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Gruber Geht

Gruber Geht

Titel: Gruber Geht
Autoren: Doris Knecht
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sind, so kommt es Gruber vor, hier alle viel jünger als in Wien und deshalb auch viel schöner. Muss an der Krise liegen und daran, dass hier alle keine gescheiten Jobs haben. Gruber hatte immer gedacht, in Wien säße man viel herum, aber was hier tagsüber so herumgesessen und lustig gar nichts getan wird, das schlägt jeden Wiener Rekord. Und da denkt man sich beim Herumsitzen und Nichtstun vielleicht: So ein Kind wär jetzt okay, da wäre das Herumsitzen nicht so fad, man hat ja sonst nichts zu tun, kann man doch gleich auch ein Kind machen und großziehen. Denkt Gruber. Und deshalb kriegen die Weiber hier offenbar viel früher Kinder als die in Wien, wo alle Frauen, die Gruber kennt, einen Fulltimejob haben, jetzt außer der Herzog, die braucht keinen. Und deshalb denken die wohl auch erst viel später ans Kinderkriegen, weil denen auch so nicht fad ist. Aber so ein Kind sieht an einer frischen, knackigen Achtundzwanzigjährigen nun einmal besser aus als einer angemüdeten, abgebrühten, bitteren Vierzigjährigen, das liegt nun mal in der Natur der Sache. Wie alt ist Sarah eigentlich? Gruber wird klar, dass er nicht einmal weiß, wie alt Sarah ist. Er sollte unbedingt Sarah anrufen. Während er sein Sandwich verspeist, schiebt prompt so eine junge Mutter ihren Buggy vor ihn hin, legt eine Wickeltasche auf den Platz neben ihn, hebt dann das Kind heraus, von dem Gruber nicht sagen kann, ob es männlich oder weiblich ist, und das, schätzt Gruber, der sich damit nicht auskennt, so vielleicht ein paar Jahre alt sein wird. Kathis Kurzer ist um die vier, dann könnte das hier ungefähr zwei sein. Oder eins. Gruber erinnert sich daran, wie der Kurze in seinem Arm geschlafen hat, der Arm schmerzte danach den ganzen Tag, trotzdem hatte Gruber es eine, na ja, interessante Erfahrung gefunden. Okay, eine nette; er denkt hin und wieder daran. Die Frau geht mit dem Kind auf dem Arm ins Lokal. Kommt wieder zurück und setzt das Kind in den Buggy. Und sich selbst auf den Platz neben Gruber. Sie hat schöne Beine und ein weiches, rundes Gesicht mit roten Backen und langweiligen blonden Haaren rundherum. Das Baby greint, und sie packt Gläschen und Fläschchen und Lätzchen und Löffelchen und Tüchlein aus ihrer Riesentasche und fängt dann an, während sie mit einer hohen Stimme leise auf das Kind einsingsangt, es zu füttern.
    Gruber schaut ihr aus dem Augenwinkel zu. Das Baby ist, ja doch, ein vergleichsweise putziges Baby. Es gibt ja auch so brechhässliche Babys, also eigentlich sind die meisten Babys zum Wegschauen missgestaltet, aber dieses hier ist einigermaßen hübsch. Gruber fragt sich, ob sein Baby auch hübsch wird. Mein Baby, denkt Gruber. Mein Baby wird garantiert hübsch. Und wenn nicht? Ein ungutes Gefühl krabbelt über Grubers Nacken, ein Angstgefühl. Er sollte Sarah anrufen.
    Gruber dreht sich zu der fütternden Frau hin.
    «Entschuldigung. Wie ist das genau, wenn man ein Baby hat?», fragt Gruber.
    Die Frau sieht Gruber befremdet an.
    «Hm», sagt sie, «man hat zum Beispiel weniger Zeit, sich von fremden Kerlen anbaggern zu lassen.»
    «Ich mein das ernst», sagt Gruber.
    «Ich auch», sagt die Frau und wendet sich wieder ihrem Kind zu.
    Ph, dumme deutsche Fut. Gruber hätte jetzt gern seinen Wirtschaftsteil wieder, aber den liest gerade die Rothaarige, wofür sie eigens eine Knutschpause eingelegt hat. Allerdings hat sie dabei das Knie des Liebhabers fest im Griff, offenbar hat sie Angst, dass er wegläuft, wenn sie ihn auch nur einen Moment von der Kette lässt. Weiber. Gruber holt sein iPhone raus, er sollte sowieso endlich wieder mal einen neuen Facebook-Status dichten. Er loggt sich ein und überfliegt schnell alles Neue. Nur Blödsinn, wie immer, er überlegt kurz und tippt dann neben seinen Namen: «wird in Berlin schon vormittags von geilen Weibern angebaggert», löscht es sofort wieder – Sarah könnte es lesen, das käme im Moment eventuell nicht so gut, und schreibt: «sitzt im Galão und trinkt einen Galão. Bald werden sie auch in Berlin-Mitte den Tisch erfinden. Btw, hat jemand mein Rad gesehen?» Die Frau neben ihm hat das Kleine fertig gefüttert, hebt es aus dem Kinderwagen und stellt es auf den Gehsteig, woraufhin es auf der Stelle ziemlich schnell davonrennt. Ach, das kann schon laufen, das Baby. Wie alt ist ein Kind, das schon so schnell laufen kann? Gruber sichtet weiter die Facebook-Kommentare und wartet, dass er selber einen kriegt. Da schau, Fräulein Blauensteiner gefällt das.
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