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Grundlagen Kreatives Schreiben (German Edition)

Grundlagen Kreatives Schreiben (German Edition)

Titel: Grundlagen Kreatives Schreiben (German Edition)
Autoren: Pia Helfferich
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verbissener Kampf zwischen erklärten Gegnern sein. In einer humorvollen Geschichte, in der eine Kinderärztin ein so gut wie gar nicht krankes Kind behandelt, während die besorgte Mutter alles besser weiß, wäre die Mutter der Antagonist.
    Ebenso ist es möglich, dass der Antagonist keine individuelle Figur ist, sondern die Gesellschaft, die Familie, eine Behörde, vielleicht sogar eine dem Protagonisten innewohnende Charakterschwäche.
     
    Ausgeglichenes Kräfteverhältnis
     
    Um das Duell der beiden Figuren (wovon wir der Einfachheit halber ausgehen wollen) so interessant und spannend wie möglich zu gestalten, sollten beide etwa gleich stark sein. Sie müssen nicht die gleichen Stärken besitzen, sondern können dem anderen auf verschiedenen Gebieten überlegen sein, aber in der Endsumme sollten sie ebenbürtige Gegner sein. Auf diese Weise kann der Ausgang lange offen bleiben, Teilsiege können errungen und Rückschläge müssen verkraftet werden.
    Die interessantesten Möglichkeiten stecken wahrscheinlich in der Auseinandersetzung zweier Parteien, bei denen beide „das Gute" verkörpern, beide einen moralisch unbedenklichen Antrieb und das Recht auf ihrer Seite haben.
    Entwirft man jedoch als Antagonist einen echten „Bösewicht", sollte man dafür Sorge tragen, dass er nicht durch und durch böse und somit völlig eindimensional ist, das wäre trivial und langweilig.
     
    Die Faszination des Bösen
     
    Nicht das abgrundtief Böse ruft Schaudern hervor, sondern eher das Böse im menschlichen Antlitz oder die Tatsache, wie nah gut und böse beieinander liegen. Gute Gründe, um den Charakter des Antagonisten und seine Biographie sorgfältig zu gestalten. Dabei sind einige Punkte zu beachten.
    Der Leser, und erst recht der Autor, sollten wissen, warum der Antagonist so geworden ist. Was hat ihn geprägt? Was ist sein Antrieb?
    Man kann noch so unmoralisch und verwerflich handeln, selber hat man eine einleuchtende Erklärung für diese Taten und sieht sich in einem guten Licht. Auch der Antagonist braucht eine stabile Selbstrechtfertigung - und sei sie noch so abwegig.
    Nicht zuletzt hat auch der Bösewicht sympathische Seiten. Wer von einem Serienmörder erzählt, könnte ihn mit einem trockenen Humor ausrüsten und ihn zeigen, wie er seinen Kindern Biomüsli zum Frühstück serviert und darauf besteht, dass sie nicht ohne Schal das Haus verlassen.
     
    Teuflisches Vorbild
     
    Der großartigste Antagonist der deutschsprachigen Literatur ist Mephisto in Goethes Faust. Eher Verführer denn Vernichter geht von ihm eine Faszination aus, der sich weder der Protagonist, also Faust, noch die Leser entziehen können.
     

Der Antagonist: die guten Seiten des bösen Gegenspielers
     
    Während die Hauptfigur einer Geschichte auch unter dem Namen „Protagonist“ bekannt ist, firmiert ihr Gegenspieler, die Person, die ihr im Weg steht und zu verhindern versucht, dass die Hauptfigur ihre Ziele erreicht, unter dem Begriff „Antagonist“. Über diesen Gegenspieler, den „Bösen“ zu reden, ist nicht ganz einfach, ziehen doch schnell Reminiszenzen auf an Sporengeklingel, tief ins Gesicht gezogene Cowboyhüte und Duelle zur Mittagsstunde. Kurz: Zunächst klingt das Konzept von der Hauptfigur und ihrem Gegenspieler etwas flach, tatsächlich steht aber jedem Protagonisten irgendjemand oder irgendwas im Wege, sonst gäbe es keine Konflikte und nichts zu erzählen.
     
    Wie sollte der Antagonist beschaffen sein?
     
    Zunächst ist es verführerisch, den Bösen auch so richtig böse darzustellen – empfehlenswert ist das jedoch nicht, würde es die Figur doch flach werden lassen, und wer interessiert sich schon für eine eindimensionale Figur? Die besten Antagonisten, die Leser interessieren und faszinieren, verfügen über eine komplexe Persönlichkeit, die genauso sorgfältig ausgearbeitet wurde wie der Charakter des Protagonisten, man denke nur an Mephisto oder Hannibal Lecter.
    Das Wichtigste bei der Entwicklung des Gegenspielers ist, dass er auch über positive Seiten verfügt. Nehmen wir einmal an, Anton und Bertram haben sich beide in Charlotte verliebt. Anton ist die Hauptfigur in der Geschichte, wenn Bertram nun ein durch und durch fieser Typ wäre, aber sagen wir mal stinkreich, dann würde das der Geschichte ihren Reiz nehmen. Erstens wären die Rollen zu eindeutig verteilt, es gäbe nichts zu entdecken, zweitens müsste man sich fragen, ob Charlotte so begehrenswert sein kann, wenn sie auf diesen Typen
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