm sind, um Angst zu haben.
    Ronnie ging etwas langsamer. Tim war in den Schatten des Ahorns getreten. In den Unkrautdschungel, der einen natürlichen Zaun entlang der Straße bildete. Und vielleicht an den Rand des Friedhofs.
    Ronnie schluckte schwer. Vor kurzem hatte sich sein Adamsapfel herausgebildet und er konnte fühlen, wie der Knorpel in seinem Hals Pogo tanzte. Er hielt an. Ihm war Grund einhunderteins eingefallen, nicht auf den Friedhof zu gehen: Weil – und das war der beste Grund von allen, einer, bei dem es Ronnie vor Erleichterung fast schwindlig wurde – weil er der ältere Bruder war. Tim musste auf ihn hören. Wenn er gegenüber dem kleinen schleimigen Zwerg auch nur einmal nachgab, würde das ein lebenslanges »Ronnie, mach dies« und »Ronnie, mach das« zur Folge haben. Und er bekam schon genug dieser Art von Behandlung von seiner Mom.
    »Mach schnell«, rief Tim aus dem Gestrüpp. Ronnie konnte Tims Gesicht nicht sehen. Kein großer Verlust. Tim hatte vorstehende Zähne, sein blondes Haar stand herum wie Stroh und seine Augen waren wie die eines Käfers. Gut, dass er in der vierten Klasse war und nicht in der achten. Denn in der achten Klasse musste man Mädchen wie Melanie Ward beeindrucken, die einem an einem Tag ins Gesicht lachten und am nächsten Tag in der Bank hinter einem saßen, bis man so durcheinander war, dass es einem völlig egal war, in welchen Schlamassel diese Knalltüte von einem Bruder gerade geriet. »Komm da raus, du Idiot. Du weißt, dass du nicht auf den Friedhof gehen sollst.«
    Die Blätter raschelten dort, wo Tim im Gestrüpp verschwunden war. Er hatte seine Schultasche im Gras am Fuß eines Baums liegen gelassen. Seine Piepsstimme kam aus einem Gewirr aus Jungbäumen und Lorbeer. »Ich hab was gefunden.«
    »Komm sofort da raus.«
    »Warum?«
    »Weil ich es sage .«
    »Aber guck mal, was ich gefunden hab.«
    Ronnie kam näher. Er musste zugeben, dass er ein bisschen neugierig geworden war, obwohl er begonnen hatte, die Geduld zu verlieren. Und Angst zu haben. Denn durch die Lücken zwischen den Bäumen konnte er den Friedhof sehen.
    Ein Hang mit dichtem, gleichmäßig gemähtem Gras, in dem sich weiße und graue Steinplatten befanden. Grabsteine. Mindestens vierzig tote Menschen, die nur darauf warteten, sich zu erheben und–
    Das sind nur
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