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Gründergeschichten

Titel: Gründergeschichten
Autoren: Campus
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Einzelgespräch haben, sind die ganz vernünftig. Aber wenn sie im Pulk auftreten,
     dann rennen sie wie eine Hammelherde an den Trog und schmeißen ihr Chipkärtle hinein und stimmen ab – gegen ihre eigene Überzeugung.
     Das Problem ist, dass jeder wiedergewählt werden will. Und dann stimmen sie ab, wie die Volksmeinung am besten abgedeckt werden
     kann, obwohl sie genau wissen, dass es das Falsche ist.«
    Und weil er findet, dass die genau nicht so waren, bewundert er Schmidt und Reagan. Letzteren, weil: »Die erste Amtshandlung
     war ja, dass er alle Fluglotsen rausgepfeffert hat, weil sie angefangen haben zu streiken. Und das dürfen die ja nicht, weil
     sie Beamte sind. Er hat den Luftraum zugemacht und hat mit Militär-Fluglotsen das wieder aufgebaut. Damit hat er gezeigt,
     wo Bartel den Most holt, dass er auch handlungsfähig ist. Und dann hat er durch die Aufrüstung mit den Pershing-II-Raketen
     die Russen tot gerüstet, zusammen mit |264| Helmut Schmidt.« Und der verdient Würths Respekt, »weil der genau wusste: Wenn er den Nato-Doppel-Beschluss durchsetzt, ist
     er seinen Job los. Solche Männer gefallen mir, die ihre Prinzipien durchsetzen, egal, was dann die persönlichen Konsequenzen
     sind.« Jedenfalls haben Reagan und Schmidt für ihn »den Kommunismus kaputt gemacht«.
    Aber seiner Meinung nach leider nicht komplett: »Wir leben übrigens seit Jahrzehnten nicht mehr in einer sozialen, sondern
     in einer sozialistischen Marktwirtschaft. Alles ist so überreguliert, dass das nicht mehr zu ertragen ist.« Bei diesem Thema
     regt sich Würth sogar ein bisschen auf. »Der Staat killt die Verantwortung der Bürger. Er tötet die Kreativität ab!« Ein Beispiel?
     »Die Verlagerung von Know-how ins Ausland soll ja besteuert werden. Was ist die Konsequenz? Dann sagen zum Besipiel Maschinenbauer:
     ›Dann mache ich eben meine Entwicklungsabteilung gleich auch im Ausland‹.«
    Überhaupt das Finanzamt: Das ist Schuld daran, dass er nach jahrelanger Mitgliedschaft und Parteispenden in sechsstelliger
     Höhe jetzt aus der FDP ausgetreten ist. Der Parteikollege und Justizminister Baden-Württembergs hatte ihm 90 Steuerfahnder
     ins Haus geschickt – während Würth selbst in Berlin im Kanzleramt saß. Würth hätte es nicht nur als menschenwürdiger, sondern
     seiner Person auch als eher angemessen empfunden, wenn die Beamten die nach einer Betriebsprüfung noch offenen Fragen erst
     einmal im Gespräch mit ihm gestellt hätten. Aber so? »Ich fühle mich maßlos gedemütigt«, sagt Würth.
    Schon oft hat Würth ans Auswandern gedacht, manchmal auch damit gedroht. Aber nie ernst gemacht. »Ich fühle mich |265| dieser Landschaft verbunden, ich bin in Öhringen geboren, 15 Kilometer von hier entfernt. Habe meine ganzen 72 Jahre hier
     verbracht, habe meine Freunde hier, fühle mich hier wohl«, sagt er. Um gleich hinzuzufügen: »Aber man darf im Leben nie Nie
     sagen.« Seine Interessen lässt er hauptsächlich über die Unternehmerverbände nach Berlin leiten. Seinen Einfluss dort hält
     er offiziell für gering.
    Selbst direkt mitmischen wollte er nie ernsthaft. Wenn, dann vielleicht so wie Kaiser Franz Joseph: »Der brauchte keine Ministerien.
     Der hatte einen Schreibtisch und neben dran eine Ablage für seine Briefe und damit hat er sein Reich aufgebaut. Wenn ich so
     regieren könnte, das würde mir schon Spaß machen. Die heutige Politik, mit so einem Bundestag, das würde mich verrückt machen.«
    Genau so erginge es ihm, wenn aus der Würth GmbH & Co. KG eine Würth AG würde, weshalb »der Professor« bisher einen großen
     Bogen um das Börsen-Parkett gemacht hat. »Wieso soll ich mir das antun? Eine Hauptversammlung machen zu müssen den ganzen
     Tag, mir die Reden anhören zu müssen. Das ist viel bequemer und lustiger, wenn man alleine verantwortlich ist«, sagt der Schrauben-König.
     Wenn andere sagen: »Privatfirmen haben keinen Zugang zum Kapital« – dann entgegnet Würth: »Ich habe bewiesen, dass das nicht
     stimmt. Wir haben ein Rating von Standard & Poor’s mit A stabil. Daimler hat nur ein Rating mit Triple B. Unsere Schulden
     werden drei Stufen sicherer bewertet als die von Daimler, das ist doch ganz schick.« Dennoch: Für die Zukunft, niedergelegt
     in dem 200-Seiten-Würth-Kompendium, da ist ein möglicher Börsengang das Gegenteil von ausgeschlossen.
    |266| »Aber solange wir das Wachstum aus dem eigenen Cashflow finanzieren können«, sieht er dafür keinen Anlass.
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